Entscheidung frühestens im Oktober

Im Herbst will der Magistrat den Schwanenteich in Gießen abfischen lassen. Eine mögliche Dammsanierung wird so vorbereitet.
Gießen. Dienstagabend ist die Besuchertribüne im Sitzungssaal des Rathauses voll besetzt. Und als sich der »Ausschuss für Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Stadtentwicklung, Energie und Verkehr« dem Thema Schwanenteich zuwendet, steigt die Spannung. Aber: Eine Entscheidung trifft das Gremium nicht. »Ich habe Verständnis dafür, wenn sich der eine oder andere heute im Ausschuss noch nicht in der Lage sieht, abzustimmen. Das erfolgt erst in der Stadtverordnetenversammlung am 6. Oktober«, erklärt die zuständige Stadträtin Gerda Weigel-Greilich. Sie kündigt an, dass, neben dem kompletten Neubau des Damms, eine Variante mit Dichtungsvorschüttung geprüft werde. Auch der Vorschlag von Diplomingenieur Horst Dreier - ebenfalls mit Vorschüttung - wird vor der Entscheidung betrachtet. Vor Sitzungsbeginn demonstrieren rund 80 Teilnehmer gegen mögliche Baumfällungen im Zusammenhang mit der Dammsanierung.
»Verkehrssicherheit nicht vorhanden«
»Auslösender Startpunkt war im Jahr 2011 bei der Teichtrockenlegung zur Entschlammung das Auffinden des Bitterlings. Das ist eine Fischart mit europäischem Schutzstatus«, blickt Gartenamtsleiter Thomas Röhmel zum Einstieg auf die Anfänge des »Pilotprojektes Bitterling«. Es sieht den kompletten Neubau des Damms vor. Das Auffinden der Fischart sei der Start für Überlegungen gewesen, wie man den Schwanenteich und den gesamten Naturraum einer ökologischen Aufwertung unterziehen könne. Ergebnis: Neben der Sanierung des Dammweges und der ökologischen Aufwertung des Schwanenteichs werte die Anlage eines mäandrierenden Nebengerinnes zur Wieseck sowie die Errichtung eines Hochwasserschutzes für das Freibad in der Ringallee auf. »Der Schwanenteich verliert Wasser. Das ist das erste Problem. Das zweite Problem, das damit zusammenhängt, ist die nicht vorhandene Verkehrssicherheit des Dammwegs selbst«, erläutert Röhmel. Es sei nicht vorgesehen, Gehölze auf der Teichseite an der Eichgärtenallee zu entfernen. »Wir müssen dort nur überhängende Gehölze schneiden, um Ausspülungen am Teichrand zu verstopfen«, weist der Gartenamtsleiter auf eine aktuelle Veränderung des ursprünglichen Ansatzes des »Pilotprojektes Bitterling« hin. Weigel-Greilich ergänzt in diesem Zusammenhang, dass auch »der Dammweg nicht asphaltiert werden soll. Er soll eine wassergebundene Decke erhalten«,
»Die Dammsanierung wird erforderlich, weil der Damm eine wichtige Funktion für den Teich hat. Gleichzeitig kann der Zustand diese Funktion nicht mehr gewährleisten. Die in den letzten zehn Jahren durchgeführten geotechnischen Untersuchungen bestätigen den Sanierungsbedarf. Sie zeigen Fehlstellen und Standsicherheitsprobleme auf«, berichtet Malte Hoffmannn von Ingenieurbüro Floecksmühle. Als reine Baukosten ergäben sich für die Umsetzung des »Pilotprojektes Bitterling« 3, 8 Millionen Euro. Hinzukämen etwa 200 000 Euro Planungskosten. »Es wird deutlich, dass wir ein Projekt mit einer großen Komplexität haben«, steigt Frank-Tilo Becher in die Debatte ein. Beim Dammweg seien allen die Herausforderungen klar. Es gehe um die Abdichtung und die Stabilisierung im Sinne der Begehbarkeit.
Vorschüttung mit einem Gitter
»Die Dringlichkeit bei der Frage der Abdichtung kann man sehen, wenn man sich vor Ort die Durchflussgeschwindigkeit ansieht. Da kommt das Wasser faustdick durch die provisorische Abdichtung. Das ist auch mit einer Ausspülung verbunden, die die Situation weiter verschärft«, führt der Oberbürgermeister aus. Die Begehbarkeit könne man unterschiedlich bewerten. Sie sei nicht zwingend nötig. »Für mich hat die Begehbarkeit eine große Bedeutung bei der Entscheidung«, hebt der Sozialdemokrat hervor. Der Stadtpark lebe vom Zusammenspiel von Mensch und Erlebnisraum Natur. Alle Maßnahmen zur Herstellung der Begehbarkeit seien zudem mehr oder weniger mit Eingriffen in den Baumbestand verbunden, sei es auch nur durch den Einsatz von Maschinen. »Ich bin auf der Suche nach einer Lösung mit dem minimalsten Eingriff in den Naturbestand.« Deshalb habe der Magistrat eine Alternative zum kompletten Neuaufbau des Dammes vorgelegt. Becher: »Diese Variante kombiniert eine Vorschüttung mit einem Gitter. Das heißt letztlich, dass der Damm im aktuellen Zustand bestehen bleibt und an der Wieseckseite weiterhin seinen Bewuchs hat. Auf der anderen Seite des Weges wird die Abdichtung vorgenommen.« Er sehe eine Chance und mache sich weiterhin sehr stark dafür, dass diese Variante geprüft werde. Wenn es technisch funktioniere und finanziell abzubilden sei, favorisiert der OB diese Variante als Lösung. Deutlich machen wolle er auch, dass man keine Fakten schaffen werde, die der Entscheidung eines Bürgerbegehrens vorgreifen. Entweder habe man bereits ein Ergebnis der Variantenprüfung zur Sitzung der Stadtverordneten am 6. Oktober. Oder: »Wenn nicht, wird erst im November endgültig abzustimmen sein. Derzeit beabsichtigen wir, der Empfehlung nachzukommen, und das Abfischen des Schwanenteichs schon im Herbst durchzuführen. Aber wir werden nicht mit Fällungen Fakten schaffen, wenn es zu einem Bürgerbegehren kommt«, ergänzt Weigel-Greilich. Die Überlegungen von Horst Dreier hätten ihm zu denken gegeben, brachte Michael Oswald von der CDU die Variante mit Vorschüttung des Diplomingenieurs (der Anzeiger berichtete) in die Debatte ein. Tim Laun vom »ETN Erdbaulaboratorium Tropp - Neff und Partner« und der Gartenamtsleiter sagen zu, die Unterschiede zwischen den Varianten des Magistrats und jener von Dreier herauszuarbeiten.