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Gesammelte Erzpigmente verarbeitet

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Ungewöhnliche Installation: Der »Garten des Geldes« von Line Krom im Kunstturm Mücke. © Schultz

Im Kunstturm Mücke blüht und gedeiht nun der »Garten des Geldes«, eine ungewöhnliche Installation, die eine gärtnerische Szenerie mit den Eigenschaften und Nutzungen des Eisens verwebt.

Mücke (hsch). Die Kunst ist überall im Land, nicht nur in der Stadt. Das zeigte sich mal wieder bei der Eröffnung der Ausstellung der Frankfurter Künstlerin Line Krom im Kunstturm Mücke. Dort blüht und gedeiht nun der »Garten des Geldes«, eine ungewöhnliche Installation, die eine gärtnerische Szenerie mit den Eigenschaften und Nutzungen des Eisens verwebt. Am Sonntag war die auch von der Gießener Kunstszene sehr gut besuchte Eröffnung.

Kurator Thomas Vinson (mit Volker Schönhals) gefiel die Einsehbarkeit des Kunstraums von drei Seiten durch die raumhohen Fenster, »fast wie eine Mega-Vitrine«. Es sei sehr schön, dass man in dem Raum Dinge entdecke und sich dann frage, welche Objekte gefunden und welche eigens für die Schau geschaffen worden seien.

Unerwartete Vielfalt

Gemeint sind diverse Glasbehälter, Flaschen und Tiegel, in denen sich Pflanzen befinden, offenkundig bei bester Gesundheit und in einer unerwarteten Vielfalt. Aber auch Substanzen wie Eisenoxid, -pigment und andere Materialien sind da konserviert, gemeinsam mit diversen kleinen oder sogar recht großen Eisenbrocken, alles auf Erzwanderwegen in der Region gesammelt - einmal sogar eine Amphore. Man sieht Wascherz, 20 Millionen Jahre alt, und die Eisen Amphore stammt etwa von 1890.

Zudem nutzt Krom »das Erzpigment auf eine neue Weise«, nämlich malerisch. In einer Serie finden sich zudem Erdpigmente, gesammelt auf den regionalen Erkundungsgängen. Hinzu kommen Pflanzenabdrücke aus einem Gemisch von Gips und Alabaster. Zudem sieht man schwungvolle Collagen, die Stadien des Konzepts der Arbeit zeigen und ein Herbarium mit gepressten Pflanzen, mit genauer Auflistung ihrer Funktion und des Ortes, an dem sie wachsen.

»Ich beschäftige mich schon länger mit Phyto-Mining, also damit, wie Pflanzen Metalle in sich anreichern«, sagte Krom. In der Landschaft um Mücke habe sich die Chance ergeben, ein wenig zu forschen und auf den drei Erzwanderwegen die ganze Landschaft zu erschließen. Sie habe nach Zeigerpflanzen gesucht, Indikatoren für bestimmte Metalle, habe Erd- und Gesteinsproben genommen und Proben der verschiedenen Wasserarten, wie sie in den Erzgruben vorkommen. »Mich hat interessiert, woran ich in dieser Landschaft sehen kann, dass es hier Eisen gibt.« Es wurden Samen gesammelt, im Januar wurde begonnen, Pflanzen vorzuziehen, die schließlich im Kunstraum und draußen ausgebracht wurden; das gesamte Projekt ist etwa ein Jahr alt.

Die Synthese ihrer künstlerischen Forschung sei in einem Epos zusammengefasst, das als Textfahne innen von der Decke hängt. »Man muss aber nicht alles lesen, ums zu verstehen«, sagte Krom. Es gäbe noch viel zu erforschen, schloss sie, »was man hier sieht, ist nur die Spitze des Eisbergs.«

Aufgrund des biologischen Charakters der meisten Elemente der Schau seien konkrete Veränderungen zu erwarten, fügte Vinson hinzu und kündigte einen Katalog zum Projekt an.

Im Kunstraum fällt unter anderem ein Gemälde auf, das zunächst erdfarben gestaltet wirkt. »Das ist Eisenpigment, das mit Kasein aufgetragen wurde«, erklärt Krom, »das rostet so vor sich hin. Ich wollte wissen, wie sich das Eisenpigment mit der Zeit verändert und welche Farbschattierungen entstehen. Es ist auch ultraschwer«. Dabei sind keine konservierenden Substanzen oder Maßnahmen angewandt worden. »Die Farbigkeit ändert sich je nach Untergrund oder Bindemittel. Ich wollte, dass es auch ein bisschen lebendig bleibt.« Es ging auch darum, »Wie das Eisen die Landschaft erzählt«, sagte Krom. In dem eher poetischen Text, der von der Decke herunter hängt, fügt Krom einige gereimte Gedanken zusammen. Ein kleiner Eindruck vom Erzwanderweg: »Selten ist das Element allein, es will mit möglichst vielen befreundet sein. Aufgrund des Eisens Wunsch, sich wahllos zu binden, war es selten allein zu finden.« So poetisch steht das zumindest in keinen Lehrbuch.

Pflanzliche Installation

Die Hauptattraktion ist die pflanzliche Installation im Kunstraum, ein Art Beet, das etwa die Hälfte einnimmt. Hier findet Kroms grüne Alchimie statt, alle Pflanzen sind eigens ausgewählt und absichtlich kombiniert. Kleine Pumpen schicken dünne Wasserstrahlen ins Beet, alles ist genauestens austariert. Offizieller Titel des Werks: »Living Environment aus lokalen Erden, Pflanzen und Wasser, 2022.« Auf diese Weise (Phyto-Mining) kann schließlich im Kunstturm irgendwann Eisen geerntet werden. Line Krom visualisiert diesen Prozess fantasiereich und in vielen Facetten, die Schau ist eng mit der Region und ihren Materialien und der Geschichte verbunden.

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