Ein Mann der Zwischentöne
Lich. Sänger, Komponist und Sprecher Sven Görtz gastierte mit neuem Material bei den Licher Kulturtagen. Im Kulturzentrum Bezalel stellte er am Sonntag sein gerade veröffentlichtes Album mit elf Titeln vor und legte live noch neun Lieder drauf. Seine Mischung aus Gesang, Gitarre und Mundharmonika ließ sich sehr gut anhören.
Ein Konzert mit dem Sänger und Songschreiber ist immer eine persönliche Sache, er behandelt in seinen Liedern stets eigene Erfahrungen oder Gedanken und formuliert seine Texte zwischen leicht und verbindlich. Die Zwischentöne sind genau sein Ding. So ist das aktuelle das erste Album einer geplanten Serie von vieren mit insgesamt 45 Liedern, es ist unter anderem auf YouTube und Spotify nachzuhören.
Der zweite Titel »Du gehst, selbst wenn du bleibst« bietet eine eingängige Melodie und einen sanften Groove. Zusammen mit der Mundharmonika (Harp) wurde das eine leicht melancholische Betrachtung einer selbstbewussten Frau. Görtz findet einen intimen Tonfall, zuweilen kurz vorm Raunen, der eine unaufdringliche Verbindlichkeit schafft. Ein interessanter Song.
Poetische Momente sind ein wesentliches Element, etwa ein Sommer in Südfrankreich in »Chanson d’Amour«, das er teilweise auf Französisch singt. Diese Skizze schafft sogleich ein stimmiges Bild: »Das Hotel laut und billig, die Garonne floss still vorbei. Auf deiner Haut der Sommer, himmlisch, ein Hauch von Salz dabei. Die Nacht bot tausend Stunden, im Morgen reinstes Glück.« Dazu eine sanfte Gitarre, ein leiser, zugewandter Tonfall, erzählerisch stimmig - das Publikum lließ sic auf diesen Spaziergang gern mitnehmen
Zwischen den Liedern erzählte Görtz ein wenig aus seinem Leben, wie es zu den Liedern kam oder er leitete einfach geschickt zum nächsten Titel über. Sein Gesang wirkt stets etwas geheimnisvoll, was nicht zu allen Texten passt. Ein Glanzlicht ist »Václav Havel, Ahoj«. Letzteres heißt »Tschüss« auf Tschechisch, erläuterte der Musiker. Der tschechische Dramatiker, Oppositionelle und spätere Staatspräsident geriet beim Studium in Görtz’ Blickfeld, weil er ein Mann war, der »in Freiheit leben« wollte. Görtz hat sein Lied zu einer Meditation über die Wahrheit geformt, einer ansprechenden Ballade,
mit interessanten Gedanken dazu, dass nichts einfach ist: »Die Wahrheit, ach, sie hat Interessen.« Das narrative Harpspiel macht den Titel noch attraktiver.
Richtig eindrucksvoll gerieten dem Musiker die »Nächtlichen Visionen«, mit schwungvoll synkopischer Begleitung und einer knackigen Fangphrase im Refrain, »Dort wo du hingehst, da ist dein schönster Ort«. Nicht alle Stücke überzeugen auf gleiche Weise. »Jeder Tag ohne dich ist ein Leerer Tag zu viel« etwa besitzt einen stimmigen Refrain, zeigt sich insgesamt aber zu textlastig. Zu viel Inhalt wurde in die Zeilen gepresst. Die Hommage »Da warst du« an Leonard Cohen hingegen ist sehr poetisch, auch die Begleitung überzeugt.
Insgesamt hat Sven Götz erneut einige hörenswerte Geschichten vorzutragen, er musiziert versiert und sein Harmonikaspiel, das zuweilen entfernt an Bob Dylan erinnert, wertet das Ganze zusätzlich auf. Finden auch die Zuhörer im gut besetzten Saal; eindeutig.