Erotische Collagen und Livemusik

Ein »Drei-in-eins-Event« mit Burçak von Hessen lockte zahlreiche Besucher ins Prototyp Gießen: Sie bekamen eine Ausstellung mit Erotic Collages zu sehen, Musik zu hören und einen Live-Podcast.
Gießen. Ausstellung, Musik und einen Live-Podcast - all das bekamen Besucher des Prototyps am vergangenen Samstag von Burçak von Hessen geboten. Die Veranstaltung, die von der Zellkultur Gießen ausgerichtet wurde, bot Gelegenheit, in einer entspannten und offenen Atmosphäre mit den Künstlern direkt ins Gespräch zu kommen.
Gleich in der Nähe des Eingangs, hinter einem mit Decken verhangenen Durchgang, waren Collagen von Burçak von Hessen ausgestellt. »Erotic Collages«, so der Titel der Ausstellung, verbindet dabei Werbe- und Pop-Photographien mit Bildern aus dem Tierreich, mit Nacktheit oder Pornographie.
Future Love und Kai aus Malawi
Im musikalischen Teil des Abends durfte sich das Publikum neben einer leidenschaftlichen Darbietung von Burçak auch auf Future Love und Kai aus Malawi freuen. Future Love machte dabei einen starken Anfang: Zu Klängen, die minimalistisch, aber keinesfalls monoton waren, wurden in den Songtexten Probleme des modernen Lebens thematisiert: von der »Bubble«, über das »Ghosting« oder die eigene Zuneigung zum allgegenwärtigen Suchmaschinenkonzern Google wurde auf Themen rund ums Internet ein ironischer Blick geworfen.
Musikalisch changierten die Lieder zwischen schnell, langsam, laut und leise, waren aber stets mit der für den modernen Indie-Pop so typischen Selbstfokussiertheit vorgetragen, als spüre die Künstlerin einem leisen Gefühl in sich selbst nach.
Stilistisch vollkommen anders, aber nicht weniger eindrücklich, war die Darbietung von Kai aus Malawi: Anstatt ätherischer Klänge, solider Singer-/Songwriter-Sound zu Texten aus dem (eigenen) Alltag; statt leisem Gefühl, die volle Lust am eigenen Ausdruck.
»Lasse mich in die Musik sinken«
Sein Outfit, bestehend aus grauem Mantel, Hut mit breiter Krempe und an Cowboystiefel erinnernden Boots, passte perfekt zur Darbietung. Und auch die Texte seiner Lieder hatten diesen rustikalen Charme von Freiheit, wie man ihn aus Country oder Folk kennt.
So illustrierte eines seiner Lieder die Freude an Gin und Tabak nach Feierabend im harten Dasein als Straßenmusiker: »Das war ein schöner, schöner, anstrengender Tag.«
Auf Burçaks Frage, wie er zur Musik gekommen sei, erzählte er, dass er seine Schwester in Marburg besucht habe, die zufällig eine Gitarre in der Garage hatte, welche irgendwie im Laufe eines Pokerspiels dort gelandet war.
Wie er Lieder schreibe? Melodien seien in ihm immer präsent und: »Ich lasse mich einfach in die Musik sinken.« Mit großem Erfolg: Kai konnte sich an diesem Abend über lautstarken Beifall des Publikums freuen.
Den musikalischen Abschluss des Abends bereitete Burçak von Hessen mit Liedern, die er selbst als Postgrunge/Postpunk charakterisiert. Manchmal laut, manchmal leise, gelegentlich schrill aber immer rockig übte er mit Texten wie »Arbeit macht krank« deutliche Gesellschaftskritik. Wer sich selber einen Eindruck von Burçaks kritischer, rockiger Musik machen will, kann dies bald nachholen: Am 20.Mai wird er im S12 Musikklub in Frankfurt ab 19.30 Uhr zu sehen sein.
Unwiederbringlicher Verlust
Im Live-Podcast interviewte Burçak von Hessen Alex Vasil aus dem Umfeld der Gießener Nachttanzdemos. Das Gespräch drehte sich vor allem darum, wie Corona die Musiker und Künstler in Gießen getroffen hat, und welche Auswirkungen noch heute für Kunstschaffende in und um Gießen spürbar sind. Allerdings war ein Thema, das nichts mit Corona zu tun hatte, Vasil besonders wichtig: Die Schließung der Kulturinitiative Gießen (KiG). »Das ist Rockgeschichte in Gießen,« so Vasil.
Mit der Schließung ginge eine wichtige Institution für Musiker in Gießen und Umgebung unwiederbringlich verloren.
Doch kampflos wolle man das nicht hinnehmen, sondern das Thema »überparteilich in den öffentlichen Diskurs bringen,« so Vasil. Denn »2024 ist Schluss, ersatzlos,« mahnte Vasil, »der Countdown läuft.«
