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Gießen in vollen Zügen

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Von: Felix Müller

Um die Gießener Lehrjahre des bedeutenden Chemikers Fresenius ging es bei einem Vortrag im Oberhessischen Museum anlässlich der aktuellen Ausstellung »Made in Hessen«.

Gießen. »Forsche gründlich, rede wahr, schreibe bündig, lehre klar,« lautet ein Zitat von Carl Remigius Fresenius (1818-1897), dem berühmten deutschen analytischen Chemiker und Begründer des heutigen SGS Institut Fresenius sowie der Hochschule Fresenius in Bad Homburg und Wiesbaden. »Ein Spruch, den sich jeder heutige Professor und jede Professorin hinter die Ohren schreiben kann«, wie Referent Prof. Leo Gros am Donnerstagabend befand. Anlässlich der Sonderausstellung »Made in Hessen - Globale Industriegeschichte« im Alten Schloss beleuchtete der langjährige Dozent der Hochschule Fresenius in seinem kurzweiligen Vortrag das Leben des Liebig-Schülers Carl Remigius Fresenius. Für den Vater der analytischen Chemie spielte die Stadt Gießen eine bedeutende Rolle.

Denn Fresenius lernte sein Handwerk bei Justus Liebig, dem bekanntesten Sohn der Stadt. Von 1842 bis 1845 war der in Frankfurt geborene Chemiker Privatassistent des Namensgebers der Gießener Universität. Dabei standen nicht nur private Lesungen bei Liebig auf dem Lehrplan, auch das damals typische Studentenleben wurde in vollen Zügen genossen. »Beim Herrn Liebig lief nicht alles so trocken und konservativ, da wurde auch mal das ein oder andere feucht-fröhliche Fest gefeiert. Laut einigen Überlieferungen, waren beide bekennende Weinliebhaber«, schmunzelte Leo Gros, der die Hochschule Fresenius bis 2016 leitete. Wo der Student Carl Remigius Fresenius während seiner Studienzeit in Gießen lebte, lässt ich nicht mit absoluter Sicherheit sagen, die Vermutung liege aber nahe, dass er eine Wohnung in der heutigen Wolkengasse bezog.

Dort hielt Fresenius nicht nur wissenschaftliche Vorlesungen, sondern sprach auch über »polizeiliche Chemie«, oder experimentierte mit selbstgebastelten Stinkbomben. Seine Kommilitonen nannten ihn nur »System«. »Er war generell ein sehr proaktiver und geselliger Mensch, der aber auch seine Auszeiten brauchte. Speziell in Gießen war er auf Freiersfüßen unterwegs«, berichtete Gros.

Neben den amüsanten Einblicken in das Studentenleben von Fresenius sprach der Experte auch über die zahlreichen bedeutenden Forschungsergebnisse des Chemikers. So entwickelte er Methoden zur qualitativen und quantitativen Bestimmung der Inhaltsstoffe von Mineralwässern, Soda und Metalllegierungen, zum Erkennen von Zementfälschungen und zur Haltbarkeit von Dachziegeln. Nicht zu vergessen ist seine 1862 veröffentlichte »Zeitschrift für analytische Chemie« - ein bis heute hoch angesehenes und fortlaufendes Fachblatt. (Heutiger Name: Analytical and Bioanalytical Chemistry).

Fresenius gilt zudem als Vorreiter der heutigen Spurenanalytik und hinterließ diese auch in der Forensik. Dort gelang dem Chemiker durch Experimentaluntersuchungen der Nachweis von Arsen - dem Mittel für Giftmorde. »Fresenius war Wissenschaftler, Autor, Problemlöser, Lehrer und Unternehmer,« fasste Gros zusammen. Und somit passt der Liebig-Schüler, der vor 175 Jahren die Einrichtungen, die heute als SGS-Institut Fresenius und als Hochschule Fresenius weiterleben, mit seinen zahlreichen Errungenschaften perfekt zur Sonderausstellung »Made in Hessen - Globale Industriegeschichten«, die im Oberhessischen Museum zu sehen ist. Erzählt werden dort Industriegeschichten aus Hessen.

Die Ausstellung »Made in Hessen - Globale Industriegeschichte« (Eintritt frei) ist bis zum 15. Oktober im Oberhessischen Museum zu sehen. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Alle Programmpunkte sind über die sozialen Kanäle und die Homepage des Museums über www.giessen.de sowie über die eigens für die Ausstellung eingerichtete Seite www.made-in-hessen.online zu erfahren.

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Leo Gros berichtete von den bewegten Jahren des Chemikers in Gießen. Foto: Müller © Müller

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