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Die Welt der Tätowierkunst

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Von: Björn Gauges

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Die Ausstellungsmacher (von links) Lars Becker, Holger Engel und Adrian de la Fuente haben Werke von Tätowierkünstlern aus aller Welt im KiZ zusammengebracht. Foto: Gauges © Gauges

Auf der Leinwand statt auf der Haut: Eine Ausstellung mit Arbeiten von Tattoo-Künstlern aus aller Welt wird heute Abend um 18 Uhr im KiZ (Kongresshalle) eröffnet.

Gießen. Schlichte Anker, Herzchen und die Initialen der Geliebten - diese Zeiten sind vorbei. Längst lassen sich großflächige Motive in unterschiedlichsten Farbkombinationen unter die Haut stechen, deren kunstvolle Ästhetik auch gut in eine anspruchsvolle Gemäldegalerie passt. Und genau deshalb haben sich Holger Engel und Adrian de la Fuente vom alteingesessenen Gießener Studio Clownfish Tattoo mit ihren Kollegen Lars Becker und Jonas Herdejost vom Marburger Studio Strange Fantasy Tattoo zusammengetan, um zu zeigen, welche Möglichkeiten die Tattoo-Kunst zu bieten hat. Am heutigen Samstag (18 Uhr) eröffnen sie im KiZ (Kongresshalle) die Schau »Signs of the Times«, an der rund 80 Künstler aus aller Welt beteiligt sind und ihre Arbeiten auf Leinwand präsentieren: in Öl, als Aquarell, Gouache oder mit dem Zeichenstift.

Geht man nach den Motiven, die im KiZ zu sehen sind, zählen der Tod und das Jenseits noch immer zu den besonders präsenten Motiven. Kunstvoll gestaltete Skelette sind da zu sehen, auch christliche Motive wie ein Jesus-Porträt mit Dornenkrone oder eine filigran gestaltete Madonnenfigur. Doch das ist nur ein Teil der rund 80 gerahmten Werke, die ab heute eine Woche lang im KiZ ausgestellt werden (und auch käuflich zu erwerben sind).

Die Organisatoren haben dafür Werke aus New York, Chile oder Australien bekommen. Und so unterschiedlich wie die Herkunft der Künstler ist auch die Auswahl der Stile, Techniken und Motive. Zu sehen sind etwa grafische Abstraktionen, die an den Futurismus des frühen 20. Jahrhunderts erinnern. Ebenso wie ein in schillernden Farben leuchtendes Blumenfeld, das von Henri Matisse inspiriert sein könnte. Hinzu kommen etwa comicartige Szenen mit kunstvoll gestalteten Frauenfiguren, eine Kupferstich-Szenerie wie aus dem Barock oder ein furchteinflößendes Monsterwesen, das einst das Cover eines malayischen Death-Metal-Plattencovers zierten.

Motive aus aller Welt

Die Tätowierkunst habe sich in den vergangenen 15 bis 20 Jahren enorm gewandelt, erzählt Holger Engel, der das älteste Studio Gießens betreibt. Nicht nur immer mehr Menschen fassen den Mut, sich ein Motiv stechen zu lassen, auch die Kreativität und Originalität habe sich angesichts des zunehmenden Interesses rasant entwickelt. Wie Engel erzählt, überqueren die Kunden längst auch über die Landesgrenzen, um ihren bevorzugten Tätowierer zu treffen, »ich selbst bin dafür nach Paris gefahren«, erzählt Engel.

Die Szene selbst sei eng vernetzt, so dass das mittelhessische Quartett seine Kontakte nutzen konnte und viele internationale Gäste für die Ausstellung gewonnen hat. So bietet die Ausstellung einen breiten Überblick über die Möglichkeiten, die diese Form der Körperbemalung bietet. Allerdings, erläutert Lars Becker, sorge die Anatomie für eine entscheidende Vorgabe. Nicht jede Farbe passe zu jedem Hauttyp. Linien orientieren sich etwa an der Form des Oberarms, runde Motive passen eher zu den Gelenken, um nur einige Vorgaben aufzuzählen. »Jeder Körper hat seinen Goldenen Schnitt«, erklärt Engel, »daran müssen wir uns orientieren«.

Enorm wichtig sei die intensive Beratung. »Wir haben da eine enorme Verantwortung«, bekräftigt Becker, schließlich sei ein Tattoo eine Entscheidung fürs ganze Leben. Zu den drei Komponenten des Tätowierens zähle daher das Handwerk, die künstlerische Kreativität »und auch ein bisschen Psychologie«. Denn eins sei klar, sind sich die erfahrenen Tätowierer einig: Wer einmal anfängt, wird nicht mehr aufhören. »Der unwahrste Satz in einem Tätowierstudio: Ich will nur eins«, lacht Engel.

Die heute Abend eröffnende Ausstellung bietet den Besuchern zahlreiche Inspirationsquellen für ein Motiv auf der eigenen Haut. Viele der Künstler stehen bei der Vernissage für Gespräche zur Verfügung. Und Engel plant bereits die nächste Ausstellung. In zwei Jahren soll es eine Fortsetzung geben, das KiZ ist dafür bereits angemietet.

Die Ausstellung wird am heutigen Samstag um 18 Uhr im KiZ (Kongresshalle) mit Live-Musik und zahlreichen Tattoo-Künstlern eröffnet. Sie läuft bis zum 16. April und ist täglich außer Ostermontag jeweils von 10 bis 17 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos unter www.signs-of-the-times.de. (bjn)

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