Fischsterben im Neuen Teich

Das war ein Schock, als Spaziergänger am Mittwoch die ersten aufgedunsenen Leiber entdeckten. Feuerwehrleute aus Gießen holten im Laufe des Tages zwei Tonnen Kadaver aus dem Wasser.
Gießen. »Ich glaube, ich esse in den nächsten Wochen kein Fischbrötchen mehr«, meint einer der Feuerwehrleute, als er den stinkenden blauen Sack in Empfang nimmt, den ihm sein Kollege aus dem Schlauchboot hinauf auf den Bootssteg am hinteren Neuen Teich reicht. Jede Fahrt hinaus auf das Gewässer beschert der Feuerwehr einen guten Fang, doch das ist kein Grund zur Freude. Im Neuen Teich sind wahrscheinlich alle Fische verendet.
»Umgekippter« Teich
Am Mittwochmorgen entdeckten Passanten die ersten aufgedunsenen Leiber, die auf dem Wasser trieben und informierten das Gartenamt. Dort erkannte man schnell, dass das ein Fall für die Kollegen von der Berufsfeuerwehr war. 25 Einsatzkräfte, auch von der Freiwilligen Feuerwehr Kleinlinden waren den ganzen Vormittag damit beschäftigt, die toten Tiere aus dem Wasser zu bergen. Bis zum Mittag hatten sie mit Hilfe von Schlauchbooten oder in Watthosen mit Netzen rund zwei Tonnen verendeter Fische aus dem Neuen Teich geholt. Das sind etwa 300 Tiere. Gesammelt werden sie in sechs 240-Liter-Fässern, die am heutigen Donnerstag von einer Spezialfirma abgeholt und entsorgt werden.
Gestorben sind die Fische wahrscheinlich schon früher. Durch die einsetzende Verwesung kommen sie erst jetzt an die Wasseroberfläche. Und während die Wehrleute einen blauen Müllsack nach dem anderen füllten, tauchten bereits neue Kadaver im Wasser auf.
Über die Ursachen des Massensterbens gibt es noch keine gesicherten Informationen. Mitarbeiter des Veterinäramtes nahmen am Morgen sowohl Wasserproben als auch Fische mit, um beide im Labor zu untersuchen. Eine Vergiftung, wie sie gerade an der Oder bundesweit für Schlagzeilen sorgt, ist dabei eher unwahrscheinlich. Auch die in den vergangenen Wochen viel diskutierten Algen auf dem nahen Schwanenteich (der Anzeiger berichtete) dürften hier keine Rolle gespielt haben. Vermutet wird eher, dass der künstlich angelegte Neue Teich »umgekippt« sein könnte, also Sauerstoffmangel zum Tod der Fische geführt hat.
Die einzige Möglichkeit, dem Teich sauerstoffreiches Frischwasser zuzuführen, ist ein kleiner Kanal zur Wieseck. Wenn deren Wasserspiegel aber aufgrund der anhaltenden Dürre zu tief sinkt, kann kein frisches Wasser mehr in den Neuen Teich gelangen. Da der auch nur maximal einen Meter tief ist - in Ufernähe weniger als die Hälfte - erwärmt er sich zudem sehr schnell. Das bedeutet weiteren Stress für dessen Fauna, die vor allem aus Karpfen besteht.
Während die Feuerwehr noch die Überreste des Tierdramas beseitigte, hatten die Menschen, die ein paar Meter weiter in der »Strandbar« ihre Mittagspause verbrachten, noch gar nichts davon mitbekommen. Die vordere Hälfte des Neuen Teichs ist nach Auskunft von Feuerwehr-Einsatzleiter Sven Henrich bis auf Weiteres nicht von den Folgen des Fischsterbens betroffen, da Wind und Wellen die toten Fische in die hintere Hälfte des Gewässers beförderten. Auch heute noch wird die Feuerwehr den Teich regelmäßig kontrollieren, falls weitere tote Fische auftauchen.
Die zuständige Dezernentin Gerda Weigel-Greilich wollte sich zunächst noch nicht zu dem Fischsterben in der Wieseckaue äußern, sondern erst einmal die Untersuchungsergebnisse aus dem Veterinäramt abwarten. Sie meinte aber, dass der künstlich angelegte und sehr flache Neue Teich leider empfindlicher sei als natürliche und tiefere stehende Gewässer.


