Eine karnevalistische Rundreise

Gießen. Der »Club 68 - Verein für Behinderte und ihre Freunde« hat sich bereits Ende des Jahres 2021 aufgelöst. Die beliebte Sitzung in der Faschingszeit aber gibt es nach vor, die Ausrichtung ist von der Gießener Fassenachts-Vereinigung (GFV) übernommen worden. Und so startete nun eine neue Ausgabe mit neuer Bühnendekoration und guter Laune im Bürgerhaus Kleinlinden.
Doch zuvor waren es die ernsten Töne, die überwogen. Heinrich Hainmüller, lange Jahre Vorsitzender des »Club 68« und Organisator der närrischen Treffen, ist nämlich im Januar verstorben. In Erinnerung an sein Wirken hingen an den Wänden der Narrhalla die Figuren aus den vergangenen »Club 68«-Sitzungen. »Das ist nur für Sie und Ihren Mann«, sagte GFV-Präsidentin Anja Helmchen an die Adresse von Uta Hainmüller, die als Gast gekommen war. Und sie fügte anerkennend hinzu: »Ohne diese zwei ganz besonderen Menschen hätte es den Verein und diese Veranstaltung nicht gegeben«. Uta Hainmüller wurde dafür mit einem Orden und einem Blumenstrauß bedacht. »Das ist das Einzige, was noch vom ›Club 68‹ übriggeblieben ist«, sagte sie wehmütig, freute sich aber auch, dass die Tradition weiterlebt.
»Die Welt steht Kopf«
Zahlreiche Menschen freuten sich auf einen tollen Abend, denn bei freiem Eintritt wird viel geboten. Die Stimmung ist gut, es wird gelacht, geklatscht und getanzt. Zu sehen gab es eine karnevalistische Rundreise durch den Landkreis Gießen mit Tänzen und Büttenreden. Los ging es mit Stefan Müller am Keyboard und mit drei Gongschlägen. Danach marschierte lautstark der Fanfarenzug Hansa zur Bühne. Das Prinzenpaar Maurice I. und Yulia I. verfolgte aus dem Saal das närrische Treiben, die Ari gefiel mit zwei Tänzen.
Immer mit dabei ist die Gruppe »Black and White« aus Lollar, die mit »1000 und eine Nacht« begeistern konnte. Fabienne Weber von den »Mollys« aus Pohlheim schilderte das Chaos, das bei einer misslungenen Hausparty entstehen kann.
Kritik gab es an der Abwesenheit der politischen Vertreter aus Stadt und Landkreis. Die letzte Absage kam kurz vor Sitzungsbeginn. »Das gehört sich so nicht«, reagierte Sitzungspräsident Günter Helmchen enttäuscht. Und ein erzürnter Türmer Peter Meilinger meinte: »Es ist für Gießen eine Schande, dass der Tisch vom Rathaus nicht besetzt ist.« Als »höchster Beamter der Stadt« schaute er kritisch auf das Geschehen in der Welt sowie in Gießen und attestierte mitunter ein »Jammern auf hohem Niveau«.
»Die Welt steht Kopf, Ihr wisst’s genau«, stellte auch Protokoller Johannes Zippel fest und befand: »Das Parken in Gießen kostet immer mehr und die Baustellen machen Dir das Leben schwer.« Die »Aandorfer Domspatzen« sangen danach beim Einzug in den Saal »Jetzt geht’s los«. Passend zu ihrem Motto »Alles steht auf, keiner sitzt mehr« sorgten sie für beste Stimmung. Es war unschwer zu erkennen, dass die Jungs aus Allendorf großen Spaß hatten. Sie seien dankbar und empfänden es als eine Herzensangelegenheit, bei der Sitzung für Menschen mit Behinderung mitzuwirken. Eine weitere schöne Geste: Männer des Elferrats verteilten Orden an die Gäste.
»Adam und Eva«
Der geplante Auftritt der »Voice Seccos«, die ein Potpourri aus Karnevalsliedern vorbereitet hatten, fand nicht (mehr) statt, denn der Saal hatte sich beim fast vierstündigen Programm allmählich geleert. Schon ab 22 Uhr bewegten sich die Besucherinnen und Besucher zu ihren Bussen, um zu ihren Einrichtungen zu fahren. Schade, dass die Showtanzgruppe »In Takt« in ihren schönen Kostümen als letzter Programmpunkt nur noch vor dem Elferrat, dem Technikpersonal, Helfern und einer Handvoll Gästen über die Bühne wirbelte. Das sei für sie nicht motivierend gewesen, bedauerte eine Tänzerin gegenüber dieser Zeitung.
Die Moderation des Abends teilten sich Günter Helmchen und Sebastian Römer, der auch bei einem Zwiegespräch mit Ehefrau Carina als »Adam und Eva« mitwirkte. Zum gelungenen Programm trugen ferner die Midi-Garde des KV Großen-Buseck, die Mini-Kadetten des HCV, die »Live Kids« der »Magic Stars«, die Midi-Garde der GFV und die Teenie- Garde des Carnevalclubs Ruttershausen bei. »Einen Tanz für Dich« brachte die Junioren-Tanzgarde der GFV mit und die »Shiny Stars« der »Magic Stars« präsentierten die Show »Vom Fischer bis zur Meerjungfrau«.
Anderen Menschen Jubel, Trubel und Heiterkeit zu bescheren und sie einzubeziehen, dafür standen wieder alle Beteiligten, die ohne Gage den närrischen Abend gestalteten und viel Applaus mit nach Hause nehmen durften.
