»Diese Bilder, das bin ich«

Der Gießener Sebastian Rydzak arbeitet als Bühnenmaler an der Oper Frankfurt. Bei einer Soloausstellung in Heuchelheim zeigt er am Samstag seine eigene künstlerische Handschrift.
Gießen. Sebastian Rydzak ist eine extrovertierte, auffällige Erscheinung. Die kurzen Haare leuchten rosa gefärbt, über der linken Schulter baumelt ein langer Ohrring, das Handgelenk ziert die Tätowierung eines Pinsels mit Palette. »Früher hätte ich lange überlegt, wie ich aus dem Haus gehe. Heute mache ich mir darüber keine Gedanken mehr«, sagt der in Gießen lebende Freigeist. Und genauso setzt der 34-Jährige darauf, dass sein Publikum das Denken in Schubladen und Kategorien ablegt, wenn es auf seine Bilder trifft. Dazu besteht am morgigen Samstag Gelegenheit: bei einer eintägigen Ausstellung (ab 16.30 Uhr) auf dem Gelände der ehemaligen Zigarrenfabrik Rinn & Cloos in Heuchelheim.
Rydzak, 1988 im polnischen Boleslawiec geboren und als Kind nach Nordrhein-Westfalen gekommen, fand über Umwege zu seiner künstlerischen Leidenschaft. Nach der Schule begann er eine Ausbildung als Grafiker, doch nach zwei Monaten war ihm klar: »Das Büro ist nichts für mich«. So kam er durch eine glückliche Fügung auf einer Party ins Gespräch - und hörte vom Beruf des Bühnenmalers. Er absolvierte eine Ausbildung am Hamburger Opernhaus und fand anschließend eine Stelle am Gießener Stadttheater, wo er in den Werkstätten ebenfalls für die kreative Gestaltung der Kulissen zuständig war. Nach einer Zwischenstation am Landestheater Detmold ist er seit einem knappen Jahr als Bühnenmaler an der Frankfurter Oper beschäftigt: »Ein tolles Haus, spannende Menschen«, schwärmt er.
Große Oper, kleines Atelier
Und woraus genau besteht dort seine Arbeit? »Aus allem, was mit Farbe zu tun hat.« Das kann eine Landschaft sein, ein Haus oder auch eine Mauer mit einer filigranen, für das Publikum kaum mehr wahrnehmbaren Struktur. So setzt er an dem renommierten Haus die Vorstellungen internationaler Bühnenbildner um. Aktuell ist Rydzak mit einer Neuinszenierung der »Zauberflöte« beschäftigt, die in der kommenden Spielzeit zu sehen sein wird.
Doch diese tägliche Arbeit hindert den Gießener nicht daran, sich nach Feierabend mit seinen eigenen Projekten zu beschäftigen. Mittlerweile hat Sebastian Rydzak dazu ein Kelleratelier auf dem Gelände der ehemaligen Zigarrenfabrik Rinn & Closs in Heuchelheim bezogen, wo auch zahlreiche weitere Künstler ein Domizil gefunden haben. Dem Maler gefällt die Atmosphäre in dem Gemäuer: »Ich lasse Musik laufen, stelle mich an die Leinwand und komme zu mir selbst.« So entwickelt sich ein intuitiver, kreativer Prozess.
Sein Atelier ist eng und gemütlich, neben einem Sofa sowie an den Wänden sind zahlreiche Leinwände mit seiner Kunst zu sehen. Dazu zählt eine Reihe von Porträts, die der Maler »Face to Face« genannt hat. Die Sängerinnen Billie Holiday und Tina Turner hat er darin zu Motiven gemacht, ebenso den New Yorker Maler Basquiat - »eine große Inspiration für mich«. Mittlerweile ist der Gießener aber auf anderen Pfaden unterwegs. Die Bilder sind abstrakter, collagierter geworden und zeugen von einem Entwicklungsprozess. 15 neue Arbeiten hat er für die Ausstellung am Samstag ausgewählt. Mehr sollen es nicht sein, damit ihre Wirkung voll zur Entfaltung kommen kann. Auffällig: Für seine Acryl-Arbeiten hat er zumeist freundliche, zugängliche Farben gewählt. Viel Pastell, häufig auch Rosa - »ich finde Rosa mega«, lacht er. Zufall ist diese eher heitere, zugewandte Bildaussage nicht: »Ich bin mit mir im Reinen«, sagt der Maler so selbstbewusst wie überzeugend.
Seinen Stil verortet er irgendwo zwischen Moderne, Abstraktion und Pop Art. Technisch legt Rydzak dazu nach ersten Zeichnungen mehrere Farbschichten übereinander, die den Arbeiten die nötige Spannung verleihen. Zudem sind immer wieder in die Bilder integrierte Wörter zu entdecken. »Ich schreibe rein, was ich fühle, was ich mitteilen möchte«, erklärt er. Wichtigstes wiederkehrendes Motiv sind aber die Augen, die in vielen der Werke vorkommen. Die Blicke, das Seelenleben, das, was hinter den Gesichtern verborgen ist.
Wichtig ist Sebastian Rydzak dabei eine Botschaft, die auch als sein Lebensmotto gelten kann: »Die Kunst soll offen sein. Jeder soll mitnehmen, was er darin sieht und was er braucht.« Es reicht ihm aber auch schon, wenn die Betrachter seine Bilder »einfach nur schön« finden«.
Die Ausstellung ist am morgigen Samstag ab 16.30 Uhr in einer ehemaligen Kantine auf dem Gelände der ehemaligen Zigarrenfabrik Rinn & Cloos (Ludwig-Rinn-Straße 10-14) in Heuchelheim zu sehen. Weitere Infos gibt es im Internt unter wwwsebastianrydzak.de.