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Gremium »zukunftssicher« machen

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Von: Rüdiger Schäfer

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Stefan Zelder © Rüdiger Schäfer

Organisiert vom Kreisausländerbeirat und gefördert von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) begann in Gießen die erste von drei Veranstaltungen des agah. Ein Forderungskatalog wurde formuliert.

Gießen. Ausländerbeiräte sind fester Bestandteil der hessischen Kommunalpolitik und da gibt es in diesem Jahr ein dreifaches Jubiläum: 50 Jahre Ausländerbeiräte, 40 Jahre mit der agah (Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen) die Vertretung auf Landesebene, 30 Jahre Verankerung in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO). »Es hat sich in dieser Zeit nichts geändert - außer dem Wahlrecht für EU-Bürger«, beklagte der stellvertretende Geschäftsführer Stefan Zelder im Netanya-Saal im Alten Schloss.

Organisiert vom Kreisausländerbeirat und finanziell gefördert von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) begann in Gießen die erste von drei Veranstaltungen des agah, die auch noch nach Kassel und Darmstadt führt. Nachdem bei der letzten Novellierung laut agah-Vorsitzendem Enis Gülegen »die hessische Landesregierung alle unsere Vorschläge ignoriert hat«, soll im Hinblick auf die im Herbst anstehende Hessenwahl ein neuer Anlauf zur Modernisierung und Weiterentwicklung genommen werden.

»Gespannt auf die Diskussionsbeiträge« äußerte sich Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher in seinem Grußwort. Kreisausländerbeiratsvorsitzender Tim van Slobbe lobte als »eine gute Sache«, dass zumindest die Kommunalwahlen mit denen des Ausländerbeirates terminlich zusammengelegt wurden. Simon Schüler-Klöckner von der FES bekräftigte die »zentrale Rolle der Ausländerbeiräte, solange noch kein allgemeines Wahlrecht besteht.«

In einem durch zahlreiche Zwischenfragen gespickten Vortrag präsentierten Gülegen und Volker Igstadt, ehemaliger Präsident des Verwaltungsgerichtes in Kassel, ausgearbeitete Vorschläge, um die Ausländerbeiräte »weiterzuentwickeln und zukunftssicher« zu machen. Es ging darum, was »unter einer institutionalisierten, demokratisch legitimierten Form der politischen Partizipation von Migranten ohne Wahlrecht auf kommunaler Ebene« zu verstehen sei. Und welche Strukturen dafür erforderlich seien. Ziel bleibe, die politische Partizipation von Menschen ohne kommunales Wahlrecht zu verbessern und abzusichern. So solle der Wortlaut des § 84 HGO dahingehend geändert werden, dass »ein Ausländerbeirat auch unterhalb von 1000 (die bisherige Grenze) gemeldeten ausländischen Einwohnern einzurichten ist«, wenn zehn Prozent der zum Ausländerbeirat wahlberechtigten Einwohner das verlangen. Auch dürfe es »kein Systemwechsel vom bestehenden Ausländerbeirat zu einer Integrationskommission« geben. Diese dürfe nur dann installiert werden, wenn es nicht zur Bildung eines Ausländerbeirates komme. Da der Personenkreis für das passive Wahlrecht größer ist als für das aktive, wird gefordert, dass »Jeder, der wählbar ist« auch stimmberechtigt sein soll. So Staatenlose, Spätaussiedler, eingebürgerte (frühere) Ausländer sowie deutsche Kinder von ausländischen Eltern. Eine Änderung müsse auch der § 88 der HGO erfahren, in dem die Aufgaben, Befugnisse und Ausstattung des Ausländereirates geregelt sind. Es müsse darin heißen: »Er berät die Organe der Gemeinde in allen Angelegenheiten, die ausländische Einwohner betreffen.« Auch sei der Ausländerbeirat in »allen Angelegenheiten zu hören«, statt nur in »wichtigen«.

Das Anhörungsrecht solle auch derart verstärkt werden, dass Gemeindevertretung und Gemeindevorstand in ihren Sitzungen den Ausländerbeirat »hören müssen« statt nur »können«. Verankert werden soll das Teilnahme- und Rederecht in allen Sitzungen der Gemeindevertretung und ihrer Ausschüsse (öffentliche und nicht-öffentliche Sitzungen) sowie in den kommunalen Gremien. In Frankfurt werde der Ausländerbeirat mit 500 000 Euro Jahresbudget ausgestattet, in anderen Kommunen lediglich »mit einem Aktenschrank nebst Leitzordner, Trennblättern und Locher«. Diese unterschiedliche Ausstattung müsse dahingehend geregelt werden, dass »die zur Erledigung seiner Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen« seien.

Statt »Ausländer« solle es künftig »Einwohner mit Migrationshintergrund« heißen und der Name Ausländerbeirat durch »Migrantenparlament« ersetzt werden. Eingerichtet werden soll ein gesetzlich verankerter Landesausländerbeirat als Vertretung der in Hessen lebenden Ausländer auf Landesebene. Am 11. März soll in einer Plenarsitzung in Haiger über den endgültigen Forderungskatalog abgestimmt werden. Foto: Schäfer

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