Gewerkschaftlicher Donnerhall

Am Kirchenplatz versammelten sich 600 Demonstranten des Zuges durch die Straßen der Stadt und dazu noch einige mehr zur Abschlusskundgebung und anschließendem Familienfest versammelt.
Gießen . 19 lange Tage Streik am UKGM. »Vorher hatten wir 1000 Mitglieder unter der Belegschaft. Jetzt sind es 500 mehr«, ruft Frank Egges als Gewerkschaftsmitglied ins Mikrofon am Kirchenplatz. Hier haben sich die 600 Demonstranten des Zuges durch die Straßen der Stadt und dazu noch einige mehr zur Abschlusskundgebung und anschließendem Familienfest versammelt. Wie ein Donnerhall wirkt die gesamte Veranstaltung.
»Wir haben den Leuten aufs Maul geschaut und geguckt, wo der Schuh drückt«, ist für Egges der Schlüssel zu diesem Erfolg. Mikrofonpartnerin Regina Dickey vom UKGM-Betriebsrat ist überzeugt: »Wir werden die vielen neuen Mitglieder auch behalten können.« Ihre Begründung: »Wir wollen, dass die Beschäftigten uns sagen, was wir mit dem Arbeitgeber verhandeln sollen.« DGB-Gewerkschaftssekretär Robin Mastronardi lobt das gute Ergebnis der Verhandlungen mit dem UKGM und leitet zum nächsten Bereich über: »Nicht nur die Gesundheit ist wichtig. Auch die Bildung!«
SPD-Landtagsmitglied Nina Heidt-Sommer sprach als Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). »Ohne uns hätte es die Verbesserungen in den Tarifverträgen nicht gegeben.« Auch nicht die Anhebung der Bezahlung der Grundschullehrkräfte auf A13. »Gute Arbeitsbedingungen im Bildungsbereich sind die Voraussetzung für gute Arbeit in diesem Sektor.« Dies habe die hessische Landesregierung noch nicht verstanden. »Denn in den Kitas, Schulen, Musikschulen. Volkshochschulen und Hochschulen ist trotz massiver Arbeitsverdichtung und rasant steigender Aufgaben in den letzten Jahren nicht ausreichend Personal eingestellt worden.« Dieser Fehler sei teuer und fatal. Und damit seien die Zukunftschancen junger Menschen verspielt. »Nur wenn es ausreichend gut ausgebildetes Personal gibt, kann Chancengleichheit umgesetzt werden.«
Unterfinanzierte Wissensgesellschaft
Niklas und Moritz bliesen als Hilfskräfte im wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Bereich von Hochschule und Forschung ins selbe Horn: »Wie soll die Wissensgesellschaft funktionieren, wenn alles unterfinanziert ist?« Studierende treffe dies doppelt. Und zwar auch als studentische Hilfskraft. »Mit dem Mindestlohn entgolten sind wir billiger als die anderen, haben zudem noch weniger Rechte.«
»Wir sind die, die die Wirtschaft am Laufen halten. Wir sind die, die harte Arbeit verrichten und die Profite erwirtschaften. Aber viel zu oft werden wir dabei noch immer ausgebeutet, unterbezahlt, ignoriert und unsere Stimme wird nicht gehört«, ruft DGB-Kreisvorsitzender Klaus Zecher ins Mikrofon. »Deswegen sind wir heute am Tag der Arbeit auf den Straßen. Und viele andere Menschen auf der ganzen Welt. Es ist ein internationaler Tag der Solidarität. Ungebrochen und weltweit.« Hier sein und laut sein, um die Solidarität mit den vielen Streiks und Protesten auf der ganzen Erdkugel zu bekunden. Um gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne einzustehen. »Ungebrochen solidarisch« - so auch das Motto des diesjährigen Tages der Arbeit - machten sich die Gewerkschaften zu allererst stark für soziale Gerechtigkeit.
Kaum sei nach der Pandemie trotz des russischem Angriffskrieges auf die Ukraine und während der anhaltenden Inflation wegen gestiegener Energiekosten wieder etwas Licht am Horizont, wolle die Wirtschaft nach Firmenrettungen durch Stabilisierungsfonds, Geld für Kurzarbeit gegen eine drohende Massenarbeitslosigkeit - alles durch den Staat getätigt - diesen erneut zurückdrängen. »Doch wir sind froh, dass wir einen handlungsfähigen und sozialen Staat haben.« Dieser müsse gesichert und ausgebaut werden, um nun die Weichen für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft zu stellen. »Und dafür setzen sich die Gewerkschaften ein.«
Bei den Zwischenstopps des die Veranstaltung auf dem Kirchenplatz eröffnenden Demonstrationszuges durch Gießens Straßen sprachen Steffi Kraft und Luis Menzeler von der IG Bau und der IG Metall, Jan Meyer als stellvertretender Regionalleiter IG Bau Hessen. Jenny Jörges und Asis Hassan von der DGB-Jugend forderten vor dem Gewerkschaftshaus in der Walltorstraße/Ecke Asterweg auch einen Tarifvertrag für Studenten und »mehr Inklusion statt Exklusion« sowie damit einhergehend mehr Behinderte in den normalen Arbeitsmarkt!«