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Ein großes Klangtheater

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Wettenberg. Einen glänzenden Abschluss der wertvollen Reihe erlebten die Besucher des letzten aktuellen Wettenberger Winterkonzerts in der Evangelischen Kirche Wißmar. Julia Rebekka Brembeck-Adler (Viola) und Axel Gremmels- pacher (Klavier) lieferten einen Auftritt auf einem untadeligsten handwerklichen und intensiv-emotionalen Niveau. Gremmelspacher von der Musikhochschule Frankfurt sprang dabei kurzfristig für den erkrankten Christian Brembeck ein;

er verfügt über langjährige Kammermusikerfahrung als Partner von Brembeck-Adler, die als Professorin für Musik an der Universität der Künste in Berlin lehrt.

»Es war eine sehr erfolgreiche Saison,« fasste Bürgermeister Marc Nees in seiner Begrüßung zusammen, »und das ist der überragenden Arbeit des Arbeitskreises unter Leitung Ilse Bergners zu verdanken.« Er dankte den Besuchern in der voll besetzten Kirche, »dass Sie wieder zurückgekehrt sind. Es wird auch wieder eine nächste Saison der Wettenberger Winterkonzerte geben.«

Ein sanfter Fluss und ein weicher Klang der Viola prägten den Auftakt von Robert Schumanns (1810 - 1856) Adagio und Allegro für Viola und Klavier. Nach zunächst großem Elan fand es zu einem etwas elegischen Duktus, wobei die Spannung dennoch anstieg. Großer Glanz und mächtige Energie der Viola waren essenzielle Elemente.

Im abgeänderten Programm folgten Schumanns »Märchenbilder« op. 113 in vier Sätzen. Es war der Auftakt einer in Töne gefassten Geschichte. Dem sanften Schmelz des Klaviers fügte die Viola poetische Bögen hinzu, das Klavier agierte lebhafter und verspielt. Im Zweiten gab es einen energischen Auftakt, beide Stimmen marschierten geschlossen, das Thema wurde gefestigt, kraftvolle Momente beider Instrumente, reine Energie: die Geschichte nahm große Gestalt an. Später dann gab es lebhafte Wechsel zwischen Erregung der Viola und wechselnden Stimmungen des Klaviers, das Streichinstrument loderte geradezu auf - famos. Im Vierten ließ sich erahnen, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen würde. Die Viola kämpfte mit der dunklen Stimmung, ein exzellenter Ausdruck mit emotionaler Glaubhaftigkeit, mit virtuos gestaltetem Sound und Klarheit bis in die letzten Details.

Den Schlusspunkt setzte César Francks (1822 - 1890) Sonate in A-Dur in einer Fassung für Viola von Julia Rebekka Brembeck-Adler in vier Sätzen. Zunächst hörte man eine verträumte Viola, mit fast schwebendem Klang, unterstützt von einem machtvollen Klavier. Gremmelspacher erwies sich nicht erst hier als herausragender Begleiter von sensibler Vielseitigkeit und konstruktiver Fantasie. Hier zeigte er eine unaufdringliche narrative Qualität.

Beiden Stimmen sorgten zusammen für eine blutvolle Realisation der schillerndsten Emotionen und Stimmungen, - ein großes Klangtheater. Die professionelle Vertrautheit der beiden musikalischen Gäste machte sich in einer überragenden Transparenz bemerkbar. Zum Finale im vierten Satz wurden nochmal seelenvoll alle Register gezogen (im Dritten war schon Lava emporgesprudelt), die Energie wuchs zu einem enormen Klanggipfel, und dann kam alles auf einen chirurgisch genauen Punkt: nahezu überwältigend.

Als Zugabe verschenkte das Duo Gabriel Faurés »Sylvie«, das er »für die Liebste und den Frühling« geschrieben hat, es war ein heiteres, wohliges Gefühl.

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