Geschichten zu den Gräbern

Gießen (red). Die Geschichten zu den Gräbern bietet die seit 2014 bestehende bundesweite Friedhofs-App www.wo-sie-ruhen.de. Nachdem damals der Frankfurter Hauptfriedhof der einzige aus Hessen war, der darin aufgenommen wurde, beteiligte sich nun auch die Stadt Gießen mit ihrem Alten Friedhof an dem Digitalprojekt, wie der Freundeskreis Alter Friedhof in einer Pressemitteilung berichtet.
Unterwegs oder am heimischen PC
Bei einer zweiten Erfassung 2016 mussten die beteiligten Kommunen sich mit der Hälfte der angesetzten Summe für je 25 Grabstätten an den Kosten beteiligen. Das Gartenamt Gießen hat damals die Chance genutzt und tat dies jetzt, bei der dritten Erfassung im Jahr 2022, erneut. Mittlerweile sind demnach alle Texte und Fotografien bundesweit in die Website eingespeist, mit virtuellen Karten verknüpft und die Texte eingesprochen. Mobile Menschen können sich vor Ort mit ihrem Smartphone per QR-Code einloggen und über den Friedhof wandernd die Geschichten und Informationen zu den Gräbern abrufen. Es lässt sich aber auch ganz bequem daheim am PC anschauen. Dabei lassen sich Blicke auf zahlreiche andere Friedhöfe werfen.
Zur ersten Erfassung 2016/17 gehören laut Freundeskreis die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Alten Friedhofs, ein Beitrag zur Kapelle und Grabsteine von Persönlichkeiten ringsum, darunter Liebknecht, Vogt und Rumpf sowie die Totenhäuser der Familien Todenwarth und Sinold. Auch die kunsthistorisch bedeutsamen Grabgestaltungen, wie bei Carl Gail an der Südmauer, sind dabei. Am Ende des Rundgangs werden auch die Denkmale für die Toten des Krieges 1870/71 vorgestellt und der daneben liegende jüdische Friedhof, wo sich das Grab von Rabbiner Dr. Benedict Levi befindet.
Mit der aktuellen Erweiterung um zehn Grabstellen ist der Rundweg größer geworden, führt bis zur Süderweiterung ganz oben, wo neben Wilhelm und Minna Gail auch Prof. Ludwig Hüter vorgestellt wird. An der Ostmauer sind die Familien Laubenheimer-Koeppe, Ludwig Stieda, Adolph Noll und Hermann Stempel dazugekommen. Eine weitere Entdeckung dürfte das Grab des Theologen Friedrich Simon sein, Ehrenbürger der Stadt, und das Grab von Prof. Étienne Laspeyres, Erfinder des nach ihm benannten Index‹, der bis heute als Börsenmaß für Teuerung gilt.
Der aus Frankfurt versetzte Grabstein für den Bühnenbildner und Oscar-Preisträger Hein Heckroth ist nun leichter zu finden, ebenso der neu gestiftete auf dem Grab des Neuseelandforschers Ernst Dieffenbach. Gleiches gilt für die Gräber des Mediziners Georg Haas, Erfinder der Dialyse, und des Germanisten Karl Weigand, der Gießen einst zur Wörterbuchzentrale Hessens machte. Und einige mehr.
Die Orte sind nummeriert, damit man den Rundgang möglichst gut ablaufen kann. Die neu hinzugekommen Grabstätten wurden dabei integriert, die Nummerierung hat sich dadurch geändert.