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»Erpressungsversuch gegenüber dem Land«

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Gießen (red/ebp). Die Ankündigung der Rhön-Klinikum AG, die seit 2017 bestehende Vereinbarung mit dem Land Hessen und den Universitäten in Gießen und Marburg kündigen zu wollen, sorgt für Kritik. »Für die Beschäftigten in Gießen und Marburg ist dies ein schlechter Tag, weil damit ihr Kündigungsschutz wegfallen wird«, beklagt Fabian Dzewas-Rehm, zuständiger Fachsekretär der Gewerkschaft Verdi.

Die Beschäftigten »tragen ohnehin eine hohe Last und sichern mit zu wenig Personal eine gute Gesundheitsversorgung für die Region. Jetzt drohen diese wichtigen Sicherheiten auf der Strecke zu bleiben«, heißt es in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft.

Der Streit zwischen Land und Rhön-Konzern, so Dzewas-Rehm, dürfe nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Die Zahlung von Investitionskosten würde eine Verringerung des Renditedrucks bedeuten und wird von Verdi deshalb ausdrücklich begrüßt - aber nur unter der Voraussetzung klarer Rahmenbedingungen.

»Vor dem Hintergrund der Renditeerwartungen von Rhön/Asklepios und den verheerenden Ausgliederungen in vielen Kliniken befürchten wir auch hier Ausgliederungen mit dem Ziel der Tarifflucht und der Zerschlagung von starken Betriebsratsstrukturen«, so Dzewas-Rehm. In den anderen Rhön-Kliniken, aber auch beispielsweise in der Asklepios-Klinik in Lich, seien zuletzt Abteilungen wie Medizintechnik, Labor oder Physiotherapie ausgegliedert worden. Seit Jahren kämpfe man bei Verdi gemeinsam mit Initiativen in der Region »für eine Umkehr der desaströsen Privatisierung und ihrer Folgen«. Auch aktuell zeige sich der Fehler. Die Politik habe ihren Gestaltungseinfluss unnötig minimiert. Deshalb sei es richtig, dem Konzern nicht einfach Geld zu geben, sondern klare Bedingungen zu setzen. Diese müssten sowohl Sicherungen für die Beschäftigten beinhalten als auch Vorgaben für die Investitionen. »Was der Konzern erwartet, ist freie Hand für eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Einschränkungen im Versorgungsangebot. Wir wollen eine Kehrtwende. Wir wollen gute und sichere Arbeitsbedingungen. Dazu gehören für uns Personalmindeststandards für eine gute Versorgung ebenso wie eine Übernahmegarantie für die Auszubildenden und ein dauerhafter Ausschluss von Kündigungen und Ausgliederungen«, fordert Dzewas-Rehm.

Auch von den hessischen Linken kommt Kritik. »Der neue Eigentümer Asklepios verschärft die Gangart gegenüber den Beschäftigten, aber auch gegenüber dem Land noch weiter«, kritisiert Fraktionsvorsitzender Jan Schalauske. Damit stelle der Konzern bisherige Regelungen wie das Verbot betriebsbedingter Kündigungen, den Ausschluss von Ausgliederungen und die Übernahme von Auszubildenden zur Disposition.

Das Agieren des Rhön-Vorstands müsse als »Erpressungsversuch gegenüber dem Land« gedeutet werden, heißt es weiter in der Mitteilung. Der Aktiengesellschaft scheinen die neuen Asklepios-Eigentümer im Nacken zu sitzen, die zugunsten ihres Renditestrebens alle aus ihrer Sicht lästigen politischen Vorgaben aus der alten Vereinbarung von 2017 loswerden und möglichst viel aus der sich aktuell in der Verhandlung befindenden Letter of Intent rausholen wollen würden, so Schalauske.

Dabei habe das Land mit der neuen Vereinbarung »ohnehin kaum mehr als mit der alten erreicht und dafür die gigantische Summe von rund einer halben Milliarde Euro an Investitionsmitteln in Aussicht gestellt. Aber selbst das scheine dem Konzern noch immer nicht genug«. Das Gezerre um die Absichtserklärung zeige erneut, »welch schwerwiegender Fehler« die Privatisierung des UKGM gewesen ist. »Die Rückführung würde nicht nur verhindern, dass das Klinikum weiter Spielball der Finanzmärkte bleibt, sondern wäre auch eine wichtige Voraussetzung, um die Gesundheitsversorgung in der Region zu verbessern«, so Schalauske abschließend.

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