Fortschritte, aber kein Durchbruch

Im Tarifkonflikt am Uniklinikum Gießen und Marburg haben Verdi und die Geschäftsleitung doch weiterverhandelt. Beide sind sich nähergekommen, aber noch nicht einig. Auch der Streik geht weiter.
Gießen . Die Parteien im Tarifkonflikt am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) haben sich angenähert, der Durchbruch sei aber noch nicht geschafft. Anders als zunächst angekündigt, waren die Gespräche auch am Donnerstag fortgesetzt worden. Bis spät in die Nacht sei »in konstruktiver Atmosphäre« verhandelt worden, ehe sich Verdi und UKGM-Geschäftsleitung »in gegenseitigem Einvernehmen« auf den kommenden Mittwoch vertagten. Der Streik läuft derweil weiter.
»Wir haben große Fortschritte erzielt und uns für eine Reihe von Bereichen auf Vorgaben zur Personalbesetzung geeinigt. Auch auf Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität haben wir uns grundsätzlich verständigt. Doch es bleibt noch einiges zu tun. Besonders in Bezug auf die konkreten Personalschlüssel und die Höhe des Belastungsausgleichs besteht noch Dissens«, bilanzierte Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm am Freitag. Verdi fordert, in dem Tarifvertrag bedarfsgerechte Personalschlüssel festzuschreiben. Werden diese nicht eingehalten oder entstünden anderweitig belastende Situationen, sollen die betroffenen Beschäftigten zusätzliche freie Tage zur Erholung erhalten. »Wir brauchen eine wirksame Regelung, die tatsächlich Entlastung schafft.«
Demonstration am nächsten Mittwoch
Die UKGM-Geschäftsführung hatte bereits zwei Tage zuvor darauf verwiesen, dass ein Entwurf für ein Eckpunktepapier vorliege, »das die Grundlage für den Abschluss eines ›Beschäftigungssicherungs- und Entlastungstarifvertrages für das UKGM und die UKGM Service‹ bilden kann«. Noch seien zwar nicht alle Details endgültig geklärt, aber man sei zuversichtlich, in Kürze zu einem erfolgreichen Abschluss gelangen zu können. Noch am Mittwoch hatte es geheißen, dass das nächste Treffen erst am 14. April stattfinde. Verdi monierte daraufhin, dass der Arbeitgeber durch diese Verzögerung den Streik unnötig verlängere.
Positiv bewertete Dzewas-Rehm unterdessen am Donnerstagmorgen »die Zusage, dass es keine weiteren Ausgliederungen mehr gibt und auch keine Kündigungen vorgenommen werden«. Zudem sei man »erstmal sehr froh, dass wir Besetzungsregeln und einen Belastungsausgleich erreichen konnten«.
Am Dienstag, 11. April, kommen zunächst die Delegierten der Teams und die ehrenamtliche Verdi-Tarifkommission zusammen, um den Verhandlungsstand zu bewerten und die weiteren Schritte zu beraten. »Die Teamdelegierten sind eng in die Tarifverhandlungen eingebunden«, so der Gewerkschaftssekretär. Und fügt hinzu: »Donnerstagnacht waren bis zum Schluss über 100 Kolleginnen und Kollegen vor Ort und haben ihre Expertise eingebracht. Das ist der Schlüssel für effektive und erfolgreiche Verhandlungen.«
Die nächste Streikdemonstration ist dann für Mittwoch, 12. April, um 11 Uhr am Haupteingang des UKGM geplant. »Das ist auch ein Signal an die Landespolitik: Sie trägt die Verantwortung für eine gute Krankenversorgung in der Region. Das geht nur mit genug Personal und guten Arbeitsbedingungen am UKGM«, erklärte Dzewas-Rehm in einer Mitteilung. Deshalb müsse sich auch die Landesregierung klar für den angestrebten Tarifvertrag positionieren. Speziell aus der Kommunalpolitik würden die Beschäftigten bereits große Unterstützung und viel Solidarität erfahren.
Die Klinikleitung hatte in einem am Mittwoch versandten Newsletter darum gebeten, den Streik über die Osterfeiertage auszusetzen. Denn das Krankenhaus brauche dringend eine Erholungspause. Die neue Zukunftsvereinbarung mit dem Land Hessen solle es dem Klinikum ermöglichen, den eigenen Anteil an den notwendigen Investitionen deutlich zu senken.
Zuschüsse des Landes
Erstmals seit 2005 erhalte das UKGM wieder Investitionszuschüsse des Landes, die bei Investitionen in die Universitätsmedizin, die bauliche und technische Infrastruktur und in verbesserte und erleichterte Arbeitsabläufe mit Hilfe von Digitalisierung und Automatisierung helfen könnten. »Dafür haben wir im Vergleich zu allen anderen Universitätskliniken einzigartige Zusagen zur Beschäftigungssicherung gemacht, ohne dass bei uns die öffentliche Hand bereitsteht, betriebliche Verluste, die sich aus der Einhaltung dieser Zusicherungen ergeben können, auszugleichen«, so die Klinikleitung. Eine Normalität, die sich alle wünschten, lasse sich auch mit der neuen Zukunftsvereinbarung noch nicht erreichen. »Denn die 530 Millionen Euro Fördermittel des Landes werden in den kommenden zehn Jahren nur fließen, wenn wir unsere Verpflichtungen, weitere 260 Millionen Euro an Eigenmitteln für die gemeinsamen Investitionsprojekte und weitere 59 Millionen Euro für die Förderung von wissenschaftlichen Joint Ventures einzubringen, auch erfüllen können«, heißt es weiter. Dies sei zu schaffen, wenn es gelinge, die Zukunftsvereinbarung mit einem für das UKGM tragbaren »Beschäftigungs- und Entlastungstarifvertrag« zu verbinden.