Gießener sollen sich sicherer fühlen

Der Berliner Verein »Heimwegtelefon« bietet eine telefonische Wegbegleitung in den Abend- und Nachtstunden hat. Die Stadt Gießen plant nun eine Kooperation
Gießen . Schlecht beleuchtete Straßen, Unterführungen, die nicht einsehbar sind oder einfach nur ein mulmiges Gefühl im Bauch - Gründe, sich im Dunkeln als Fußgänger unsicher zu fühlen, gibt es reichlich. Die Stadt Gießen hatte daher im vergangenen Jahr eine Online-Befragung gestartet, um herauszufinden, was die Gießener brauchen, um sich auf dem Weg durch die dunkle Stadt sicher zu fühlen. Ein Baustein könnte die Kooperation mit dem Berliner Verein »Heimwegtelefon« sein. Dieser bietet eine kostenlose, telefonische Begleitung für den Nachhauseweg in den Abend- und Nachtstunden an. Wer das Angebot des Vereins nutzt, wird über den gesamten Heimweg von einem Ehrenamtler am Telefon begleitet. Dabei erfasst der Verein auch Telefonnummer und Wegstrecke, um im Notfall Polizei und Rettungsdienst zu alarmieren.
Die CDU-Fraktion hat nun einen Antrag vorgelegt, wonach die Stadt eine Kooperation mit dem Verein eingehen soll. Zwar kann die Hotline bereits jetzt aus ganz Deutschland angerufen werden. Mit einer Kooperation, wie sie die Stadt Wiesbaden im vergangenen Jahr eingegangen ist, soll das gemeinnützige Angebot gefördert und bekannter gemacht werden.
Das Angebot des Vereins könne »das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen stärken«, begründete Volker Bouffier den Antrag seiner Fraktion in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Die Angst im Dunkeln könne jeden betreffen, egal ob Frau oder Mann, ob jung oder alt. »Auch in Gießen gibt es Ecken, an denen man sich unwohl fühlt.«
Diskussionsbedarf gab es im Anschluss wenig, die Ausschussmitglieder waren sich weitgehend einig, dass es sich um ein sinnvolles Angebot handelt, »dass sich in andere Projekte der Stadt einfügen würde« (Vera Strobel, Grüne). FDP-Fraktionsvorsitzender Dominik Erb gab zu bedenken, dass gerade die Bewerbung des Angebots dazu führen könnte, dass Menschen sich unsicherer fühlen.
Laut Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher hatte die Stadt bereits vor dem Antrag eine entsprechende Anfrage an den Verein gestellt, befinde sich aber noch auf einer Warteliste. Offenbar hatten sich gleich mehrere Rathauschefs an den Verein gewandt, nachdem Wiesbaden als erste große Kommune eine Kooperation beschlossen hat.
Das »Heimwegtelefon« gibt es seit 2011, der dazugehörige Verein wurde 2018 gegründet. »Es geht in erster Linie darum, Sicherheit zu schenken. Durch ein nettes Gespräch haben die Anrufenden das Gefühl, nicht alleine nach Hause zu gehen. Dadurch fühlen sie sich nicht nur wohler, sondern strahlen auch eine größere Sicherheit aus«, heißt es auf der Webseite des »Heimwegtelefons«. Schon allein diese Ausstrahlung könne Straftaten verhindern. Komme es aber dennoch zu einem Übergriff, könnten die Ehrenamtlichen umgehend Hilfe anfordern.
Nach Angaben des Vereins engagieren sich derzeit rund 100 Menschen für den sicheren Nachhauseweg. Das Angebot soll weiter ausgebaut werden, um die steigende Nachfrage zu decken. Wann die Kooperation mit Gießen starten kann, steht noch nicht fest.
Das »Heimwegtelefon« ist deutschlandweit unter der Telefonnummer 030/12074182 erreichbar. Die telefonische Begleitung wird sonntags bis donnerstags zwischen 21 und 24 Uhr angeboten sowie freitags und samstags zwischen 21 und 3 Uhr. Es fallen die normalen Telefongebühren an, wer eine Flatrate hat, zahlt nichts.