Eisenbahn-Spielplatz in fünf Hallen

Kleine Dieselloks erzeugten elektronische Motorgeräusche, Dampfloks im Modellbaumaßstab drehten ihre Runden über die Anlagen, pfiffen und Geräusche der Funktionsmodelle zählten zur Szenerie.
Gießen . Als ein riesiger Spielplatz für fast ausschließlich Männer präsentierten sich zwei Tage lang die fünf Hessenhallen bei der Neuauflage der »Internationalen Spur 0 Tage«, die erneut um die Spur 1 erweitert wurden. Die kleinen Dieselloks erzeugten elektronische Motorgeräusche, Dampfloks im Modellbaumaßstab drehten ihre Runden über die Anlagen, pfiffen und Geräusche der Funktionsmodelle, in den Modellmaßstäben Spur 0 und Spur 1, zählten zwei Tage zur Szenerie.
Fachgespräche gab es gratis, »nur guggen, nichts zerdeppern«, bitten die Westsächsischen Oe-Freunde, die aus Leipzig und Zwickau angereist sind, die Gäste vor ihrer schönen Anlage. Einmalige Serien bietet ein Familienunternehmen aus Vöcklabruck in Österreich an. Früher produzierte das Unternehmen nur im Maßstab 1:32, das ist Spur 0, jetzt werden auch Lokomotiven in Messingbauweise in der kleineren Ausführung 1:45, gleich Spur 1, gefertigt.
2290 Euro für eine Modell-Dampflok
Für die Dampflok der Baureihe 52 muss der Kunde tief in die Tasche greifen. Ab 2290 Euro kostet ein solches Schmuckstück, das mit getaktetem Abdampf und getrennt steuerbarem Zylinderdampf ausgestattet ist. Sonderwünsche und -modelle schlagen schon mal mit bis zu 8000 Euro zu Buche, verrät der Verkäufer.
Verantwortlich für den großen Männerspielplatz als Veranstalter war zum vierten Mal das Unternehmen Lenz Elektronik GmbH aus Gießen-Lützellinden, unterstützt durch das »Spur Null«-Magazin. Es sei die größte Spur 0 Ausstellung in Deutschland, wurde mitgeteilt.
Das besondere an dieser Ausstellung ist, dass die »Hardcore«-Besucher nicht nach Gießen reisen, um zu kaufen, sondern um sich zu treffen, den Austausch zu pflegen. Viele Buchungen für die zwei Tage erfolgten schon im Vorfeld online.
Endlich wieder mit Gleichgesinnten zu plaudern, Expertentipps zu bekommen und sich Neuerungen vor Ort anzusehen, die Sehnsucht war groß nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie. Schon in der Frühe war der Parkplatz gut gefüllt, Interessierte wie eine Gruppe aus Wolfsburg reisten auch mit der Bahn an.
Dieter Rupp aus Sinn ist Modellbahner, allerdings weder die Spur 0 noch die 1 sind seine Favoriten. Er hat sich auf die Spur TT mit einem Maßstab von 1:120 festgelegt und das Fabrikat Tillich. Der Neu-Rentner gehört zu den »Sehleuten«, wie eine Ausstellerin die Menschen bezeichnet, die einfach an den Ständen vorbeischlendern, die Unterhaltung suchen und wenig oder gar nichts kaufen. Doch dann wird der Sinner fündig: Eine Laterne hat es ihm angetan, fünf Euro zahlt er dafür und damit hat es sich auch. Er schaut sich gerne die großen Anlagen an, doch sein Herz schlägt für die mit Liebe hergerichtete Anlage in seinem Zimmer zu Hause. Anders ein junger Mann aus Wiesbaden, der mit einer Menge Schienen auf dem Arm sich einen Weg durch die Menge bahnt. Ein großes Paket mit Teilen bringt er ins Auto, um erneut Ware zu holen. Meist sind es ältere grauhaarige Herren oder mit Glatze, die man in den Hallen sieht, die Anlagen steuern, Zubehör verkaufen oder auf der Suche nach Neuerungen und Schnäppchen sind.
Sieben Männer aus Hannover beschäftigt die größte Anlage von 23 mal zwölf Metern in den Hallen. Es ist ein Hingucker, mit Gebäuden, schönen Zugpaaren und der Geräuschkulisse, wie sie der Modellbahnbastler liebt.
»Spur 1 Hannover« lockt viele Besucher
»Spur 1 Hannover« nennt sich der Verein und bevor die verschiedenen Züge die Umstehenden begeistern und zu Handys und Fotos greifen lassen, mussten sie einen Tag Arbeit für den Aufbau investieren. Anweisungen schallen über die Anlage. »Jürgen, stelle mal bitte die Weiche um«, lautet die klare Ansage. Doch Jürgen hat auf seinem Display den falschen Regler gezogen. Alles geht dennoch gut.
Nur wenige Frauen finden sich als Besucher auf dem Gelände, an den Ständen ist das anders. Aus Sigmaringen reist ein Ehepaar an, die Kultur interessiert die Ehefrau und so machte sie sich in Wetzlar auf die Suche. In der Ausstellung trifft das Paar ein Ehepaar aus Münster-Ahaus, das mit dem Wohnmobil unterwegs ist. Seinen Namen will der Ehemann hier nicht lesen, seine wertvolle Anlage im Obergeschoss seines eigenen Hauses mit den Abmessungen 12,72 mal 5,30 Meter könnte Diebe anlocken, vermutet er. Neues Lok- und Wagenmaterial kauft er nicht mehr, wegen Zubehör und dem Informationsaustausch besucht er Ausstellungen im gesamten Bundesgebiet. »Hier treffen sich Bayern und Westfalen«, freut sich der Münsterländer.
Ein Franzose lenkt an seinem Stand die Blicke mit seiner ungewöhnlichen Kombination auf sich. Hinten schnauft die Dampflok 78 101 vorbei, im Vordergrund ist das U-Boot 2322 zu sehen und auch das Schwesterboot U 552 hat der Tüftler aus seiner Anlage noch untergebracht.