»Habe noch eine Rechnung offen«

Johannes Strate von der Band Revolverheld spricht im Interview über den jüngsten und den nächsten Auftritt in Gießen.
Gießen. Es war ein bemerkenswerter Auftritt, den die Hamburger Erfolgsband Revolverheld im Dezember in Gießen hinlegte. Auf einer kleinen improvisierten Bühne im Seltersweg spielte das Quartett um Sänger Johannes Strate ein kleines Konzert, das rund 3000 Leute anlockte und die Einkaufsstraße komplett blockierte. Nach diesen bleibenden Erinnerungen freut sich der 42-Jährige schon auf den Sommer, wenn Revolverheld beim Kultursommer Gießen gastiert. Denn »der Schiffenberg ist für uns eine Bank!«, bekräftigt er im Interview.
Johannes Strate, wie blicken Sie auf ihren jüngsten Auftritt im Dezember in Gießen zurück?
Das war großartig! Wir haben als Band festgestellt, dass wir diesmal noch gar nicht auf einem Weihnachtsmarkt waren. Wir hätten dann natürlich einen in Hamburg nehmen können, aber so einfach wollten wir es uns nicht machen. Da fiel uns Gießen ein, das wir bislang nur aus dem Sommer kannten. Wir riefen also Veranstalter Markus Pfeffer an und kündigten an, dass wir vorbeikommen wollten. Er sagte: »Ist okay, aber ich stelle euch da eine Bühne hin, da könnt ihr dann auch spielen.« Und wer den Mann kennt, weiß, dass das ein Irrer ist (lacht). So kamen wir zu dem Konzert.
Und sorgten für einen riesigen Auflauf ...
Wir dachten zunächst, dass wir da irgendwo zwischen ein paar Heuballen und Getränkeständen auf dem Weihnachtsmarkt stehen werden. Und dass vielleicht ein paar Leute ihre Einkäufe machen und uns dabei vielleicht entdecken. Aber dann war es zufällig der letzte Schultag, die Leute waren gut drauf, die Temperaturen wie im Frühling und sowie halb Gießen auf den Beinen. Und wir stellten fest, dass die Menschen vor der Bühne unsere Sachen kannten, sogar ziemlich textsicher waren. Irgendwie muss sich das also rumgesprochen haben, dass wir kommen. Aber mit solch einer Menge hatten wir wirklich nicht gerechnet.
Und anschließend gab es noch Gelegenheit, mit der Band zu den Buden weiterzuziehen?
Dafür war einfach zu viel los. Aber meinen Glühwein hab ich bekommen (lacht). Den hab ich auf der Bühne getrunken. Ich muss den übrigens noch zahlen - habe also noch eine Rechnung in Gießen offen.
Eigentlich hätten Sie mittlerweile Ihre neue Hallentour begonnen, die aber im vergangenen Sommer wegen der Pandemie und der nachlassenden Besucherresonanz abgesagt wurde. Schwer zu glauben, wenn man das Spektakel auf dem Weihnachtsmarkt gesehen hat ...
Es ist nunmal etwas anderes, wenn man unter freiem Himmel oder in einer großen Halle zusammenkommt. Bei vielen spielt die Angst vor Corona sicher weiter mit, ich war ja selbst gerade zum zweiten Mal infiziert. Aber so ist es eben, ein allgemeiner Trend. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Leute angesichts von Inflation, Energiepreisen und Ukraine-Krieg unsicher sind und ihr Geld zusammenhalten. In anderen Ländern wie Großbritannien ist das anders, da gibt es jetzt wieder einen enormen Run auf die Konzertkarten. Hier bislang nicht. Aber dann ist das eben so.
Und wie geht es 2023 live für die Band weiter?
Jetzt wurden zehn, zwölf Konzerte abgesagt, dafür spielen wir im Sommer ein paar Festivals mehr. Wir haben unsere Auftritte also einfach ein bisschen nach hinten verschoben.
Ihr aktuelles Album »Neu erzählen« stammt von Ende 2021. Werden die Titel dann also zum ersten Mal live zu hören sein?
Bei manchen Liedern ist das tatsächlich so. Aber zwischenzeitlich sind auch wieder ein paar neue Songs hinzugekommen. Wir hatten ja auch viel Zeit zum Proben und Schreiben. Da hat sich wieder einiges getan.
Das heißt, Sie waren auch in der Corona-Pause produktiv?
Wir haben festgestellt, dass durch das Remote-Arbeiten über das Internet vieles einfacher wird. Wir wollten zum Beispiel unbedingt mit einem Produzenten aus Nashville zusammenarbeiten und dort ein Stück einspielen. Das hätte normalerweise viel Zeit beansprucht. Aber so haben wir uns eben online verständigt - und das Ganze ging viel schneller als üblich. Für das Stück haben wir dan nur vier Tage gebraucht. Und so haben wir auch mehr Zeit zu schreiben.
Beim Kultursommer sind Sie Ende August wieder auf dem Gießener Schiffenberg zu Gast. Ein Ort, von dem Sie beim Konzert im Dezember geschwärmt haben ...
Das Flair, die Atmosphäre dort mit der Ruine und den alten Bäumen ist schon etwas ganz Besonderes. Wir spielen ja auch manchmal auf großen Parkplätzen (lacht). Aber auch das Publikum ist speziell. Es gibt Konzerte, da warten die Leute erstmal ab, was ihnen auf der Bühne geboten wird. Hier ist es eher so, dass die Gießener sagen, wir machen unsere Party, da könnt ihr als Band gerne auch mitmachen. Und das motiviert total, es holt dann 150 Prozent aus der Band heraus. Der Schiffenberg ist für uns eine Bank!