»Es könnte gelingen«

Heinz-Jörg Ebertt, Vorsitzender des BID Seltersweg, hatte die Agenda-Gruppe »Nachhaltige Mobilität« zu Gast. Er sprach über den Verkehrsversuch und eine lebenswerte Gießener Innenstadt.
Gießen. Zufall oder geplant? Ganz nahe am Anlagenring, an dem ab Mitte des Jahres der Verkehrsversuch starten wird, traf sich die Agenda-Gruppe »Nachhaltige Mobilität« mit gut zwei Dutzend Teilnehmern, um vom Vorsitzenden des BID Seltersweg, Heinz-Jörg Ebert, zu erfahren, wie man innerhalb des BIDs (Business-Improvement-Districts/deutsch: Verbesserung der geschäftlichen Standortqualität) grundsätzlich über das Thema Mobilität und Innenstadtentwicklung denkt.
Die Gruppe hatte sich für die seit langer Zeit erste Präsenzveranstaltung das Selterstor als Vortragsort ausgesucht. In seinem eigenen Geschäft, dem Schuhhaus Darré, zeigte Ebert in einem einstündigen Vortrag Entwicklung, Status und Vision der Innenstadt aus seiner Sicht. Anlass waren die Artikel über die Positionierungen des Seltersweges und des Selterstores, die auf Initiative des BIDs gemeinsam mit Stadt, Wirtschaftsförderung, Kreativen, Politik, Dienstleistern, Händlern, Eigentümern und anderen Institutionen im vergangenen Jahr erarbeitet wurden. Dieses Zukunftsbild soll Orientierung für die Weiterentwicklung der Standorte geben. Selbstverständlich wurde dort auch die künftige Mobilität thematisiert.
Ebert startete seinen Vortrag mit der damals von manchen als Provokation empfundenen Anzeigenkampagne, die als Antwort auch des Gießener Einzelhandels auf das politische Vorhaben eines Verkehrsversuchs geschaltet wurde. Der BID-Vorsitzende stellte nochmals klar, dass es vor zwei Jahren keineswegs um eine Verhinderung oder Ablehnung von Veränderungen in der Verkehrspolitik gehen sollte. Im Gegenteil. Ebert bekräftigte das seinerzeit von Handel und anderen Institutionen geäußerte »Ja« für eine moderne, schnellere und konstruktive Verkehrsstrategie, hohe Aufenthaltsqualität in der Innenstadt - mit lebendigen Plätzen und eines sich begegnenden Miteinanders von ÖPNV, Fußgängern, Radfahrern und Autoverkehr auf einer Ebene.
Er unterstrich jedoch auch das damals klar geäußerte »Nein«, einen Verkehrsversuch innerhalb eines halben Jahres übers Knie brechen zu wollen. Umso erfreuter zeigte er sich, dass augenscheinlich zwei Jahre intensiv und gewissenhaft geplant wurde. »Das, was uns bereits an geplanten Verkehrsknoten am Anlagenring gezeigt wurde, sieht überzeugend aus und könnte funktionieren«. Dies würden auch die involvierten BID-Kollegen und Vertreter der IHK so sehen, sagte der Hausherr. Und weiter: »Uns alle eint doch das Ziel, eine reizvolle, interessante und lebenswerte Innenstadt zu haben. Es gibt Anlass zu glauben, dass dies gelingen könnte«.
Wichtig sei ein guter Verkehrsfluss und - gerade für das Umland - eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt und der zahlreichen Parkhäuser. Gleichzeitig müsse der ÖPNV sehr viel stärker ausgebaut und besser zwischen Stadt und Kreis verzahnt werden. Auch hier, so Ebert, liefen »derzeit vielversprechende Gespräche, in die wir involviert sind.«
Ebert bettete das Mobilitätsthema in eine umfassende Darstellung der Innenstadtentwicklung und ihrer Perspektive ein. Allem voran freute er sich - mit motivierenden Bildern aus dem neugestalteten Karstadt-Haus in Kassel als Blaupause für Gießen - über den Verbleib des Gießener Einkaufsmagneten. »Hier gibt es viel zu tun. Jedoch weiß ich, dass die Ärmel bereits kräftig hochgekrempelt wurden. Allein eine Gestaltung der lebendigen Freifläche zwischen Karstadt und dem Anlagenring macht Lust auf Veränderung«.
Der Vorsitzende der Agenda Gruppe, Reiner Mathar, eröffnete im Anschluss die Diskussion. Hier wurde Ebert auch zu seiner Position zur RegioTram befragt. Anhand alter Bilder der Gießener Straßenbahn äußerte er Sympathie, die auch mit seinen Erfahrungen aus seiner Münchner Studienzeit verbunden sei. Dort sei sie sein Verkehrsmittel Nummer 1 gewesen, sagte er. Gleichzeitig hält er den Einsatz einer Machbarkeitsstudie für dringend erforderlich, bei der auch weitere Aspekte - wie die Wirtschaftlichkeit - beurteilt werden müsse.
Agendagruppen-Koordinator Michael Bassemir zeigte sich von der wertschätzenden Atmosphäre des Treffens angetan. »Nur im Austausch und im Verständnis für die jeweiligen Positionen lassen sich Dinge konstruktiv bewegen«.