»Für die Orgel, fertig, los«

Dem Ziel ein Stückchen näher: Ein Sponsorenlauf bringt 4000 Euro für das dringend benötigte, neue Instrument in der Gießener Johanneskirche. 50 Kinder und Erwachsene drehten ihre Runden.
Gießen. Die 100 000 Euro vollgemacht werden sollten am Sonntag im Fundraising-Projekt »HimmelHoch - eine neue Orgel für die Johanneskirche«. Als Veranstalter eines Sponsorenlaufes auf einem Rundkurs von 400 Metern durch die Innenstadt fungierten die Evangelische Johannesgemeinde und die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Gießen Mitte.
Eine Herzensangelegenheit ist das Vorhaben nicht nur für Christoph Koerber, der als Kantor der Johanneskirche in diesem Jahr seit einem Vierteljahrhundert diese Tätigkeit ausübt. Anlass der Aktion ist der schwer abgenutzte Zustand der Orgel in der Johanneskirche, deren Instandsetzung oder Renovierung jedoch wirtschaftlich und musikalisch nicht sinnvoll erscheint.
Die Idee zu der Aktion »HimmelHoch« hatte der Kantor vor drei Jahren. Eine neue Orgel ist allerdings nicht für einen Pappenstiel zu bekommen. Immerhin müssen mindestens 800 000 Euro für die in der Johanneskirche auf den Tisch des Orgelbauers gelegt werden. Doch Mittel sind so nicht vorhanden, deshalb zum größten Teil durch Sponsoren und private Spender aufzubringen. Beachtliche knapp 100 000 Euro waren bis vergangenen Samstag zusammengekommen. Doch erst mit der Hälfte der Gesamtsumme kann man einen Orgelbauer überhaupt engagieren. Die Laufaktion »Für die Orgel, fertig, los!« sollte dieses Anliegen stärker in die Öffentlichkeit bringen. Schließlich ist die Johanneskirche mit ihrer Orgel ein wichtiger Ort für die Gießener Musikkultur.
Dazu erklärte Kantor und Organist Koerber: »Die jetzige Orgel der Firma Förster & Nicolaus (Lich) wurde vor mehr als einem halben Jahrhundert gebaut. Sie stammt aus dem Jahr 1967.« Wegen der zeittypisch verwendeten Materialien und der intensiven Nutzung befinde sie sich heute in einem technisch schlechten Zustand: Ausfälle bei den Motoren zur Schaltung der Register, spröde gewordene Kunststoffteile, schadhafte Elektrik. »Die Anlage entspricht nicht mehr den heutigen Sicherheitsbestimmungen. Die verbrauchte Spielmechanik führt zu einer unpräzisen, schwammigen Spielweise.« Es gebe jedoch auch generelle Schwächen: Das zu kleine Gehäuse behindere die klangliche Entfaltung der Pfeifen. Die stilistische Orientierung am Neobarock erlaube keine stimmige Wiedergabe der großen Orgelwerke der Romantik. »Und wichtige Register zur Begleitung von Chor und Solisten fehlen.«
Theoretisch wäre eine technische Instandsetzung mit kleineren klanglichen Verbesserungen möglich. »Doch selbst Ausgaben im hohen sechsstelligen Bereich würden nicht zu einem technisch stimmigen und künstlerisch überzeugenden Ergebnis führen, das der Bedeutung der Johanneskirche als Stadtkirche der Universitätsstadt Gießen entspricht.« Gutachter hatten daher als nachhaltigste Lösung einen Orgelneubau empfohlen.
Investition in Kulturlandschaft
Die Kirchenvorstände der beiden Gemeinden schlossen sich diesem Votum an. So soll als klingendes Glaubenszeugnis und Investition in die Kulturlandschaft Gießens in der Johanneskirche eine neue Orgel mit mindestens 35 Registern entstehen. »Ein hochwertiges Instrument, das den Kirchenraum mit unendlichem Farbenreichtum, mit zarten, gewaltigen, intimen, warmen, brausenden und berührenden Klängen füllen wird«, schwärmte Koerber. Und somit den Bürgern der Stadt für die nächsten Jahrzehnte in Gottesdiensten und Konzerten vielfältige musikalische Erlebnisse mit der großen Tradition der Orgelmusik von der Renaissance bis zur Gegenwart bescheren soll. »Besonders wichtig ist uns, die Musik Johann Sebastian Bachs und der deutschen Romantik stilistisch angemessen darstellen zu können«, so der Kantor.
Auftakt der Aktion war ein Gottesdienst in der Johanneskirche unter dem Motto »Lauf!« Anschließend wurde auf dem Vorplatz der Kirche von Alt und Jung tüchtig gefeiert. Für das leibliche Wohl war ausreichend gesorgt. Wer wollte, konnte einen Abstecher zur Ecke Seltersweg/Löwengasse machen, um am Sponsorenlauf teilzunehmen. 50 Erwachsene und Kinder absolvierten in jeglichem Tempo die Strecke: mit Laufen, Joggen oder Gehen. Der Einzelrekord an Runden betrug 27. Insgesamt kamen 4000 Euro zusammen.
Einer der bekannten Läufer dabei war Stadtpfarrer Gabriel Brand. »Besonders gefreut hat uns, dass unsere katholische Schwester St. Bonifatius, für die mein Kollege Kantor Michael Gilles gelaufen ist, als Sponsor fast 700 Euro gespendet hat«, freute sich Koerber.
Nähere Infos: himmelhoch-giessen.de/spenden. Spenden an: Johannesgemeinde Gießen IBAN: DE64 5139 0000 0000 3288 20 Kennwort: Orgelspende.