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Geldregen aus Zukunftsfonds

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Die Fördergelder kommen unterschiedlichsten Vorhaben zugute, so auch hier am Standort Gießen. Foto: Docter © Docter

Die UKGM-Standorte Gießen und Marburg erhalten 18,8 Millionen Euro für Modernisierungen bei OP-Technik und IT-Infrastruktur, für die nächsten Digitalisierungsschritte und eine Pandemie-Station.

Gießen . Eine dauerhaft eingerichtete Pandemie-Station für infektiöse Kranke, Videosprechstunden für Patienten, Diagnosebefunde sofort über die elektronische Patientenakte für Ärzte verfügbar machen, bildgebende Verfahren für Chirurgen während einer Operation weiter verbessern und die Digitalisierung entscheidend voranbringen - all das und noch so einiges mehr wird am Gießener Uniklinikum im Laufe der kommenden zwei Jahre realisiert werden können. Ermöglicht wird das durch den von Bund und Ländern aufgelegten Krankenhauszukunftsfonds, mit dem Kliniken in ganz Deutschland modernisiert werden sollen. Aus dem Fonds enthält das Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM) für beide Standorte zusammengerechnet 18,8 Millionen Euro, die halbe-halbe untereinander aufgeteilt werden.

Die entsprechenden Förderbescheide brachte die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn nun persönlich nach Gießen, wo sie sehr dankbare Abnehmer beider Klinika antraf. Dorn glaubte sich zu erinnern, dass es die Übergabe einer solch hohen Summe für das UKGM »seit einigen Jahren nicht mehr gab«.

Verbesserungen bei schwierigen OPs

Gleichzeitig schien es der Grünen-Politikerin - die, wie es der Zufall will, Aufsichtsratsvorsitzende des Uniklinikums Frankfurt/Main ist - nicht ganz unrecht zu sein, diese angenehme Aufgabe gerade jetzt erledigen zu dürfen. Hat doch die Rhön-Klinikum AG, privater Betreiber des UKGM, die mit dem Land Hessen geschlossene Vereinbarung jüngst gekündigt und damit auch bei der Wissenschaftsministerin für Unverständnis gesorgt (der Anzeiger berichtete). Dorn betonte bei ihrem jetzigen Besuch zwar, die Verhandlungen mit Rhön durch weitere Aussagen »nicht unnötig belasten« zu wollen. Jedoch bekräftigte sie ihr »Bedauern« über diese Entscheidung des Konzerns und äußerte die Erwartung, dass es mit den Verhandlungen weitergeht, »auch zum Wohle der Patientinnen und Patienten«. Das Land wollte ursprünglich in den kommenden zehn Jahren knapp eine halbe Milliarde Euro an Investitionsmitteln für das UKGM bereitstellen und hatte dies mit Forderungen verknüpft. Bis Ende dieses Monats sollte eine gemeinsame Absichtserklärung in Vertragsform gegossen werden. Die bestehende Vereinbarung mit dem Land hat die Rhön AG allerdings nun gekündigt, weil eine Verlängerung aus Sicht des Unternehmens »mit großen Nachteilen für das UKGM« verbunden gewesen wäre.

Dessen ungeachtet zeigten sich Dr. Christiane Hinck-Kneip, Kaufmännische Geschäftsführerin des Standorts Gießen, und Prof. Hans-Peter Howaldt, Direktor der Gießener Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, schon voller Tatendrang, wie das erhaltene Geld schnellstmöglich in praktisches Nutzen überführt werden soll. Laut Hinck-Kneip wird die neue Pandemie-Station nicht nur wegen Corona eingerichtet, sondern künftig ebenfalls für Patienten »mit welcher Infektion auch immer« zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, die Betroffenen zu betreuen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die nächsten Digitalisierungsschritte sollen neben Videosprechstunden mit Klinikärzten auch Visiten am Krankenbett »erleichtern«. So seien dann »sofort Anweisungen an das Pflegepersonal«, was beim jeweiligen Patienten zu beachten ist, möglich. Darüber hinaus will man die Patienten-Onlineportale optimieren, kündigte sie an.

Howaldt erwartet sich durch Verbesserungen der intraoperativen Bildgebung, mit der Chirurgen jeden OP-Schritt verfolgen können, Vorteile unter anderem bei schwierigen Operation von Gehirntumoren an der Schädelbasis oder von Prozessen in der Augenhöhle etwa bei Kindern. Überdies verspricht er sich Fortschritte für die Planung von Eingriffen verschiedenster Art und die Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen, wenn vorliegende Laborwerte und Aufnahmen per elektronischer Patientenakte abrufbar sind. Wenngleich man in puncto Krankenhausinformationssystem »schon viel erreicht hat«, betonte er. So gibt es am hiesigen Standort bereits seit längerer Zeit elektronische Patientenakten, während man in Marburg diesbezüglich noch in den Startlöchern steht.

»Höchster Standard bei IT-Sicherheit«

Um die Sicherheit ihrer Krankendaten müssen sich UKGM-Patienten offenbar keine großen Gedanken machen. Wie die Kaufmännische Geschäftsführerin am Standort Marburg, Dr. Sylvia Heinis, auf Nachfrage dieser Zeitung deutlich machte, verfügen beide Klinika bei ihrer IT-Infrastruktur »über den höchsten Sicherheitsstandard, der derzeit erreicht werden kann«. Im Übrigen würden die zugänglichen Daten »nur stationäre Aufenthalte« am UKGM betreffen, sagte Hinck-Kneip. Aus Sicht des Ärztlichen Geschäftsführers am Standort Marburg, Prof. Uwe Wagner, gilt es in Sachen Digitalisierung noch so einige Barrieren zu überwinden. Beispielsweise seien Patienten oftmals »IT-affiner« als so manch »älterer« Arzt.

Die Fördergelder werden in Gießen aber nicht nur in Technik, sondern auch in Köpfe investiert. So berichtete Howaldt, dass man damit eine Neuberufung für das Chirurgenteam »retten kann«, nachdem man zuvor nur einen Teil der Berufungswünsche des neuen Kollegen, der aus Magdeburg nach Gießen wechselt, erfüllen konnte.

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