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Der Umbruch ist angekommen

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Brunch mit Theaterfreunden: Jeder konnte etwas zur Tafel beisteuern. Dazu gab es Gespräche in lockerer Atmosphäre. Foto: Czernek © Czernek

Gießen . Ein vormittäglicher Brunch im Stadttheater, während die Gäste locker mit den Verantwortlichen ins Gespräch kommen: Das ist die Absicht hinter dem neuen Format »Teilen und Verweilen«, das - nach seinem Auftakt im Rahmen des Theaterfests im vergangenen Jahr - zum ersten Mal singulär am Sonntag im Foyer des Großen Hauses stattfand.

Reich gedeckte Tische

Dem Konzept entsprechend sollte jeder etwas zu dem gemeinsamen Brunch beisteuern, um zum Gelingen beizutragen. Die Idee ging auf. Und so gab es neben spannenden Gesprächen auch reich gedeckte Tische, auf denen zudem Anregungen und Kommentare hinterlassen werden konnten, denn mehr als die Hälfte der ersten Spielzeit unter der neuen Leitung sind mittlerweile vorüber.

Zunächst stellten sich die Intendantin Simone Sterr und ihr Team den Fragen von Journalistin Karola Schepp. Die erste Bilanz der Theatermacherin fällt demnach durchweg positiv aus. Das Ziel, zeitgenössische Stücke in allen Sparten auf den Spielplan zu nehmen, sei konsequent umgesetzt worden. Rückblickend könne sie von keinem der Stücke sagen, dass es besser gewesen wäre, es nicht aufzuführen. Schließlich sei es das Ziel, das Theater neuen Besuchergruppen zu öffnen, die bisher keinen Bezug dazu hätten. Dieses Ziel würde man konsequent weiterverfolgen, auch mit den vielen neuen Sonderformaten, wie die »Premierencocktails« vor einer Premiere oder die »Absacker« nach den Vorstellungen.

Bei der Frage nach der Entwicklung der Zuschauerzahlen blieben die Antworten eher verhalten. Es habe keine nennenswerten Abonnementskündigungen gegeben, auch müsse man die Besucher nach den Corona-Restriktionen erst wieder in das Theater locken.

Im Bereich des Ensembles gab es einschneidende Veränderungen. So wurde der Bereich Tanz komplett umgestaltet. Dessen künstlerischer Leiter Constantin Hochkeppel warb für seine Form des »Physical Theaters«, an das sich viele erst ein wenig gewöhnen müssten, wie er zugab. Er warb dafür, sich weitere Arbeiten dieser Tanzform anzusehen, um anschließend ein Urteil darüber zu fällen.

Die Werbung in eigener Sache fand bei den Teilnehmern des Vormittags Gehör. So äußerte sich das Ehepaar Otwin und Heide Stumpf sehr positiv über die Neuerungen. Beide gehören zu den langjährigen und treuen Theaterbesuchern, die seit mehr als 40 Jahren ein Abonnement haben. Man müsse sich erst an den neuen Tanzstil gewöhnen, meinte Stumpf, nachdem man beim vorherigen Leiter Tarek Assam gewusst habe, was einen erwartete. Sie wollen dem neuen Spartenleiter jedenfalls eine Chance geben.

Christel Jost hingegen vermisst schmerzlich die Sonntagsmatineen, die in ihrer bekannten Form aus dem Programm genommen wurden. »Die waren immer proppenvoll«, sagte sie und war mit ihrer Meinung nicht allein. Für sie waren diese Veranstaltungen deswegen so passend, weil sie vormittags stattfanden, sodass man bei Tageslicht nach Hause fahren konnte. »Abends ist das Nachhausekommen für ältere Menschen einfach schwieriger.« Ein dickes Lob hatte sie für das »tolle Team« der Theaterkasse parat: Das sei unglaublich hilfsbereit.

Allerdings vermisst sie die Informationsflyer zu den einzelnen Stücken, auf denen auch weitere Aufführungstermine zu finden waren. Diese werden jedoch laut Aussage der Intendantin nicht wieder aufgelegt werden. Anstelle dessen gebe es die monatlichen Informationen, die überall ausliegen. Zudem verwies Simone Sterr auf den Internetauftritt des Stadttheaters, über den alle notwendigen Informationen verfügbar seien. Auch ältere Menschen würden verstärkt darauf zurückgreifen und hätten durch Corona gelernt, damit umzugehen. »Wir haben Tonnen an Papier nach der letzten Spielzeit weggeworfen. Schon aus Gründen der Ressourcenschonung müssen wir mehr auf den Rohstoff Papier achten«, sagte sie dazu.

Die Anstrengungen, ein neues Publikum zu erreichen, wird von den Theaterfans, die am Sonntag zahlreich gekommen waren, deutlich wahrgenommen. In den Gesprächen wurde deutlich, dass viele abwartend und etwas verhaltend den Veränderungen gegenüberstünden. So meinte auch Dr. Marieanne Ebsen-Lenz, Leiterin der Kreisvolkshochschule und langjährige Theaterbesucherin, dass sich gerade viele der Gewohnheiten verändert hätten. Sie sei aber gespannt auf die nächste Spielzeit.

Der Event war gut besucht, die Atmosphäre locker und entspannt, sodass einer Wiederholung nichts im Wege steht.

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