Ein Mann mit Fußball-Mission

Der gewitzte Fußball-Kommentator Arnd Zeigler kommt mit seinem Live-Programm nach Gießen. Im Interview spricht er über Sprache, Werder Bremen und wahre Liebe.
Gießen. Die so gewitzte wie liebevolle Reihe »Arnd Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs« ist wohl den meisten Fans aus Fernsehen und Radio bekannt. Nun kommt der Bremer mit seinem Live-Programm »Hat schon Gelb!« am Dienstag, 26. April, um 20 Uhr in die Gießener Kongresshalle. Dabei rückt seine eigene Geschichte in den Mittelkreis des Geschehens. In klassischer Zeigler-Manier geht er unter anderem der Frage nach, wie es zu seiner wunderbaren Welt kam. Dem Anzeiger hat er zuvor verraten, wie sich der Profifußball im Laufe der Jahre für ihn verändert hat und wie er die aktuelle Zweitliga-Saison seines Herzensvereins Werder Bremen erlebt.
Lieber Herr Zeigler, worum geht es bei Ihrem aktuellen Tour-Programm? Gibt es einen roten Erzählfaden oder eher eine lose Sammlung Kurioses?
Es ist von beidem etwas, glaube ich. Es ist schon sehr bunt und an vielen Stellen sicherlich auch überraschend, was ich zusammengetragen habe. Aber alles zusammen bildet quasi eine Liebeserklärung an den Fußball, in den wir uns irgendwann mal verknallt haben. Aus meiner Perspektive, aber so, dass jeder sich daran erinnert, was ihn oder sie mal am Fußball fasziniert hat, als das Fan-Sein so richtig losging.
Welche Gruppe bietet mehr Potenzial für Ihre Radio-Collagen: Die Trainer mit ihrem Taktik-Geschwurbel, die Spieler mit ihren verkrampften Nicht-Aussagen oder die Journalisten mit ihren verunglückten Metaphern?
Auch hier: Von allem etwas. Ich mag Sprache, und ich mag den Umgang damit. Und der Fußball ist eine eigene Sprache. Sie haben auch Recht mit dem Wort »Collage«. Früher habe ich lustige oder interessante O-Töne aneinandergereiht und daraus eine Geschichte gebaut. Mittlerweile ist es manchmal mehr eine Art Komposition, ohne das zu hochgestochen zu meinen. Ich mag den Klang des Fußballs: Torschreie, Interviews, Journalistendeutsch, Dahergesagtes - alles zusammen.
Wie hat sich die Fußballersprache im Laufe Ihrer Jahre als Begleiter verändert?
Der Fußball nimmt sich wichtiger als früher. Die Spieler und Trainer werden heute behandelt wie früher Staatsmänner auf Staatsbesuchen. Jede Aussage wird aufgeblasen und überbetont. Dadurch hat alles eine Wichtigkeit bekommen, die dem Fußball nur manchmal guttut. Ich versuche eigentlich, alles immer wieder in die richtige Relation zu rücken.
Wie hat sich die journalistische Begleitung im Laufe der Jahre verändert?
Früher gab es nur Fernsehen, Radio und Zeitungen. Und ein Bundesligaspiel interessierte am Sonntag in der Hörfunkkonferenz, dann in der Sportschau und am Montag im »Kicker«. Danach war Ruhe bis zum kommenden Wochenende. Inzwischen müssen jeden Tag etliche Seiten gefüllt werden, mehrmals, inklusive derer der Online-Medien und -Plattformen. Das heißt: Es muss mehr geschrieben werden, ohne dass mehr passiert. Weiterhin werden Mannschaften trainiert, die am Wochenende dann spielen sollen. Das war 1965 so und ist heute immer noch so. Es wird aber so getan, als sei das eine riesengroße Hochglanz-Sache, die von allen Seiten beleuchtet werden muss. Das ist aber nur manchmal angebracht. In vielen Fällen hindert es Vereine, Trainer und Spieler, einfach nur in Ruhe zu arbeiten. Und das ist schade, denn genau das wünschen wir uns ja im Grunde, wenn wir einen Verein sehr gerne haben.
Wie lebt es sich für Sie als Zweitligist in Bremen? Lust, wieder Champions League zu spielen, oder doch lieber nochmal nach Sandhausen?
Das ist gerade eine ganz schwere Frage. Ich wünsche mir so sehr den direkten Wiederaufstieg, aber gleichzeitig finde ich die Bundesliga so unsexy wie niemals zuvor. Im Grunde möchte ich, dass mein Verein in einer Bundesliga spielt, die es gar nicht mehr gibt. Wir alle müssen aufpassen, dass uns unser Fußball nicht weggenommen wird. Ich hatte diese Saison viel Spaß, auch gegen Sandhausen oder Regensburg, aber man muss sich immer mit den Besten messen wollen. Das Problem ist, dass man sich mit denen nicht mehr messen kann, wenn ein Spieler der Bayern soviel kostet wie Deine ganze Stammelf zusammen.
Und angesichts der vielen unguten Begleiterscheinungen - FIFA, Katar, Multimillionäre: Hatten Sie schon mal das Gefühl, Fußball ist vielleicht doch nicht die schönste Nebensache der Welt, sondern nur bizarrer Blödsinn?
Das Gefühl habe ich immer mal zwischendurch. Ich habe das zum Beispiel immer, wenn ich den FIFA-Präsidenten im Fernsehen sehe und er den Mund aufmacht. Vieles ist so entglitten und absurd. Und diese Kapriolen zwingen uns, uns auf die Dinge zu besinnen, die uns am Fußball irgendwann mal gefesselt haben. Darin sehe ich meine Mission. Am Anfang habe ich das manchmal eher scherzhaft gesagt, aber nach über 100 Auftritten und unzähligen tollen Begegnungen und Gesprächen am Rande dieser Abende merke ich, wie wichtig und ernst das für viele von uns Fußballfans ist. Und genau das ist auch der Schlüssel zu allem: Sich immer bewusst zu sein, dass der Fußball weder eine todernste Staatsaffäre, noch eine quatschige Nebensache ist. Er ist immer beides und sehr vieles dazwischen. Fußball kann vergehen und immer wieder neu begeistern, kann uns durchrütteln und niederschmettern, aber uns auch Glücksgefühle bescheren, die wir nie vergessen werden. All das versuche ich abends auf Bühnen in ganz Deutschland zu feiern. Weil der Fußball uns auf wunderbare Weise bereichert, trotz allem.
Arnd Zeigler gastiert am Dienstag, 26. April, um 20 Uhr in der Gießener Kongresshalle. Tickets kosten 27 Euro im Vorverkauf.