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Fürsorge für Fremde

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Martin Klenner animiert die Passanten, einmal »am Rad zu drehen«. Foto: Jung © Jung

»Offen für alle«: Unter diesem Motto stand der bundesweite Aktionstag der Bahnhofsmission. Auch in Gießen stellten sich die Ehrenamtlichen und ihre Arbeit vor.

Gießen. Offene Türen für alle, Unterstützung bei Bahnreisen und Beratung oder Hilfe in Notlagen - all das und noch mehr bieten die Bahnhofsmissionen in über 100 Städten jeden Tag. So stand dann auch der diesjährige Tag der Bahnhofsmission unter dem Motto »Offen für alle«. Bundesweit wird er am 15. April begangen, die Einrichtung im Gießener Bahnhof hatte eine Woche später, am vergangenen Samstag, zum Kennenlernen und um bekannter zu werden, eingeladen.

»Bei Ihnen ist alles in Ordnung? Prima, dann kümmern wir uns um die Anderen«, steht auf der Spendendose am kleinen Stand vor den Räumen mit Waffeln und Brezeln an Gleis 1. Dort herrscht Betrieb am Tag der offenen Tür, während ankommende Züge auf den Gleisen Menschen ausspucken.

Am Rad drehen

»Ich habe was an der Waffel und drehe nicht am Rad«, scherzt eine Besucherin und genießt die frisch gebackene Waffel in der einen und den Kaffee in der anderen Hand. Auf einem großen Tablett reicht Fatih Kocaz von der Bäckerei Simit Saratti nebenan türkische Sesamringe herüber. Die spendet er, damit sie von der Bahnhofsmission gegen eine Spende verkauft werden können ist. Zwei junge Frauen versuchten ihr Glück am Glücksrad, animiert von Martin Klenner, der zum ehrenamtlichen Team der Gießener Bahnhofsmission zählt. Ein Päckchen Streichhölzer mit dem Emblem der Einrichtung, die von Diakonie und Caritas betrieben wird, ist ihr Gewinn. Dann steigen die beiden in den Zug nach Wetzlar, wo sie sich mit Freunden treffen. Nur zufällig kamen sie vorbei und wollten die gute Sache unterstützen.

Samstags ist Klenner in den Räumen am Bahnsteig 1 unterwegs, seit sechs Jahren leistet er ehrenamtliche Hilfe und das macht ihm Spaß. »Ein nettes Team und eine sinnvolle Tätigkeit«, beschreibt er seine Arbeit dort. Er sieht sich als »blauen Engel«, wegen der Farbe der »Dienstkleidung« der Bahnhofsmission und betont, hier werde gelebte Nächstenliebe praktiziert. Manchmal sei sein Freizeitjob, den er neben seinem Beruf gerne macht, stressig. »Doch im Nachhinein ist man froh, dass man es erleben durfte. Hier kommen alle Leute hin. Alte, Junge, Männer und Frauen und sie werden fürsorglich betreut«.

Die Leitung der Gießener Bahnhofsmission hat seit Mai 2021 Elisabeth Nijonhou Njomeha übernommen. 10 074 Menschen kamen 2022 hier auf dem Bahnsteig mit den unterschiedlichsten Anliegen vorbei, berichtet sie. Mit 6008 haben die Männer im Alter von 27 bis 65 Jahren den höheren Anteil in der Statistik. 2077 Geflüchtete machten nach den Aufzeichnung kurz Station in der Station und wurden versorgt. 2018 schauten 13 510 Frauen und Männer in den Räumen der Bahnhofsmission vorbei, 12 582 waren es 2019 und im Corona-Jahr wurden 7452 Menschen versorgt.

Für einen Samstag sei es ruhig, sagte die Leiterin, die eine halbe Stelle inne hat und die gerne auf die Erfahrung ihrer Vorgängerin zurückgreift. Die Ehrenamtlichen verteilen Flyer auf dem Bahnsteig an Zugreisende, stellen ihre Arbeit vor und bitten um Spenden. Denn ohne die geht es nicht, um alle Aufgaben erfüllen zu können.

»Ich finde es eine schöne Sache«, lobt Christine Bergfeld, die gerade mit ihrem Mann aus Hamburg angekommen ist, anerkennend das Wirken der Bahnhofsmission. Sie ist in Wetzlar geboren und das Paar ist zu einer Hochzeit auf Kloster Altenberg eingeladen. Mit dem Zug geht es gleich weiter nach Wetzlar. Vorher genießt Christine die frische Waffel, die gegen eine Spende von einem Euro zu haben war.

Ein Mann aus Bad Endbach, der seinen Namen nicht preis geben will, spricht von »einem guten Job«, den die Leute auf den Bahnhöfen machen. Er kommt gerade von einer Reise nach Jordanien zurück, drückt einem Helfer die restlichen Scheine von der Reise in die Hand. Man habe nicht mit Karte im Land bezahlen können, erzählt er und somit nur Bargeld verwendet. Nach dem Kauf von Souvenirs blieb etwas übrig und das spendete er für den guten Zweck und legte noch einen Geldschein dazu.

Etwas länger als an normalen Samstagen war die Bahnhofsmission jetzt im Dienst. Statt um zwölf Uhr wurden die Türen um 15 Uhr verschlossen - mit einem guten Gefühl nach der gelungenen Aktion und einigen neuen Kontakten.

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