Hilfe für klamme Tierhalter

Dem geliebten Haustier soll es an nichts fehlen - doch immer mehr Halter können sich das Futter für Hund und Co. nicht mehr leisten. Hier hilft die Futterausgabestelle im Seltersweg in Gießen.
Gießen . Hundeleine an Hundeleine reiht sich an der messingfarbenen Garderobe aneinander, auf dem Regal nebenan stehen Transportboxen, auf den Brettern türmt sich ein buntes Sammelsurium an Spielzeug für Hunde und Katzen und wenige Meter weiter stehen fein säuberlich gestapelt Nassfutter-Dosen und -Schälchen hinter den grünen Schiebetüren im Schrank. Beinahe könnte man glauben, man sei in einem Zoofachhandel gelandet. Doch was hier den Besitzer wechselt, wird nicht verkauft, sondern kostenlos abgegeben: An Tierfreunde, die sich Futter und Zubehör für ihre Lieblinge nicht mehr leisten können.
Damit Mensch und Tier sich nicht trennen müssen
Alle zwei Wochen, immer samstags von 11 bis 13 Uhr, öffnet die Futterausgabestelle im Seltersweg ihre Türen. Zuletzt wurden hier rund 50 Tiere versorgt: Hunde, Katzen, Nager, Vögel und Fische. Tendenz steigend. »Bei jeder Öffnung haben wir derzeit bis zu drei neue Antragsteller«, berichtet Silvia Meister. Die Wettenbergerin ist Vorsitzende der Interessengemeinschaft Tierschutz in Mittelhessen, die die Futterausgabestelle betreibt. Inflation und steigende Energiepreise machen Menschen mit kleinem Geldbeutel besonders zu schaffen. Hinzu kommt, dass die Tierarztgebühren Ende November angehoben wurden. »Irgendwo muss gespart werden«, sagt Silvia Meister. Das Essen für Mensch und Tier ist dabei oft eine der wenigen Stellschrauben, wo überhaupt noch Sparpotenzial vorhanden ist.
Seit 2008 gibt es die Futterausgabestelle. Ihr Ziel: Menschen, denen es wirtschaftlich schlecht geht, sollen nicht in die Situation kommen, ihr geliebtes Haustier abgeben zu müssen. Gerade für ältere Menschen seien Hund oder Katze manchmal das Einzige, das sie noch haben. Außerdem hielten tägliche Spaziergänge mit dem Hund fit, die sozialen Kontakte, die sich dank Tier ergeben, seien »enorm wichtig für diese Menschen«.
Wer das Angebot der Futterausgabestelle in Anspruch nehmen will, muss seine Bedürftigkeit nachweisen. Unterstützt werden beispielsweise Senioren mit kleiner Rente, Hartz-IV-Empfänger, aber auch Studierende oder Obdachlose. Pro Antragsteller werden pro Tierart maximal zwei Exemplare versorgt - und auch nur, wenn sie bereits vor der Aufnahme in die Kartei vorhanden waren. Denn der Interessengemeinschaft ist wichtig, dass die Halter mit ihren Tieren artgerecht und verantwortungsvoll umgehen. Wer beispielsweise Nachzucht betreibt oder sein Tier schlecht behandelt, dem droht der Ausschluss aus der Kartei.
Finanziert wird die Ausgabestelle über Geld- und Sachspenden. Auch die Tierschützer spüren, dass die Spendenbereitschaft angesichts der Preissteigerungen abgenommen hat, gleichzeitig haben auch sie höhere Ausgaben und versuchen beispielsweise, das Einsammeln von Sachspenden so zu verbinden, dass die Wege kurz sind und der Benzinverbrauch gering ist.
Kostet es die Tierhalter Überwindung, um Unterstützung zu bitten? »Für ältere Gießener, die immer alleine zurechtgekommen sind, ist es schwierig«, hat Silvia Meister festgestellt. Wenn die Ausgabestelle geöffnet ist, sind stets zwei Mitglieder der Interessengemeinschaft vor Ort - so soll auch sichergestellt werden, dass neue Nutzer in Ruhe und diskret ihren Unterstützungsbedarf darlegen können.
Wie lange die Tierhalter in die Ausgabestelle kommen, ist unterschiedlich. Manche benötigen über längere Zeit Hilfe, bei anderen ist das Geld nur kurzzeitig so knapp, dass es nicht ohne Hilfe geht. Ein junges Paar, das während seines Studiums das Angebot der Futterausgabestelle in Anspruch genommen hat, komme noch immer regelmäßig vorbei, erzählt Silvia Meister - allerdings nun, um etwas zurückzugeben. »Sie sind irgendwann aus Gießen weggezogen, aber wenn sie hier zu Besuch sind, bringen sie immer eine große Menge Futter vorbei. Man merkt, wie dankbar die Menschen sind für unsere Unterstützung in schlechten Zeiten.«
Futter- und Sachspenden können in der Futterausgabestelle im Seltersweg 43 (Hinterhaus) während der Öffnungszeiten von 11 bis 13 Uhr abgegeben werden. Der nächste Termin ist am 24. Dezember. Derzeit fehlt es vor allem an Trocken- und Nassfutter für kleinere Hunde. Bei größeren Artikeln wie Betten oder Käfigen wird aufgrund der begrenzten Lagerkapazitäten um vorherige Kontaktaufnahme gebeten unter info@ig-tierschutz.de. Spendenkonto der Interessengemeinschaft Tierschutz in Mittelhessen bei der Volksbank Mittelhessen: IBAN: DE80513900000048260500.