»Eine Hommage an die Musik«

Nach 25 Jahren: Puccinis »Tosca« feiert an diesem Samstag Premiere im Großen Haus des Stadttheaters Gießen.
Gießen. Lange mussten sich die Fans dieses Opern-Klassikers gedulden, bis sie ihn nun wieder in Gießen erleben können. Letztmals wurde Giacomo Puccinis »Tosca« vor 25 Jahren unter dem damaligen Stadttheater-Intendanten Guy Montavon inszeniert. Das hat handfeste Gründe, denn der Orchestergraben des Hauses ist für dieses Werk und seine musikalischen Anforderungen eigentlich zu klein. Regisseur Martin Andersson holt für seine Version die 70 beteiligten Instrumentalisten daher kurzerhand aus dem Untergeschoss auf die Bühne. Seine Inszenierung des Werks feiert am Samstag, 25. März, um 19.30 Uhr Premiere im Großen Haus. Die musikalische Leitung haben Generalmusikdirektor Andreas Schüller und Vladimir Yaskorski.
»Eine Sache ist mir ungemein wichtig«, betont der Schweizer Regisseur im Pressegespräch: »die absolute emotionale Hingabe« seiner Sänger und Sängerinnen. Schließlich werde hier ein Stoff verhandelt, in dem es um Mord, Folter und Erpressung geht. Die Handlung der um das Jahr 1900 uraufgeführten Oper haben Andersson und sein Regieteam in das Hier und Heute verlegt. Es geht um drei einst eng befreundete Menschen, die sich in einer fiktiven italienischen Diktatur zurechtfinden müssen. Da ist der Polizeichef Scarpia (Bariton Grga Peros), der nun auf alle Moral verzichtet. Da ist der Künstler Cavaradossi (Tenor Michael Ha), der sich für den Widerstand entschieden hat. Und da ist die titelgebende Tosca (Sopranistin Margarita Vilsone), die außerhalb des Systems zu bleiben hofft. »Sie ist keine Zicke oder Diva«, betont Kostümbildnerin Dorothee Joisten, und werde daher auch anhand der Kleidung entsprechend dargestellt.
Für die Diktatur stehen Armbinden und ein stilisiertes Symbol, Bühnenbildner Lukas Noll lässt den Raum weitgehend leer, dafür wird das Orchester von einem langen Steg geteilt, der sich von der Bühnenkante bis zur Brandmauer am hinteren Ende erstreckt. Im Verlauf der Inszenierung verlagert sich die Handlung zunehmend auf die Vorderbühne, so dass die Darsteller ohne den trennenden Graben ganz nah an die Zuschauerreihen heranrücken.
Regisseur Andersson, der mit »Tosca« seine Opernregie-Premiere feiert, gibt das Gelegenheit, alles »etwas kleiner ausspielen und auf die große Geste verzichten zu können«. So sei zu erkennen, wie die Figuren von Ängsten gequält, wie sie von dem Repressionsapparat gequält werden. Und zugleich biete der unverstellte Blick auf die Orchestermitglieder einen Hinweis darauf, worauf es im Kern geht: »Um eine Hommage an die Musik«.
Dafür hat Andersson, der als renommierter Dokumentarfilmer und Videofilmer unter anderem schon an der Oper Stuttgart mit Frank Castorf zusammengearbeitet hat, auch diesmal einige Videobilder für die Inszenierung beigesteuert. Zusammen mit den drei Sängern war er in Rom sowie an einem italienischen Strand, von wo aus das Team einige Szenen mit nach Gießen gebracht hat, die eine Vorgeschichte von »Tosca« auf einer Leinwand erzählen. Und Andersson verspricht: »Es geht mächtig zur Sache.« Am Ende »will ich einfach, das die Leute bewegt nach Hause gehen«.
Laut Ann-Christin Mecke, Leiterin der Musiksparte am Stadttheater, wird es wegen der großen Aufwandes nach den acht terminierten Vorstellungen übrigens keine Wiederaufnahme mehr geben, auch wenn diese »Tosca« ein Publikumserfolg werden sollte.
Das Schauspiel »Luft nach oben«, das Fabienne Dür für das Stadttheater Gießen geschrieben hat, ist für den Mülheimer KinderStückePreis 2023 nominiert . Das Stück über die Lebenswirklichkeit von Grundschülern ist damit im Rennen um den mit 15 000 Euro dotierten Preis als bestes neues Theaterstück für Kinder. Im Kleinen Haus des Stadttheaters ist die Inszenierung wieder am Ostersonntag, 9. April, um 16 Uhr zu erleben. Große Begeisterung herrscht nicht nur im Team des Jungen Theaters in Gießen. Simone Sterr, Intendantin des Stadttheaters, blickt mit Freude auf die Premiere von »Luft nach oben« zurück, die ihre erste Spielzeit am Stadttheater eröffnete: »Das ist eine Bestätigung für unseren Kurs des konsequent zeitgenössischen Autorentheaters. Wahnsinn! Wir freuen uns hier alle sehr.«
Im Rahmen der 48. Mülheimer Theatertage wird die Gießener Inszenierung am 25. Mai aufgeführt. Am 26. Mai wird das Gewinnerstück von einer dreiköpfigen Jury in einer öffentlichen Debatte aus Kritikern und Theaterschaffenden bekannt gegeben. In Gießen werden Schulvorstellungen am 25. und 26. April sowie letztmals am 4. Mai gezeigt, jeweils um 10.30 Uhr. (red)