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Friedliche Maskengegner-Demo

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Rund 700 Teilnehmer demonstrieren gegen die Corona-Maßnahmen in Gießen. Sie treffen auf 160 Gegendemonstranten.

Gießen. Der Messeplatz glich am Samstag kurz nach elf einer belagerten Festung. Rund 50 Einsatzfahrzeuge von Polizei und Ordnungsamt standen im Karree um eine langsam wachsende, doch wenig bedrohliche wirkende Menschenmenge. Unter dem Motto »Gemeinsam stark für unsere Kinder« protestierten knapp 700 Gegner der Corona-Maßnahmen mit einem Schweigemarsch einmal um den Anlagenring für eine Aufhebung der Maskenpflicht in Schulen. Unter den Teilnehmern waren auch viele Familien mit Nachwuchs, teilweise noch im Kinderwagen.

Der von Gegendemonstranten beschworene Schulterschluss mit Rechtsextremisten, vor dem zuletzt auch das Stadtparlament in einer Resolution gewarnt hatte, blieb aus. Polizeipressesprecherin Sabine Richter teilte nach der Abschlusskundgebung mit, man habe keine Teilnehmer aus diesem Milieu ausgemacht.

Auch sonst wurden die strengen Auflagen des Ordnungsamts - so durfte während des Zuges durch die Stadt weder gegessen, getrunken noch geraucht werden - überwiegend eingehalten.

Im Nachgang zu der Versammlung wurden lediglich drei Bußgeldverfahren »wegen des beharrlichen Auflagenverstoßes gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung« eingeleitet, teilte das Ordnungsamt auf Anfrage mit.

Obwohl die Polizei den Schweigemarsch zeitlich und räumlich von der Gegendemo der »Omas gegen Rechts« und der Gedenkfeier für die Anschlagsopfer von Hanau getrennt hatte, kam es zu einem Zwischenfall. Mitglieder der Antifa blockierten in Höhe des Amtsgerichts die Demonstrationsroute, wurden aber schnell von der Polizei abgedrängt. Nach der Personalienfeststellung sprach die Polizei dort 15 Platzverweise aus. Ansonsten gab es entlang des Demonstrationszug nur vereinzelte Wortgefechte zwischen Maßnahmen-Beführwortern und Gegnern, während andere Passanten auch Sympathien für die Ziele des Schweigemarschs äußerten

Reizthema ausgeklammert

Das große gesellschaftliche Reizthema »Impfpflicht« spielte weder während des Schweigemarschs noch bei den Reden auf der Abschlusskundgebung, wieder auf dem Messeplatz, eine Rolle. Beatrice Runkel, die die Demonstration angemeldet hatte, die Kinderärztin Bettina Führer, die Psychotherapeutin Astrid El-Hagge und der Kinderliedermacher Martin Pfeiffer wiesen immer wieder auf die psychischen und physischen Schäden hin, die die mittlerweile ins dritte Jahr gehende Pandemie gerade bei Kindern anrichte, die aber in der Öffentlichkeit von Politik und Medien weitgehend ausgeblendet würden. Diese Reden wurden nicht nur von Beifall sondern auch von »Die Maske muss weg«-Sprechchören begleitet.

Organisatorin Runkel war am Ende zwar enttäuscht, dass die angemeldeten 2000 Teilnehmer nicht nach Gießen gekommen waren. Sie war aber auch sichtlich erleichtert, dass es zu keinen größeren Konflikten gekommen war. Gegenüber der Presse distanzierte sich noch einmal von der NPD, die, ohne um Genehmigung zu fragen, den Flyer für den Schweigemarsch auf ihre Homepage genommen habe. »Ich habe mit denen nichts am Hut. Wir sind unpolitisch. Wir machen das für die Kinder.«

Während des Zuges der Gegner der Corona-Maßnahmen durch die Innenstadt kam es am Berliner Platz zu Kontakt mit rund 160 Gegendemonstranten. Am Ende bedankte sich die Polizei bei den Teilnehmern der Mahnwache, die die »Omas gegen Rechts« organisiert hatten. Denn, abgesehen von gelegentlichen Buh-Rufen und dem einen oder anderen Stinkefinger, blieb es ruhig und friedlich bei dem Aufeinandertreffen. »Ich finde es absolut erschütternd, dass so viele Menschen zu dem Zug der Impfgegner gekommen sind«, sagte Dr. Dorothea von Ritter-Röhr von den »Omas gegen Rechts« im Gespräch mit dieser Zeitung. Sie plädierte dafür, sich mit den Gegnern in Gesprächen auseinanderzusetzen. »Wegen mir können Menschen, die Probleme mit den Corona-Maßnahmen haben, so lange um den Anlagenring laufen wie sie Lust haben. Aber wenn sich Rechtsextremisten und AfD daran beteiligen, indem sie das hinter den Kulissen organisieren, und sich die Menschen vor den Karren von Demokratiefeinden spannen lassen, dann habe ich ein Problem damit«, erklärte Kreisausländerbeiratsvorsitzender Tim van Slobbe.

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Ein Gegner der Maßnahmen-Kritiker zeigt am Wegesrand, was er von deren Schweigemarsch hält. © Berghöfer
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In Höhe des Amtsgerichts versucht die Antifa, den Schweigemarsch zu blockieren. De Polizei drängt die Gegendemonstranten ab und verhängt 15 Platzverweise. © Berghöfer

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