»Hessen braucht uns«

Nach Digitalisierung und Finanzen ist jetzt die Bildung dran: Beim Jahresempfang der heimischen FDP in der Gießener Uni-Aula ist Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger Hauptrednerin.
Gießen. Braucht Hessen die FDP? »Auf jeden Fall«, wenn es nach den Freien Demokraten geht. Im Herbst sind Landtagswahlen und der Jahresempfang der Partei steht zwar nicht in diesem Zeichen einer Vor-Wahlkampfveranstaltung. Doch ist auch der FDP-Spitzenkandidat, Dr. Stefan Naas, als einer der beiden Hauptredner vertreten. Kreisvorsitzender Dennis Pucher moderiert den Abend in der Uni-Aula. Er begrüßte nicht nur Honoratioren seiner Partei - zuvorderst den Ehrenvorsitzenden Dr. Hermann Otto Prinz zu Solms-Hohensolms-Lich -, sondern auch außerparteiliche Ehrengäste. So unter anderen Felix Döring (MdB) von der SPD, Dr. Lars Witteck vom Volksbank-Vorstand, Prof. Heinz Zielinski als Vorstand der Stiftung »Miteinander in Hessen«.
In den vergangenen Jahren seien die Themen Digitalisierung, Freiheit und Finanzen abgearbeitet worden. »Heute ist die Bildung dran.« Schließlich weise Gießen mit 50 000 Studierenden an JLU und THM in ganz Deutschland die höchste Studentendichte auf. Und so hat man die hessische Landesvorsitzende und Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, eingeladen.
Sie habe den »tollsten Job in der Bundesregierung«, betont Stark-Watzinger. »Bei Sitzungen mit Akademikern geht man müde rein und energiegeladen raus.« Mit den Klimaklebern geht sie ins Gericht. In einer Demokratie könne und müsse man auch demonstrieren. »Doch in einem Rechtsstaat setzt man die Ziele nicht mit Erpressung und illegalen Mitteln um.« Bei E-Fuels würden viele sagen: neue Technologien seien Klima-Kitsch. »Welch ein Unsinn!« Forschung erbringe neue Technologien und die sicherten sowohl das Klima als auch den Wohlstand. Dann ging sie zum Thema Bildung über, weswegen sie als Expertin da ist. »Bildung darf nicht am Geld scheitern«, betont sie.
Nur jeder neunte Student hätte bisher BAföG bezogen. Jetzt seien es wesentlich mehr und auch die Beträge höher. Die 200-Euro-Sonderzahlungen seien zwar eine schwierige Geburt gewesen. »Doch dank der Digitalisierung ging es jetzt ruck-zuck.« Noch nicht einmal von einem Drittel der Anspruchsberechtigten sei das Bildungs- und Teilhabepaket der Regierung angefordert worden. »Die Beantragung muss einfacher werden!« Für eine bessere finanzielle Bildung brach sie eine Lanze: »Vier von fünf, die die Schule verlassen, wissen nicht, was an einer Börse passiert. Wer weiß, was Risiko bedeutet, der legt sein Geld auch mit höheren Renditen an.«
Reflektiert habe sie, was die größte Leistung der hessischen Landesregierung sei: »Sie haben zehn Jahre lang durchgehalten.« Mit den Worten »Individuelle Mobilität ist eine Sache der Freiheit. Hessen braucht uns« beendet sie ihre Rede.
Fleißige Hände und kluge Köpfe
Stefan Naas gibt zu, dass man bei den Freien Demokraten »hier und da starke Nerven braucht.« Er bezieht dies auf die Wahlergebnisse seiner Partei der vergangenen Jahre. »Zehn Prozent ist meine Orientierungsmarke für die Hessenwahl.« Die Inflation müsse in den Griff bekommen werden. »Das gelingt in Hessen nicht durch neue Schulden.« Das Land habe kein Problem bei den Einnahmen, sondern bei den Ausgaben. »Maßhalten! Nur das ausgeben, was wir einnehmen!«, so sein Credo. »Schluss mit Subventionen« Keine neuen Stromsubventionen für die Industrie!« Ihm sei nicht klar, wieso man alles im nächsten Jahr machen müsse. »Die Ölheizungen in 2024 alle raus«, sei absurd. Deshalb würde die FDP gegen das neue Gebäudeenergiegesetz ankämpfen. Die IAA will Naas wieder in Frankfurt sehen, Tarek Al-Wazir aus dem Amt verdrängen. »Wir brauchen wieder einen liberalen Wirtschaftsminister.« Und warum baue Al-Wazir keine Autobahnen? Von 30 vom Verkehrsminister vorgeschlagenen Projekten wolle er nur 20 umsetzen. »Zehn brauchen wir nicht«, habe er bestimmt.
Auch bei dem Bau von Gleisen - »keine fünf Kilometer« - und Radwegen - »keine 50 Kilometer « - habe er versagt. Mehr Wertschätzung für den Handwerksmeister forderte Naas im Bildungsbereich. »Es müssen nicht alle Abi machen und nachher studieren.« Früher habe er plakatiert: »Der Meister ist so wertvoll wie der Master.« Heute müsse das heißen: »wertvoller als der Master.«
Das derzeitige Bestreben der hessischen Landesregierung, die Berufsschulen zu zentralisieren, sei ein Fehler. Das begünstige, dass immer weniger junge Leute einen Handwerksberuf anstrebten. Dazu die Bildungsministerin: »Wir müssen mit dem Mythos aufräumen, dass das Leben nur mit Abitur was wert ist. Das ist ein überholtes Denkschema. Wir warten auf Handwerker. Gaststätten schließen. Es gibt keine Bäcker mehr.« Dabei könne das Einkommen eines Elektroinstallateurs durchaus höher sein als das einer Architektin. »Fleißige Hände und kluge Köpfe sind unterschiedlich, jedoch gleichwertig.«