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»Ein empfundener Mangel«

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Die Stadt nimmt das Thema Nachtleben in den Blick. Ende Oktober soll ein »Minikonzept« vorliegen. Foto: Scholz © Scholz

In den vergangenen Jahren sind einige Clubs aus dem Gießener Nachtleben verschwunden. Die Stadt sucht nach den Gründen.

Gießen. Die jüngste Stadt in Hessen mit hoher Studierendendichte: Beides sind Attribute, mit denen sich Gießen gerne schmückt. Und beides verlangt nach einem vitalen Nachtleben, das Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher zur Chefsache gemacht hat. »Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Thema«, berichtet der Sozialdemokrat. Ausgangspunkt der Arbeit sei die Clubsituation in der Stadt. »Es gibt einen empfundenen Mangel, und wir haben in dem Bereich ganz konkrete Verluste«, erinnert der OB. Um Hintergründe und Ursachen für diesen Mangel zu erfahren, startet an diesem Freitag um 8 Uhr eine Umfrage auf der Internetseite giessen-direkt.de.

»Domizil«, »Haarlem«, »Admirals« - das sind nur einige der Clubs, die Becher als Beispiele für Verluste in den vergangenen Jahren aufzählt. Was sind die Gründe? Warum gibt es keine neuen Clubs? Was sind aktuelle Trends? Bislang seien Antworten auf diese Fragen häufig Vermutungen. »Unsere Idee ist es aber, eine empirische Basis zu schaffen«, erläutert der OB. Mit der »Angebotsseite«, also Gastronomen, habe es bereits entsprechende Gespräche gegeben. Bis April will sie das Kulturamt aufarbeiten und dann vorlegen. Die »Nachfrageseite« spricht die Verwaltung mit der nun gestarteten Internetbefragung an. Insgesamt umfasst sie 21 Fragen, deren Beantwortung etwa zehn Minuten Zeit in Anspruch nehme. Aufgerufen seien alle Altersgruppen, erklärt Dr. Stefan Neubacher.

Ergebnisse am 20. April

»Wir haben nicht den Anspruch, eine repräsentative Umfrage durchzuführen. Trotzdem gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse eine belastbare Basis ergeben«, führt der Kulturamtsleiter aus. Thematisch umfasse die Befragung alles, was mit Musik und Tanzen zu tun habe. Konkret zählten dazu Clubs, Gastronomien, die »mal eine Party veranstalten«, und Konzerte mit starkem Tanzanteil. Neubacher ist sich bewusst, dass der Zeitpunkt der Umfrage nicht ganz einfach ist. Denn wegen der Pandemie seien die letzten Jahre in den Clubs nicht repräsentativ. »Aber seit einem dreiviertel Jahr geht ja wieder was«, betont der Amtsleiter. Bis einschließlich 11. April läuft die Befragung, die auch über QR-Codes unter anderem auf Bierdeckeln und Postern erreicht werden könne. »Unser Ziel ist es, 2000 Fragebögen zurückzubekommen«, berichtet Neubacher. Vorstellen wolle er die Ergebnisse am 20. April beim Treffen des Arbeitskreises »Nachtleben«.

Die Aktivitäten zu diesem Thema reichten über die aktuelle Befragung hinaus, hebt Becher hervor. Auf der Agenda stehe unter anderem auch das Feiern im Freien. Oder die Außenperspektive: »Wir haben Vertreter der Stadt Leipzig eingeladen. Dort gibt es Feierzonen«, weist der SPD-Politiker auf die weitere Entwicklung hin. Sie umfasse ferner einen Workshop über »Nutzungskonflikte« und die Frage, ob Gießen einen Nachtbürgermeister braucht. »Ende Oktober wollen wir einen Abschlussworkshop veranstalten. Das Ergebnis des gesamten Prozesses soll eine Art Minikonzept sein«, so der Rathauschef. Es werde auch Antworten auf die Frage geben, wie die Stadt dazu beitragen kann, Entwicklungen im Nachtleben anzuschieben.

Dass sich die Verwaltung in diesem Bereich engagiert, begründet Neubacher mit der Fürsorgepflicht für die, die in der Stadt leben. »Das Thema Freizeit spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle«, verdeutlicht der Kulturamtsleiter.

Feiern und Parkgebühren

Becher bezeichnet das Engagement als einen Teil der Stadtentwicklung. Es sei die Reaktion auf die »gefühlte Mangelanzeige«, die er jedoch nicht dramatisieren wolle. Auf die Frage, ob es eine Verzahnung der politischen Felder Verkehr und Nachtleben gebe, antwortet der OB, dass es spannend sei, ob sich bei der Umfrage die Notwendigkeit einer solchen Verzahnung ergebe. Hintergrund ist die jüngst vorgebrachte Kritik heimischer Gastronomen, die die Anhebung der Parkgebühren und die zeitliche Ausweitung der Kostenpflicht monieren. Sie fürchten negative Auswirkungen auf ihr Geschäft.

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