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Gastspiel der Klimakleber an der Lahn

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Von: Ingo Berghöfer

Auf der Konrad-Adenauer-Brücke staut sich am Dienstag nur kurz der Verkehr, als sich Umweltaktivisten auf die Fahrbahn kleben. Die Polizei sperrt die Brücke schnell ab. Dafür kommt es an anderen Orten in der Stadt zu längeren Verkehrsbehinderungen.
Auf der Konrad-Adenauer-Brücke staut sich am Dienstag nur kurz der Verkehr, als sich Umweltaktivisten auf die Fahrbahn kleben. Die Polizei sperrt die Brücke schnell ab. Dafür kommt es an anderen Orten in der Stadt zu längeren Verkehrsbehinderungen. © Berghöfer

Vier Angehörige der »Letzten Generation« blockieren in Gießen drei Stunden lang die Konrad-Adenauer-Brücke. Das sorgt für Staus und Verkehrsbehinderungen - auch für die ausrückende Feuerwehr.

Gießen . Um eine Glühbirne auszuwechseln, braucht es fünf Ostfriesen (Warum das so ist? Fragen Sie einen Büttenredner Ihres Vertrauens). Seit Dienstag weiß Gießen nun auch, wie viele Umweltaktivisten es braucht, um in der halben Stadt für Staus und Verkehrsbehinderungen zu sorgen - vier.

Das Quartett der »Letzten Generation« hatte sich kurz vor 15 Uhr mit Sekundenkleber auf beide Fahrbahnen der Konrad-Adenauer-Brücke gepappt und diese damit bis 18.05 Uhr blockiert. Solange dauerte es, bis die Polizei ihre bereits um 16 Uhr verfügte »Auflösung einer unangemeldeten Versammlung« mit Spateln und viel Olivenöl auch in die Tat umsetzen konnte. Weil die Heuchelheimer Straße zwischen der Rodheimer Straße und der Westanlage drei Stunden lang gesperrt war, kam es im Westen der Stadt zu Staus und Verkehrsbehinderungen.

Unterstützt wurden die - laut Polizei alle nicht aus Hessen stammenden - Aktivisten von rund 20 heimischen Verkehrswendeaktivisten, die den maroden Verkehrsweg nach Heuchelheim zum Federballspielplatz oder Tanzboden umfunktionierten.

Weniger spaßig fanden das viele Autofahrer, die mit Hilfe der schnell eingetroffenen Polizei auf der durch Metallbarrieren verengten Brücke mühsam ihre Fahrzeuge wenden mussten. Allerdings hatten einige auch Verständnis für die Aktion. »Wenn ich an die Zukunft meiner Nichten denke, dann kann ich diese jungen Leute schon verstehen«, meinte ein älterer Kombi-Fahrer, der erst seinen Anhänger abkuppeln und wenden musste, um die Brücke wieder verlassen zu können.

»Sie denken sicher, es trifft die Falschen an der falschen Stelle. Und sie haben recht«, rief der Pressesprecher der »Letzten Generation«, Leo Elgers, ins Mikrofon. Viel lieber wolle man Ölraffinerien oder den Bundestag besetzen, um den Druck zu erhöhen, »angesichts des ungebremst fortschreitenden Klimawandels endlich eine andere Politik zu machen«. Die wenigsten Autofahrer dürften indes - trotz Lautsprecheranlage - die Ausführungen des 24 Jahre alten Mathematikstudenten gehört haben, da die Polizei zu diesem Zeitpunkt die Lahn-Brücke der Heuchelheimer Straße bereits abgeriegelt hatte und weder Radfahrer noch Fußgänger passieren ließ, sondern nur noch Menschen, die sich der Spontan-Demo anschließen wollten.

Das Ziel hatten sich die Aktivisten mit Bedacht gewählt, weil man zum einen gegen den geplanten vierspurigen Neubau der Adenauer-Brücke demonstrieren wollte und zum anderen möglichst nicht den Busverkehr treffen wolle, der zum großen Teil die Sachsenhäuser Brücke benutzt.

Auf der kam es zu langen Staus, die unter anderem auch einen Feuerwehreinsatz behinderten. Die Fahrzeuge hatten Schwierigkeiten, aus der Fahrzeughalle herauszukommen, weil in der Steinstraße alles blockiert war. Auch in der Rodheimer Straße und in der Krofdorfer Straße war nur schwer durchzukommen. Zum Glück verlief der Großeinsatz mit mindestens vier Feuerwehrfahrzeugen dann doch glimpflich. Die ursprüngliche Meldung, dass im Leimenkauter Weg eine Person eingeklemmt sei, bestätigte sich nicht. Letztlich hatte nur jemand im Keller eines Mehrfamilienhauses randaliert.

Ein Notarztwagen, der mit Blaulicht und Sirene ins Klinikum wollte, konnte die Adenauer-Brücke dagegen ohne Verzögerung passieren. Weil sich jeweils nur ein Aktivist auf der Straße und sein Kompagnon an ihm festgeklebt hatte, konnten die Aktivisten eine Rettungsgasse bilden.

Die Polizei nahm die vier zwischen 22 und 44 Jahre alten Männer dennoch zur Identitätsfeststellung mit auf die Wache. »Die strafrechtliche Würdigung der Klebeaktion obliegt der Staatsanwaltschaft. Über das geschilderte Geschehen hinaus blieb die Aktion friedlich und ohne weitere Vorkommnisse«, hieß es am Abend in einer Pressemitteilung der Polizei.

Im übrigen besteht die Chance, dass es sich bei diesem Auftritt der »Letzten Generation« um ein einmaliges Gastspiel handelt. Sollte sich der Gießener Oberbürgermeister mit den Zielen der »Letzten Generation« solidarisieren wie sein grüner Amtskollege in Hannover, werde man keine weiteren Blockaden in Gießen durchführen, versprach Elgers.

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