Gratis surfen beim Busfahren

Ab Januar gibt es in allen Gießener Stadtbussen einen kostenlosen Wlan-Zugang. Auch damit soll der ÖPNV attraktiver werden.
Gießen . Für die Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) kommt das Christkind in diesem Jahr eine Woche später. Ab 1. Januar bieten die Stadtwerke Gießen (SWG) und ihre Tochter MIT.BUS kostenloses Wlan in allen Stadtbussen an.
Es ist eine Standardfloskel. Wer mehr Menschen aus ihren Autos heraus und in Busse und Bahnen locken will, muss den ÖPNV attraktiver machen. Das bedeutet in erster Linie natürlich modernere Fahrzeuge, mehr Verbindungen und einen engere Taktung der Linien. Allerdings kann man auch schon mit vergleichsweise geringen Kosten einen echten Mehrwert bieten.
Ab dem kommenden Jahr kann beispielsweise jeder Busnutzer kostenlos in (fast) allen 56 Stadtbussen zum Nulltarif im flotten LTE-Standard surfen. Ausgenommen sind lediglich fünf ältere Fahrzeuge, die in Kürze ausgemustert und durch neue - mit Internet - ersetzt werden. Mit den notwendigen Routen wurde die SWG-Flotte seit Ende Oktober aufgerüstet. Zumindest in dem Fahrzeug, vor dem sich die Verantwortlichen fürs Pressefoto aufstellten, funktionierte am Montag das Wlan jedenfalls schon tadellos.
Argument für Umstieg
»Das ist ein richtiger Komfort-Vorteil und ein Argument mehr, umzusteigen«, schwärmt MIT.BUS-Geschäftsführer Mathias Carl bei der Vorstellung des Projekts.
Neben dem Big-Data-Projekt NV-ProVi, das Fahrgäste mit Informationen zur Pünktlichkeit und aktuellen Platzauslastung in Echtzeit versorgen soll, ist das neue Wlan in den Gießener Stadtbussen ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Digitalisierung im Nahverkehr, betont Jens Schmidt, Kaufmännischer Vorstand der Stadtwerke Gießen (SWG).
SWG und MIT.BUS setzen dabei auf ein System, das die Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft (rms), ein Tochterunternehmen des RMV, allen Mitgliedsunternehmen des Verbundes anbietet. Wie beim heimischen Router. Allerdings wird die Verbindung zum Internet via Mobilfunk über die SIM-Karte des Smartphones hergestellt. Das sorge für genug Bandbreite, und das im Gemeinschaftsvertrag »mehr als ausreichend bemessene Datenvolumen« garantiere, dass keine im Bus begonnene-E-Mail im Daten-Nirwana verschwindet, ist sich Schmidt sicher.
Matthias Funk, Technischer Vorstand der SWG, ergänzt, dass sich Fahrgäste ganz unkompliziert einloggen können: »Einfach mit einem Haken sein Einverständnis mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erklären und schon kann man lossurfen, Mails schreiben oder Messenger-Nachrichten checken.«
Diesen Service lässt sich die SWG-Nahverkehrstochter ab jetzt jedes Jahr rund 50 000 Euro kosten.
»Das ist kein Schnickschnack«
Stadträtin Gerda Weigel-Greilich ging auf potenzielle Kritiker ein, die vielleicht einwenden, könnten, dass sich die Stadtwerke doch lieber erst einmal um die Pünktlichkeit ihrer Busse kümmern sollten. »Das ist zu kurz gedacht«, sagte Weigel-Greilich«, »Wer mitten im Leben steht, weiß dass vor 25 Jahren viele Internet für einen Luxus oder gar überflüssigen Schnickschnack gehalten haben.« Heute aber sei die zunehmende Vernetzung aus unser aller Leben nicht mehr wegzudenken.
Die Grünen-Politikerin begrüßt das neue Angebot auch unter dem Aspekt der zunehmenden Digitalisierung des Arbeitslebens. Statt im Stau Zeit zu verlieren, können die Fahrgäste künftig einiges an Aufgaben aus ihren Berufen im Bus erledigen, was sonst zulasten der kostbaren Freizeit gehen würde. Ähnlich sah das auch ihr Parteifreund Alexander Wright, der die Aufwertung der Stadtbusse als wichtigen Baustein der Verkehrswende bezeichnete. Der bequeme Zugang zum Internet per Wlan sei zudem die sinnvolle Ergänzung eines bereits bestehenden Service des RMV und der SWG: die Livemap. Mit der könnten bereits heute Fahrgäste nützliche Informationen wie die aktuelle Wartezeit bis zur Ankunft des nächsten Busses, dessen Auslastung oder den nächsten Anschluss in Echtzeit abrufen.
Der Bürgermeister, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der SWG ist, versprach aber auch, dass man weiterhin an einer besseren Taktung des Busnetzes arbeiten werde und im nächsten Jahr wie auch schon 2022 an vielen Bushaltestellen die Bordsteine absenken und diese generell möglichst barrierefrei umgestalten werde.