»Gute Arbeitsebene gefunden«

Francesco Arman ist seit Dezember 2021 ehrenamtlicher Sozialdezernent in Gießen. Zu seinen ganz großen Aufgaben gehört der soziale Wohnungsbau - aber es gibt noch mehr zu tun.
Gießen. Seit Mitte Dezember 2021 gehört Francesco Arman dem Magistrat als ehrenamtlicher Sozialdezernent an. »Ich leite das Amt für soziale Angelegenheiten. Die ganz große Aufgabe ist in diesem Bereich der soziale Wohnungsbau. Aber mit Amtsleiterin Ines Müller kümmere ich mich unter anderem auch um den Beirat für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen oder den Seniorenbeirat«, beschreibt Arman seine Aufgabe. Im Interview spricht der 44-jährige Erzieher über seine Vision für Gießen, den sozialen Wohnungsbau und die Arbeit im Magistrat.
Warum arbeiten Sie gerade im sozialen Bereich?
Ich bin bereits seit 20 Jahren beruflich im sozialen Bereich tätig. Für mich war es deshalb ganz klar, dass ich weiterhin sozial wirken möchte, auch auf politischer Ebene. Ich versuche einfach, die Arbeit, die ich im sozialen Bereich gemacht habe, auf meine politische Tätigkeit zu übertragen.
Wie nehmen Sie die aktuelle Situation in Gießen aus den Augen des Sozialdezernenten wahr?
Es gibt einiges zu tun. Wir packen es an. Wir haben im Koalitionsvertrag den sozial-ökologischen Umbau festgeschrieben und den möchten wir umsetzen.
Wo liegen derzeit Ihre Prioritäten?
Ein Stück weit ist das die Obdachlosenhilfe, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Ich möchte die Menschen unterstützen. Aber auch dass der soziale Wohnungsbau weiterläuft, ist natürlich eine Priorität. Wichtig ist letztlich, dass wir in einem Gießen leben, in dem alle sich wohlfühlen, unabhängig von ihrem Geldbeutel.
Die Koalition hat sich 150 neue Sozialwohnungen pro Jahr vorgenommen. Wird das funktionieren?
Ich gehe stark davon aus. Diese 150 Wohnungen sind ein Richtwert, den wir auf alle Fälle einhalten wollen. Dafür tun wir einiges. Einige Projekte mit der Wohnbau werden derzeit umgesetzt., Die nächsten Projekte sind im Gebiet »Am alten Flughafen«, in der Weserstraße und auf der »Philosophenhöhe« ist ein riesengroßes Projekt vorgesehen. Und auch im Gebiet Kellertheater entstehen neue Wohnungen.
Inwiefern sind die privaten Investoren in dem Bereich in der Verantwortung?
Ich würde sie gern ein Stück weit mehr in die Verantwortung holen. Die Wohnbau macht eine sehr gute Arbeit, die sie weiterführen soll. Aber die Wohnbau kann auch nicht alles alleine stemmen. Manchmal liegt mir der Fokus viel zu sehr auf der Wohnbau, auch im Politischen.
Warum braucht die Stadt linke Politik?
Weil wir ein bisschen anders sind. Ich habe mal gesagt, dass ich in dem Bereich Visionen habe. Darauf wurde mir mit einem Zitat von Helmut Schmidt rückgemeldet, dass zum Arzt gehen solle, wer Visionen hat. Das fand ich lustig - nichtsdestotrotz bin ich mir sicher, dass es keinen Fortschritt geben kann ohne Visionen. Wenn wir Dinge wie eh und je machen, dann entwickeln wir uns nicht weiter. Visionen müssen aber mit der Realität in Einklang gebracht werden.
Was ist Ihre Vision für Gießen?
Meine Vision wäre, dass wir in einem Gießen wohnen, in dem sich die Menschen - egal aus welchem sozialen Milieu sie kommen - wohlfühlen und gesehen fühlen. Ich wünsche mir mehr sozialen Wohnungsbau, eine autoärmere Innenstadt und mehr Grünflächen, auf denen sich Familien wohlfühlen. Das Stadtbild, das wir aus den 60er und 70er Jahren kennen, sollte sich verändern und den aktuellen Bedürfnissen der Menschen anpassen.
Warum sind Sie Linker geworden?
Ich bin kein Freund von einem ungezügelten Wirtschaftsliberalismus. Oft werden unsere Demokratie und der Wirtschaftsliberalismus in einen Topf geworfen. Aber das ist nicht ein Topf. Das sind für mich zwei verschiedene Bereiche, die zugegebenermaßen verwoben sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist, dass in manchen Bereichen der Begriff »Sozialstaat« verpönt ist. Sozialstaatliche Leistungen, sowie der soziale Zusammenhalt in einer Gesellschaft sind von elementarer Wichtigkeit und Solidarität ist der Klebstoff hierfür. Wenn man das auf die Kommunalpolitik runterbricht, ist die Wohnbau das beste Beispiel. Wir als Politiker haben einen Einfluss darauf. Deshalb gibt es bei der Wohnbau eine andere Form des Wirtschaftens als bei privaten Investoren. Das ist auch gut so. Ich halte viel von der Zivilgesellschaft, die das Gegenmodell zur Politik ist und auf sie einwirken muss.
Wie steht die Wohnbau GmbH aktuell da?
Die Wohnbau wird innovativer, was man beispielsweise am neuen Kundencenter merkt. Alle Innovation bedeutet aber nicht, dass man nicht ganz nah an den Menschen ist. Man kann jetzt zum Beispiel vieles online erledigen, aber nach wie vor auch im unmittelbaren Kontakt. Innovation bedeutet nicht, dass man die Nähe zu den Menschen verliert - das darf auch nicht sein. Die Wohnbau macht guten sozialen Wohnungsbau. Veränderungsprozesse sind eng mit Aufsichtsrat, Bewohnern und Politik abgestimmt.
Wie läuft das Arbeiten im Magistrat?
Das ist super spannend. Ich arbeite sehr gern mit allen Protagonisten zusammen. Wir haben eine ganz gute Arbeitsebene miteinander gefunden. Es herrscht eine Vertrauensebene, die sich immer mehr verfestigt.