Geduld ist weiterhin gefragt

Wohnbau-Chefin Dorothee Haberland informierte beim »Runden Tisch« im Nordstadtzentrum über den Stand geplanter Projekte im Gießener Flussstraßenviertel.
Gießen. Nein, es geht noch nicht. Auch wenn Begehrlichkeiten bereits geweckt schienen. Gerade hatte die Wohnbau-Chefin Dorothee Haberland die Pläne für die Bebauung des Areals der Weserstraße neben der Main-Weser-Bahnstrecke beim Runden Tisch des Flussstraßenviertels im Nordstadtzentrum vorgestellt. Und sofort kam die erste Anfrage bezüglich einer Wohnung im neuen Gebäude. Geduld ist gefragt. Denn nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird es noch bis 2025 dauern, bis der gesamte Gebäudekomplex fertiggestellt ist, berichtete Haberland.
Nach langjährigem Leerstand waren die beiden Wohnbau-Wohnhäuser im Oktober 2021 abgerissen worden. Inzwischen liege eine genehmigte Bauvoranfrage für das fast 5000 Quadratmeter große Areal vor, auf dem die Wohnbau-Tochtergesellschaft Wohnbau-Service im östlichen Teil ihre Fahrzeuge bisher abgestellt hatte. Der Bauantrag solle noch in diesem Jahr gestellt werden. Für Mitte 2023 sei der Baubeginn geplant. Entstehen soll ein mehrgeschossiges langgestrecktes Gebäude parallel zu dem Verlauf der Gleise. Zwischen Bahndamm und Gebäude sind Parkplätze vorgesehen.
Eine Kooperation mit Deutschem Roten Kreuz (DRK) und Arbeiterwohlfahrt (Awo) sei vereinbart. So beabsichtige im Erdgeschoss des südlichen Gebäudetraktes (zur Weserstraße hin) das DRK ein Gesundheitszentrum, Sozialdienstleistungen mit Physiotherapie, einzurichten. Die Awo im mittleren Teil eine Tagespflege für Senioren, im nördlichen eine Kita U3 für ein- und zweijährige Kinder. Im Obergeschoss ist ein Bereich für Büros der Awo vorgesehen. Im Rest des Gebäudes wird es 34 Sozialwohnungen geben, die auch über zwei Fahrstühle zu erreichen sind. Das Konzept zielt auf ein Mehrgenerationengebäude mit Dienstleistungen hin. Ob die Dächer begrünt werden, wurde Haberland gefragt. »Das müssen wir erst noch entscheiden«, so die Entgegnung.
Da die Wohnbau-Chefin schon mal zugegen war, musste sie für weitere Fragen von Mietern Rede und Antwort stehen. Ob die Mieter die Änderung des Wohnbau-Logos zu zahlen hätten? Dies werde über den Posten Verwaltungskosten abgedeckt, »refinanziert über die Mieten«.
Wieso in der Sudetenlandstraße 29 bis 33 die alten Holzbalkone seit geraumer Zeit abgerissen seien und sich weiter nichts tue?, wollte Erika Wolf, Mitglied des »Runden Tischs«, wissen. Dies sei den überall zu verzeichnenden großen Lieferverzögerungen geschuldet.
Wann der geplante Abriss der Häuser im Schwarzlachweg/Ecke Werrastraße erfolge? In Kürze werde begonnen, eine Konzeptplanung für das gesamte Flussstraßenviertel zu erstellen. »Erst dann kann gesagt werden, was abgerissen und was für einen gewissen Zeitraum nochmals saniert wird«, so Haberland.
Zufrieden zeigte sie sich, dass »von 400 geplanten Neubauwohnungen 78 geschafft sind.« Da Ein-Raum-Wohnungen im Mietangebot der Wohnbau »nicht akzeptiert worden« seien, »wollen wir nicht mehr maximal viele Wohnungen bauen.« Dadurch, dass künftig nur noch Mehrraum-Wohnungen errichtet würden, werde zwar einerseits die Anzahl der Wohnungen reduziert. »Wir können jedoch mehr Personen unterbringen«, so Haberland. Ob sich bei den derzeitigen »wahnsinnigen Baukostensteigerungen und viel Bewegung in der Förderlandschaft« der Mietpreis von 6,80 Euro pro Quadratmeter mit 30 Cent Aufschlag - falls keine Heizkosten anfallen - halten lasse, könne sie derzeit nicht beantworten. Da entstehe dann Redebedarf mit der Stadt und dem Jobcenter.
Der Energiestandard eines Gebäudes legt fest, wie hoch der Energiebedarf pro Quadratmeter Energiebezugsfläche und Jahr sein darf. Bisher wurde bei der Wohnbau mit dem Gebäude-Energiestandard KfW-Effizienzhaus 40 mit Passivhauskomponenten - bis zu 25 kWh/m2 Heizwärmebedarf pro Jahr - saniert und gebaut. Da gab es zwar die maximale Förderungsmöglichkeit. Allerdings waren die Kosten bei diesem Standard auch relativ hoch. Aus wirtschaftlichen Gründen werde erwogen, die energetischen Standards »leicht zu reduzieren.« Dies bedeute dann künftig KfW 55 - bis zu 35 kWh - mit geringeren Kosten bei baulichen Maßnahmen und Haustechnik. Da ließe sich bei gleicher Finanzsumme mehr sanieren und mehr bauen.
Die Wohnbau stehe vor tiefgreifenden Veränderungen, erzählte Haberland. So würden gerade große Anstrengungen bei der Digitalisierung unternommen. »Sanierungen gibt es auch bei unserer Tochtergesellschaft Wohnbau-Service.« Alle Veränderungen unterlägen dem Anspruch der Effizienzsteigerung.
»Wir entwickeln eine neue Website,« verriet sie. Der bisher nur an drei Wochentagen mögliche direkte Kundenkontakt sei künftig »täglich geöffnet«. Zu erkennen ist bereits das neue, direkt an der Ludwigstraße gelegene, ebenerdige Kundenzentrum, das im Mai offiziell eingeweiht werden soll.