Einigung soll »große Chancen« bieten

Im Tarifkonflikt am Uniklinikum Gießen und Marburg haben beide Parteien ein Eckpunktepapier festgelegt, das Verbesserungen in verschiedenen Bereichen bringen soll. Hier sind die Details.
Gießen. Seit dem späten Freitagabend ist klar: Der Streik am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) ist vorbei. Im Tarifkonflikt haben die beiden Parteien einen Kompromiss gefunden und sich auf ein Eckpunktepapier festgelegt - Details dazu sind nun bekannt geworden. »Wir haben zum Beispiel eine neue Regelung nach dem Ende einer Ausbildung gefunden. Die Kollegen aller Berufe, die nach Abschluss der Lehrzeit am UKGM bleiben möchten, erhalten eine Übernahmeprämie in Höhe von 2000 Euro. Wir hoffen, dass wir es so schaffen, zukünftig ausreichend Personal am Klinikum zu haben«, sagt Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm von Verdi. Man habe »ein sehr umfassendes und weitreichendes Angebot zur Beschäftigungssicherung und Entlastung an unseren beiden Universitätskliniken gemacht und wir sind damit an die Grenze der Belastbarkeit des UKGM gegangen. Wir sind uns aber sicher, dass wir damit die Arbeitssituation in allen Bereichen des UKGM sowie der UKGM Service GmbH deutlich verbessern werden«, informiert derweil die Klinikleitung in einem Mitarbeiterbrief.
Für beide Tarifparteien gilt jetzt eine Erklärungsfrist bis Ende Mai. In diesem Zeitraum können sie entscheiden, ob das Papier als Tarifvertrag greifen soll. Wenn dies so geschieht, dann gelte bis zum 31. März 2024 eine Übergangsfrist. Der Vertrag trete dann rückwirkend zum 1. April in Kraft treten.
Übernahme aller Auszubildenden
Gemeinsam verfolgten die Parteien mit dem Eckpunktepapier das Ziel, zusätzliche Mitarbeiter zu gewinnen und Kollegen davon zu überzeugen, ihren Arbeitsumfang am UKGM zu erhöhen. »Wir wollen damit die universitätsmedizinische Versorgung der Menschen in unserer Region auch zukünftig auf höchstem Niveau sicherstellen, denn sie ist die Basis für eine wirtschaftlich stabile Entwicklung unserer beiden traditionsreichen Klinikstandorte am UKGM«, macht die Klinikleitung deutlich. Die neue Zukunftsvereinbarung mit dem Land und der Tarifvertrag »Beschäftigungssicherung und Entlastung« böten für die Uniklinik »große Chancen« für eine erfolgreiche Weiterentwicklung. »Diese gemeinsam zu nutzen, ist jetzt unser Auftrag.«
Bereits am Freitag bekannt geworden ist der Verzicht des UKGM auf betriebsbedingte Änderungs- und Beendigungskündigungen sowie auf weitere Ausgliederungen. Daneben verweist die Klinikleitung auf die Zusicherung der Übernahme aller pflegerischen, technischen und administrativen Auszubildenden nach ihrem Abschlussexamen für mindestens zwei Jahre und die Zusicherung eines umfassenden Maßnahmenpaktes zur familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitsbedingungen. »Ab 2024 werden in allen somatischen, psychiatrischen und psychosomatischen Bereichen Instrumente zur schichtgenauen Besetzungskontrolle eingesetzt werden (PPR 2.0, PPP-RL und PpUGV). Wir gehen damit am UKGM deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.«
Personelle Aufstockung
Dzewas-Rehm bestätigt, dass »das Personal nach diesen Vorgaben in allen Schichten vorgehalten werden muss. Solche schichtgenauen Regelungen haben wir zum ersten Mal in Frankfurt ausgehandelt. Sie sind eine deutliche Verbesserung dessen, was bald gesetzlich eingeführt wird.« In patientennahen Bereichen, in denen es keine gesetzlichen Vorgaben für Personalkennzahlen gebe, wie etwa in OP oder Anästhesie, werde ebenfalls mit Vorgaben gearbeitet, ergänzt die Mitarbeiterinfo der Klinik. In einer ganzen Reihe von Arbeitsfeldern wie beispielsweise der Physiotherapie, Technik und Verwaltung hätten die Partner zudem Aufstockungen des Personals vereinbart. Und: »Wir verbessern die Ausbildungssituation an unseren beiden Kliniken mit einer deutlich höheren Anzahl an Lehrerinnen und Lehrern und Praxisanleitungen (bei Lehrern 20 Prozent über den gesetzlichen Vorgaben, bei den Praxisanleitungen bis zu 50 Prozent über den gesetzlichen Vorgaben). Es wird ein Verbot von ›Stationshopping‹ geben, eine zugesicherte Einarbeitung, ein neues Mentorenprogramm zur Unterstützung der Auszubildenden neben den Praxisanleitungen wie auch neue technische Ausstattung, wie funktionierendes Wlan und Tablets«, wird weiter ausgeführt.
Für die Unterstützung der Führungskräfte solle ein neues Freistellungskonzept umgesetzt werden. Bei einer Leitung von fünf bis zehn Vollzeitkräften erfolge eine halbe Freistellung, bei elf bis 15 Vollzeitkräften eine Freistellung im Umfang von 0,75, bei Leitung von 16 bis 20 vollen Kräften liegt sie bei 0,9. Die vollständige Freistellung erhält die Leitung von über 20 Vollzeitkräften. »Dies gilt für alle Bereiche des Klinikums. Damit wollen wir die Führungskräfte wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer wichtigen Arbeit nachhaltig unterstützen.«