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Geteilte Emotionen

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Gießen. Ein Riesenvergnügen bereitete das Deutsche Saxophon Ensemble seinem Publikum beim jüngsten Basilikakonzert des Vereins Gießener Meisterkonzerte. Das bestens disponierte Quartett musizierte vor vollem Saal Werke von Vivaldi, Reinhart, Gotkovsky und Dubois. Die auf höchstem Niveau präsentierte Mischung aus klassischer und sensibel modernisierter Musik erwies sich als Hochgenuss.

Annalena Neu (Sopransaxophon), Monika Leufgen (Altsaxophon), Regina Reiter (Tenorsaxophon) und Katharina Stashik (Baritonsaxophon) sind ein erfolgreiches Ensemble. Seit Jahren sind sie international gefragt und auch bereits in zahlreichen TV-Sendungen zu sehen gewesen. Bei ihrem Gießener Gastspiel ging es wunderbar leicht und beschwingt los: mit einer eigenen Bearbeitung von Vivaldis Concerto in g-Moll F XI n.21 in drei Sätzen. Man ahnte schon die starke Energie, die die Zuhörer umgehend ergreifen würde. Dann getragen, aber mit Elan und sehr stimmig, schließlich auf sanfte Art mitreißend, fast tänzerisch.

Der Höhepunkt des Programms folgte, nämlich Hugo Reinharts (Jahrgang 1958) »Quatuor en fa mineur« in vier Sätzen. »Seine Tonsprache ähnelt der Haydns«, sagte Moderatorin Katharina Stashik über das Originalwerk. Tatsächlich klang das paradox, eine klassische Tonsprache mit dezidiert moderner Anmutung, wobei beides ausgezeichnet zusammenpasste und für ein gewisses Prickeln sorgte. Zugleich wies das Werk anmutige Wendungen auf. Der Höhepunkt war der dritte Satz (Adagio), der sich anfühlte, als wäre man am Wandern, fast andächtig - einfach schön. Der klassische Duktus des Finales wurde prall mit Energie aufgeblasen und eine faszinierende Spannung erzeugt; der interessanteste Titel.

Ida Gotkovskis (Jahrgang 1933) »Quatuor de Saxophones« in drei (von sechs) Sätzen zeigte die Fähigkeit des Ensembles, einen wunderbar narrativen Fluss zu erzeugen und Passagen sachte zu entwickeln. Glanzlicht war das Scherzo: ein flotter, dann wilder Lauf zum Auftakt, später wechselte lebhaftes Sprudeln zu anderen Rhythmen über. So ergab sich ein hochpräzises In- und Miteinander.

Das Ensemble besticht durch seine Fähigkeit zu geradezu intimer Berührung des Hörers. Mit herausragender Geschlossenheit bilden die vier Musikerinnen Emotionen fast bildlich ab und nehmen ihr Publikum mit in die verschiedensten emotionalen Gefilde. Dazu gehören auch dramatische, ja wilde Elemente. Ansteckend ist auch ihre enorme Spielfreude, die kaum zu bändigen scheint. Auffallend ist, wie einleuchtend viele der Kompositionen ihren Streichercharakter zwar bewahren, aber im Saxophonklag gleichsam ein neues Leben erhalten. Faszinierend, wie dieses Ensemble auch die diffizilsten Klang-Cluster mit Transparenz ausstattet. Am eindrucksvollsten sind aber die emotionalen Momente. Die Musikerinnen teilen sie allesamt.

Auch Pierre Max Dubois’ »L’imprevu«, Enrique Granados’ »Oriental« (aus »12 Danzas Españolas«) und Paul Rades »Saxophone quartet« (er schrieb vor allem für Ballett und Film) erstrahlten schließlich unter den kundigen Händen dieses Ensembles in jeweils ganz eigenem Glanz - ein vollkommener, seltener Genuss. Hoffentlich kommen diese Saxophonisten mal wieder vorbei.

Die Reihe der Basilikakonzerte auf dem Schiffenberg wird am Sonntag, 10. Juli, um 11.30 Uhr fortgesetzt mit dem Duo Anna-Lena Perenthaler (Violoncello) und André Dolabella (Klavier).

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