Ein Verein als Organismus

Der Dienstags-Kranz trifft sich nach zwei Jahren der Corona-Zwangspause wieder an einer besonderen Eiche.
Gießen . Zwei Jahre lang verhinderte Corona eine runde Sache: Das 30. Treffen des Dienstags-Kranzes an seiner Wiege im Akademischen Forstgarten. Nun endlich konnte diese Zusammenkunft nachgeholt werden. Präsident Axel Pfeffer begrüßte fast zwei Dutzend Kranz-Brüder an jenem Eichenbaum, der vor 111 Jahren anlässlich des 75. Geburtstags des Dienstagskranz-Präsidenten Geheimrat Prof. Richard Heß am 23. Juni 1911 gepflanzt wurde.
Der Ort im Grünen, der einst als Lehr- und Versuchsgarten des ältesten Universitätsforstinstituts der Welt diente, gilt als Wiege des Dienstags-Kranzes. Laut Pfeffer gründeten ihn vor 197 Jahren Forstmänner wie Prof. Carl Justus Heyer sowie der bereits erwähnte Geheimrat Heß, der auch ein Vierteljahrhundert Präsident und Sekretär des Dienstags-Kranzes war.
Gemeinsam mit Vizepräsident Prof. Wolf-Dieter Walker konnte Pfeffer auch den »Hausherrn« des Akademischen Forstgartens, Förster Jörg Sennstock, begrüßen. Ebenso wie »Nachbar« Prof. Gerhard Schuler, der zudem als stellvertretender Sprecher der Agenda21-Gruppe »Natur und Umweltschutz« in Gießen fungiert. Beide hatten Informationen zur aktuellen Situation des Forstgartens mitgebracht.
Doch zuvor erinnerte Pfeffer an den Anlass dieses seit 1991 - mit Unterbrechung durch Corona - stattfindenden Treffens an der Heß-Eiche und dem dort am 23. Juni 1914 aufgestellten Gedenkstein, den Zigarrenfabrikant Dr. Wilhelm Gail (1854-1925) gestiftet hatte. Der Stein aus Lungenbasalt stammt aus einem Steinbruch in der Nähe von Londorf. Ebenso wie die für den Bau der Johanneskirche verwendeten Steine.
Seit 31 Jahren mittwochs
Die Gedenktafel aus Marmor, die an Leben und Wirken von Heß erinnert, wurde 1987 restauriert. »Der zu dieser Zeit der Gruppe noch nicht zugehörige, heutige Kranzfreund, Bildhauer und Steinmetzmeister Hans-Ulrich Ehrhardt sowie Rechtsanwalt, Notar und Kranzfreund Klaus Krämer haben sich um die Restaurierung der Gedenktafel am Stein, verdient gemacht«, so der Dienstagkranz-Präsident. Sodann rief er den 2. Juli 1991 in Erinnerung, als erstmals nach der Restaurierung von Gedenkstein und -tafel ein Treffen der Kranzfreunde im Forstgarten stattfand und dies seitdem jährlich am ersten Juli-Mittwoch erfolgt. Mit dem ersten Besuch nach zwei Jahren Abstinenz verband der Präsident auch den Wunsch, jüngeren Kranzfreunden bei dieser Wanderung in den Forstgarten die Entstehungsgeschichte der Vereins-Geburtsstätte näherzubringen.
Für dieses Engagement dankte Sennstock den Kranzfreunden, befindet sich der Akademische Forstgarten doch im Eigentum von Hessen Forst. Allein eine Bushaltestelle macht aktuell auf den in Vergessenheit geratenen Forstgarten aufmerksam. Hessen Forst will den Zaun am Fahrradweg erneuern. Außerdem ist geplant, den Teich an der Kaffeehalle in diesem Jahr auszubaggern und neu instand zu setzen. Dann soll der Teich auch einen Zaun erhalten. Weiterhin sind am kleinen Pavillon im Forstgarten Ausbesserungsarbeiten erforderlich.
Die von der Agenda21-Gruppe Natur und Umweltschutz angekündigte Beschilderungsaktion von 82 Baumhaupt- und -nebenarten sowie Sträuchern soll im August starten. Wie dazu der im alten Forsthaus direkt im Forstgarten wohnende Schuler mitteilte, wird die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald die Kosten für diese Beschilderung bezahlen. Diese neuen Tafeln sollen nicht nur Besucher informieren, sondern auch für Schülerführungen genutzt werden. Nach historischem Vorbild neu gebaut werden soll die einst hier stehende, aus 16 verschiedenen Baumarten gebaute Holzorgel. Dafür will das Holz- und Technikmuseum in Wißmar sorgen. Der Dienstagskranz will sich an den Kosten beteiligen.
Der Zweck der Gesellschaft besteht in der »Pflege der Freundschaft und Förderung einer heiteren Lebensanschauung«, wie es in Paragraf 1 der Statuten heißt. Ein 197 Jahre währendes Vereinsleben sprechen für Kontinuität ebenso wie für Vitalität. »Letzteres bedeutet, dass der Dienstagskranz im biologischen Sinn nicht alt geworden ist, sondern eher einem Organismus gleicht, der sich kontinuierlich erneuert«, heißt es dazu in der Chronik. Die maximale Mitgliederzahl ist auf 50 - ausnahmslos Männer - beschränkt.