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»Die Demokratie ist stark genug«

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Die Populisten werden scheitern: Professor Claus Leggewie gibt uns Anlass, mutig ins neue Jahr zu schauen. Foto: dpa © dpa

»Was uns Mut macht« lautet der Titel einer Miniserie im Anzeiger. In dieser Folge nimmt Prof. Claus Leggewie Stellung. Er sieht für Populisten keine Chance.

Gießen. »Kannst Du mir etwas sagen, was irgendwie Mut macht?« Was für eine Frage! Was für eine Frage nach einem Jahr, das von Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie und Klimakatastrophe geprägt war. Was für eine gute, schwere, ja schier nicht zu beantwortende Frage, die mir vor ein paar Wochen eine gute Freundin stellte. Und ich muss gestehen, mir fiel außer einem Blick auf längst vergangene Zeiten, als die Menschen noch dachten, ihre Welt würde untergehen, tatsächlich nichts ein. Nichts, was Mut macht, dass all die Probleme der Menschheit sich lösen lassen.

Also haben wir bei Experten nachgefragt und um Hilfe gebeten. Schreiben Sie uns etwas, was Mut für die Zukunft macht! Und tatsächlich haben sich mehrere heimische Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kultur an diesem - nennen wir es - Gedankenexperiment beteiligt.

Unsere Serie »Was uns Mut macht« setzen wir heute mit dem Beitrag von Professor Claus Leggewie fort.

Warum endet der Ukraine-Krieg nicht in einer Katastrophe?

Man darf sich nichts vormachen: die Katastrophe ist längst da. Aber das ukrainische Volk wird nach vielen Toten und Zerstörungen über Putins Terrorregime siegen. Und die gute Aussicht besteht darin, dass die russische Gesellschaft dann, nach einem weiteren schmerzhaften Übergang, endlich die Chance auf Freiheit bekommt.

Warum wird Putin insgesamt politisch scheitern?

Weil seine politischen Ziele so irreal und hochfahrend sind wie die eines Adolf Hitler. Ihn zu besiegen, schien völlig unmöglich, aber bekanntlich ist es gelungen.

Warum wird die Ära der Rechtspopulisten in aller Welt nur von kurzer Dauer sein?

Populistische Aufstände kommen und gehen, und sie gehen, wenn mutige Demokraten vorführen, wie substanzlos und selbstzerstörerisch sie sind. Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland ist stark genug, um den Ansturm der »Populisten« zu überstehen, von denen sich einige schon in lupenreine Faschisten verwandelt haben.

Warum hat die Demokratie eine Zukunft?

Weil sie der Autokratie in allen Belangen überlegen ist. Autokraten haben für keine einzige politische und soziale Herausforderung bessere Lösungen gefunden.

Was werden die Menschen Hilfreiches aus der Corona-Zeit lernen?

Sie lernen, besser auf das prekäre Verhältnis von Menschen und Tieren zu achten und sich demütiger als Teil der Natur zu begreifen.

Warum werden wir die Klimakatastrophe abwenden?

Wie oben: sie ist schon da. Doch die »Letzte Generation« macht Druck für eine konsequente Energie-, Mobilitäts- und Bauwende. Dass ihr Menschen, die nicht das geringste gegen den Klimawandel und das Artensterben unternommen und beides lange wider besseres Wissen geleugnet haben, politisch-kriminelle Absichten und Methoden unterschieben, ist lachhaft.

Claus Leggewie studierte in Köln und Paris Geschichte und Sozialwissenschaften. 1979 wurde er mit einer Arbeit über das französische Kolonialsystem in Algerien an der Georg-August-Universität Göttingen (GAU) promoviert.

Später habilitierte sich Leggewie an der GAU. Von 1989 bis 2007 war er Professor für Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Leggewie hatte mehrere Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte. Von 1995 bis 1997 war er erster Inhaber des Max-Weber-Lehrstuhls an der New York University.

Der 72-Jährige leitet das Panel on Planetary Thinking an der JLU in Gießen.

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