Gemeinsam Gutes tun

Gießen. Gutes essen, Edles trinken, feiern mit der Familie - das ist für viele Menschen das, was sie vor allem mit Weihnachten verbinden. Schön! Aber ist das große Fest nicht noch ein bisschen mehr? Schon, denn der wahre Geist der Weihnacht wohnt in unseren Herzen - und nicht in unserem Bauch.
Weihnachten ist vor allem Teilen, Geben und Schenken. So wie der kleine Michel aus Lönneberga es uns vorgemacht hat, als er das Festessen der Familie an die Armen verteilte. Von einer ähnlich guten Tat erzählt diese Geschichte.
5. Dezember, es ist ein grauer, ein nasskalter Tag. Wir be-suchen Schülerinnen und Schüler eines Kurses im Fach Arbeitslehre der Jahrgänge 9 und 10 der Sophie-Scholl-Schu-le. Heute soll hier gebacken werden - für einen guten Zweck. Noch riecht es in der Aula aber nach Mittagessen. Als alles abgeräumt ist, ver- wandeln Lehrerin Svenja Koch und ihre Schülerinnen und Schüler den Raum ruckzuck in eine kleine Weihnachtsbäckerei. Plätzchen sollen gebacken, hübsch verpackt und in der Schule verkauft werden. Auch Weihnachtskarten werden gebastelt, von einer Gruppe Jungs, die sich mit Stiften, Scheren, Pappe und Kleber ans Werk macht.
Das Projekt des Kurses wur-de detailliert geplant und vor-bereitet. Jeder hat seine Aufga-be. Kleine Gruppen kümmern sich um Dinge wie Kostenaufstellung, Buchung der Küche, Kauf der Zutaten, Öffentlichkeitsarbeit. Andere leiten per Mail Informationen an die Schulleitung weiter. Auch Hygieneregeln werden aufgestellt. Kurz gesagt: Der Kurs hat sich in ein kleines Unternehmen verwandelt. Und alle sind mit Spaß dabei.
Vicky, die für den Kontakt zur Schulleitung zuständig ist, und Lucien von der Gruppe Öf- fentlichkeitsarbeit, sind begeistert vom Projekt: »Wir alle arbeiten zusammen, sind ein gutes Team«, sagt Lucien. Bei den beiden Schülern werden auch zu Hause Plätzchen gebacken. »Weihnachten gibt es immer Plätzchen, die gehören einfach dazu«, sagt Vicky. Beide loben ihre Lehrerin. »Frau Koch setzt sich richtig ein für das Projekt«, sagt Lucien. Die Frage, ob sich der Blick der Jugendlichen auf Weihnachten durch das Vorhaben verändert habe, beantwortet Vicky mit einem langgezogenen »Jaaaa« - und einem Lächeln. Lucien ergänzt: »Wir haben erkannt, dass wir Weihnachten auch an andere denken sollten, an Menschen, die es nicht so gut haben, die krank sind und Hilfe brauchen.« Deshalb werde die Gruppe das Geld vom Verkauf der Plätzchen und der Karten an das »Familienzentrum für krebskranke Kinder« in Gießen spenden. »Wir können dort mit dem Geld helfen, wir können gemeinsam Gutes tun«, sagt Lucien. »Passt gut zu Weihnachten«, ergänzt Vicky. An den Tischen wird unterdessen fleißig gearbeitet. Der am Morgen hergestellte Teig wird ausgerollt. Mit Förmchen werden die Plätzchen ausgestochen, auf die Bleche gelegt - und dann geht es ab in den Ofen. Die Backzeit ist kurz, deshalb muss gut aufgepasst werden. Schließlich wird das abgekühlte Gebäck noch verziert - Engel sind dabei das be-liebteste Motiv. Und auch die Gruppe, die Weihnachtskarten bastelt, ist gut vorangekommen. Am Nachmittag sind Dutzende Karten fertig für den Verkauf. »Weil alles so schön war, haben wir heute noch mal gebacken. Gestern haben uns übrigens noch die Kinder der Back-AG geholfen«, teilt Svenja Koch am 6. Dezember, dem Nikolaustag, mit. »Das passt alles gut zu dem Motto des Projekts: ›Gemeinsam sind wir stark,‹« Am Mittwoch, 7. Dezember, kommt eine neue Meldung: »Der Verkauf läuft gut, die Kinder freuen sich, sind stolz auf ihre Arbeit.« Einen weiteren Tag später wird verkündet: »Alle Plätzchen und fast alle Karten sind verkauft. Ein Riesenerfolg für die Gruppe«, schreibt Svenja Koch.
Montag, 12. Dezember: Die Gruppe wird im Familienzentrum in der Friedrichstraße zur Spendenübergabe erwartet. Beate Steinmüller. Leiterin des Familienzentrums, und ihre Stellvertreterin Wilma Schäfer erzählen von ihrer Arbeit. »Manche Eltern wohnen bis zu eineinhalb Jahren hier - um nah bei ihren im Klinikum behandelten Kindern zu sein. Was das für die jeweilige Familie bedeutet, ist den Schülerinnen und Schülern klar. Da sind zunächst die kleinen Patienten. Da ist die Angst um das an Krebs erkrankte Kind. Da sind die Geschwister, die darunter leiden, dass die Familie für lange Zeit getrennt ist. Da sind die Eltern, die funktionieren und ihren kranken Kindern beistehen müssen.
»Die Krebsforschung hat gerade bei der Behandlung von Kindern große Fortschritte gemacht«, erzählt Beate Steinmüller. »Trotzdem sterben immer noch Kinder.« Das wissen auch die Schülerinnen und Schüler. Vielleicht sind sie - im Vergleich zu dem Tag, an dem in der Schule Plätzchen gebacken wurden - genau deshalb eher leise und verhalten.
Frau Steinmüller und Frau Schäfer sind sozusagen die guten Seelen des Hauses. Sie kümmern sich um alles, was benötigt wird - und sind zugleich Seelsorgerinnen, Trösterinnen und Beistand.
»Wir finanzieren uns komplett durch Spenden«, sagt Wilma Schäfer. 365 Euro sind dazugekommen. Eine schöne Summe. Aber nicht nur deshalb sind die Heimleiterinnen gerührt. Dass Jugendliche Kindern helfen, ist das Besondere an dieser Spende. Und deshalb ist die Aktion ein großes Geschenk an alle, die gegeben und an alle, die empfangen haben. Vicky würde sagen: Passt gut zu Weihnachten ...
Mitgeholfen haben in der Schule auch die Kinder der Startbahn und die Schüler der Klasse 5/6c, jeweils unter der Leitung von Bettina Schmitz. Dank gebührt auch den Schülerinnen und Schüler der Koch-Back-und-Kreativ-AG unter der Leitung von Lola van Elkan.
Das Familienzentrum finanziert sich komplett über Spenden. Wer also Gutes tun möchze, kann dem Verein Spenden auf diese Konten überweisen: Volksbank Mittelhessen: IBAN DE35 5139 0000 0003 7675 07
Sparkasse Gießen: IBAN DE73 5135 0025 0200 5917 11
Fotos: Svenja Koch/bb











