1. Startseite
  2. Stadt Gießen

Diskussion um den Schwanenteich

Erstellt:

giloka_1308_schwanenteic_4c
Seit 2021 ist der Uferweg am Schwanenteich gesperrt. Die Stadt hat ihn als nicht verkehrssicher eingestuft. Foto: Simon Derenek © Simon Derenek

Der Uferweg des Schwanenteichs in Gießen ist undicht. Die Meinungen darüber, was nun geschehen muss, gehen auseinander.

Gießen. Ein laues Lüftchen weht von der Technischen Hochschule Mittelhessen aus über den Schwanenteich. Sanft kräuselt die leichte Brise die Wasseroberfläche, während von den Baumwipfeln ein leises Rauschen ausgeht. Doch so ruhig wie es in diesen Minuten am Schwanenteich ist, ist es keineswegs um das Gewässer. Denn die Diskussion um die Sanierung des Uferwegs zwischen Teich und Wieseck nimmt Fahrt auf. Stein des Anstoßes sind die Bäume an der Uferseite des Weges, die bei einer Sanierung wahrscheinlich weichen müssten. Wilhelm Pastoors gehört zu denen, die sie unbedingt erhalten möchten. »Die Bäume sind total wichtig für das Mikroklima«, sagt der Gießener. Auch die Lokale-Agenda-21-Gruppe »Urbane Gewässer und Gärten« bedauert den möglichen Verlust von Bäumen. Aber »wir favorisieren in der Tat den Neuaufbau des Dammes, weil das der einzig sichere Weg ist«, erklärt Werner Nissel.

»Am häufigsten hört man: Das ist ein Deich, da dürfen keine Bäume wachsen. Das möchte ich aus dem Köpfen kriegen«, betont Pastoors. Man habe den Teich 1935 gegraben und das umliegende Erdreich einfach stehen lassen. »Deshalb ist das kein Damm oder Deich. Ein Damm ist ein künstliches Bauwerk. Ebenso wie ein Deich, der speziell für den Hochwasserschutz gebaut wird. Das hier ist aber einfach gewachsener Boden«, betont Pastoors. Es sei ihm ein besonderes Anliegen, davon zu überzeugen, dass es eine valide Option gebe, den Wasseraustritt zu stoppen und die Bäume zu erhalten.

»Wurzeln haben stabilisierende Funktion«

»Ich wohne seit Ende 1995 hier. Bewusst ist mir die Situation aber vor allem ab 2000, seit ich meinen Tag hier mit Joggen begonnen habe. Irgendwann ist mir klar geworden, welchen Schutz diese Bäume bieten«, führt der approbierte Tierarzt aus. Dabei sei es mehr oder weniger Zufall, dass der Weg auf der Uferseite auch von Bäumen eingefasst ist. »Jetzt sind wir total glücklich, weil sie uns Schatten bieten.« So lange die Wurzeln eines einzelnen Baums lebten, hätten sie eine stabilisierende Funktion für den Uferweg. »Problematisch wird es, wenn der Baum gefällt wird und ein Teil der Wurzel in der Erde bleibt. Wir vermuten, dass sich eine ungünstige Konstellation gebildet hat, und die Wurzeln anfangen, das Wasser von einer Seite auf die andere Seite zu leiten.« Dies seien sogenannte Wasserwegsamkeiten, von denen einige bereits durch den Weg laufen. »Ich muss diese Wasserwegsamkeit unterbinden. Je länger das Wasser fließt, desto mehr Material nimmt es mit.« Pastoors schlägt vor, den Weg an den entsprechenden Stellen zu öffnen und die Wurzeln herauszunehmen. Anschließend müsse das entstandene Loch verfestigt werden. »Wenn es eine größere Wasserwegsamkeit ist, würde ich eine Technik einsetzen, die Verschienen heißt.« Pfosten würden in einem gewissen Abstand vom Ufer eingebracht und daran Verschienungen aus Weidenzweigen angebracht. Die wesentlichste Information seien aber die Tonschichten im Boden, die das Wasser nicht durchließen. »Im April 2021 hat die Stadt den Weg gesperrt. Ich befürchte, dass in dieser Zeit viel Material weggespült wurde. Der Weg ist aber immer noch da«, resümiert der Gießener.

Nissel warnt, dass der Weg weiterhin nicht verkehrssicher sicher sei. »Es gibt Hohlräume unter dem Deich, die jederzeit aufbrechen können.« Viele von ihnen seien nicht sichtbar. Nissel: »Ursprünglich waren hier wohl in regelmäßigem Abstand Pappeln gepflanzt. Diese Pappeln sind nacheinander gefällt worden oder umgefallen. Das Wurzelwerk verrottet jetzt auf ganzer Länge in dem Damm.« Es gebe ja noch die Idee, dabei entstehende Locher aufzufüllen«, bezieht sich Silvia Lange unter anderem auf Pastoors Idee. Aber diese »Variante ist unsicher, weil niemand garantiert, dass man alle Löcher erwischst. Und was passiert, wenn das Material, das in die Löcher gespritzt wird, in die Wieseck läuft? Das ist hoch toxisch«, hebt Lange hervor.

Struktur der Wieseck soll verbessert werden

Jeder Strauch, der am Schwanenteich entfernt werden müsse, tue allen in der Seele weh, so Martin Barthelmie. Er als Angler wünsche sich aber, dass das bereits vor der Landesgartenschau angedachte »Pilotprojekt Bitterling« umgesetzt werde. »Mir als Angler geht es darum: Vor der Gartenschau war das Bitterlingsprojekt angedacht und es läuft ja jetzt wieder unter diesem Projekt. Und das, was jetzt umgesetzt werden soll, ist ja nicht nur die Sanierung des Damms, sondern ein Gesamtprojekt. Im oberen Bereich sollen Wasserpflanzen angepflanzt werden. Diese Einbringung wäre auch ein Filter für das Wasser«, erläutert Barthelmie. Durch das geplante Mäandern der Wieseck erreiche man eine Verbesserung der Struktur des Gewässers. das durch die Begradigung der Lahn in den 70er Jahren fast das einzige Laichgebiet für Strömungslaicher sei. Fisch aus der Lahn wanderten im Frühjahr die Wieseck hoch, laichten und die kleinen Fische schwämmen zurück in die Lahn. »Der Baum ist für mich wichtig. Aber dieses Gesamtkonzept an den Bäumen sterben zu lassen, wäre ein Bärendienst.« Die geplante Fischaufstiegshilfe ermögliche zudem den Austausch zwischen dem Fließ- und dem Stillgewässer.

»Und die Stadtwerke geben ein Teil ihres Geländes ab. Was wir an Bäumen am Teichufer opfern, kommt auf die andere Seite der Wieseck. Dort wird noch ein Damm gebaut gegen Hochwasser. Aber dann entstehen Nebengerinne und Pflanzungen. Die Bäume müssen natürlich erstmal wachsen«, verdeutlicht Peter Rupp.

Auch interessant