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Emotionen und voller Körpereinsatz

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Gießen (red). Während fast 60 Mitglieder des Theatervereins in die Tanzprobebühne des Stadttheaters eintreten, sind bereits je drei Tänzerinnen und Tänzer paarweise in Aktion: Sie laufen oder schreiten durch den Raum, drehen sich um die eigene Achse, fallen zu Boden, stehen auf, zeigen sich Gesten und Bewegungen, sprechen miteinander. So ist die Besuchergruppe bereits erwartungsvoll eingestimmt, bevor sie von Constantin Hochkeppel, Leiter der neu aufgestellten Tanzcompagnie, sowie Helga Göbel, Vorsitzende des Theatervereins, zu diesem Einblick hinter die Kulissen begrüßt werden.

Sodann können sie eine dreiviertelstündige Probenarbeit zum Stück »Five Stages of Grief« beobachten, das am 22. April im Großen Haus uraufgeführt wird. Zu den Bewegungselementen zählen gesten-, mimikreiche und kraftvolle, aber auch leichtfüßige Aktionen von Soli, Duetten, Terzetten oder aller sechs Tänzer zusammen. Zur Musik vom Band, die bei der Aufführung vom Philharmonischen Orchester gespielt wird, werden Hebungen, Einzel- und Gruppenbilder stehend, laufend, liegend oder rollend gezeigt.

Eindringlich ist dabei erkennbar, wie ein Individuum schmerzempfindend Berührungen und tröstende Annäherungen ablehnt und sich eine Gruppe hilf- und sprachlos einer Trauersituation stellt. Unterbrochen wird von Hochkeppel, um Hinweise zu Ablauf und Gebärden zu geben und in leiser, recht lockerer Ansprache den Sinn des Darzustellenden zu verdeutlichen. Im sich anschließenden, leider nur kurzem Gespräch erläutern Hochkeppel und Tanzdramaturgin Caroline Rohmer, assistiert von Gustavo de Oliveira Leite und Maja Mirek vom Tanzensemble, Grundzüge des »Physical Theatre« und ihre Arbeitsweise.

Wesentlich sei bei dem »Auftrag, die Tanzsparte neu zu gründen«, dass nach der Vorgabe einer thematischen Idee die »Bandbreite des Tanzes« ausgelotet werde. Die Mitglieder der Compagnie bringen sich gleichberechtigt mit Vorschlägen und Improvisationen »zum Thema und zu möglichen Bewegungsformen ein«. Hochkeppel nennt das einen »Prozess der Stückentwicklung im Kollektiv« als »permanente Arbeit« über die Premiere hinaus, so dass ein Stück stets weiterentwickelt wird. Dazu befinden sich an einer Wand einige Papierbögen, auf denen Gedanken, Vorschläge, Befindlichkeiten zum Arbeitsprozess jetzt in der Mitte der Probezeit notiert sind.

Themen Schmerz, Trauer und Verlust

Thema des neuen Stücks sind Schmerz, Trauer und Verlust als individuelles oder gemeinschaftliches Erleben, weil dies zum Leben gehöre. Dies zu zeigen mit kraftvoller und empfindsamer »Repräsentanz von Körpern«, die Emotionen auf die Bühne und ins Publikum »übertragen«, sei angestrebt. Voller Körpereinsatz sei dabei vonnöten. Mit Beifall bedacht werden die informativen Ausführungen, die die Idee von »Physical Theatre« verständlicher machen. Der Wunsch nach einer Fortsetzung ist am Ende groß, bevor die Vorsitzende Helga Göbel für den 31. März die Jahreshauptversammlung ankündigt.

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