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»Ich brenne für diesen Beruf«

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Im Jahr 2000 hat sich Pia Sommerlad für den Beruf der Goldschmiedin entschieden. Heute ist sie Meisterin im eigenen Betrieb. Foto: Scholz © Scholz

Pia Sommerlad ist Goldschmiedin in Gießen. Die Handwerksmeisterin empfiehlt die Ausbildung wegen ihrer Vielfältigkeit.

Gießen. Tageslicht flutet durch die Fenster in der Bahnhofstraße 39. Hochkonzentriert sitzt Pia Sommerlad an ihrer Werkbank, den Blick auf ein kleines Stück Metall fokussiert. Es sind eher zarte Handgriffe, die die Goldschmiedemeisterin gerade mit der Pfeile an dem Metall absolviert. Und wer die vielen feinen Werkzeuge auf der Bank sieht, ahnt vielleicht, wie viele Arbeitsschritte es bis zum fertigen Schmuckstück sind. »Nur die wenigsten von denen, die mit mir gelernt haben, arbeiten noch im Goldschmiedebereich. Aber wenn man die Möglichkeit und das Interesse an der Ausbildung hat, würde ich jedem dazu raten. Allein schon wegen der Vielfältigkeit der Ausbildung. Leonardo da Vinci war Goldschmied. Gutenberg war Goldschmied«, sagt die Handwerksmeisterin mit eigenem Laden.

Modelle für die Kunden

Ein prüfender Blick auf das Werkstück. Dann schaut Sommerlad auf. Selbst wenn die konkrete handwerkliche Arbeit eine große Rolle in ihrem Geschäft spielt, verbringt sie nur die wenigste Zeit an der Werkbank. Es ist ein langer Weg von Idee und unbearbeitetem Material hin zum fertigen Schmuckstück. »Manchmal hat der Kunde schon eine Idee. Dann zeige ich beispielsweise verschiedene Materialoberflächen. Einen Entwurf in Form einer Zeichnung zu machen, ist oft schwierig, weil sie nur zweidimensional ist. Ein dreidimensionales Objekt wirkt ganz anders. Ich mache deshalb oft ein Modell, damit der Kunde eine Vorstellung entwickeln kann. Bei Trauringen habe ich viele Muster, aus denen aber auch oft neue Sachen entstehen. Das alles ist sehr individuell und deshalb sehr zeitintensiv«, erklärt die Goldschmiedin. Gold und Silber seien die klassischen Metalle, mit denen sie arbeite, wobei es ganz unterschiedliche Legierungen und Farben gebe. »In der Ausbildung kriegt man gesagt, dass man 20 Prozent der Arbeitszeit am Werktisch sitzt. Deswegen habe ich montags und dienstags zu. Dann sitze ich nur in der Werkstatt«, fasst Sommerlad ihren Arbeitsalltag zusammen.

Schon früh habe sie den Wunsch gehabt, kreativ zu arbeiten. »Meine Priorität war nicht unbedingt, Schmuck zu machen. Ich liebe es einfach, mit Materialien zu arbeiten, dabei Grenzen auszureizen und Techniken zu lernen - es gibt gerade im Bereich Goldschmiede ganz alte Techniken. Ich mag auch Werkzeuge sehr gern. Bei mir muss alles ein bisschen manuell sein«, erzählt die Geschäftsfrau.

Zeichenakademie in Hanau

Insbesondere im Goldschmiedebereich habe man es mit vielfältigen Materialien zu tun, mit denen man gewöhnlich nicht in Kontakt komme. »Ich habe den schulischen Ausbildungsweg genommen, nicht im Dualen System, sondern in Hanau an der Zeichenakademie. 2000 habe ich begonnen und war 2004 Gesellin. Anschließend bin ich mit einem EU-Stipendium ins Ausland gegangen. Ich war drei, vier Monate in Florenz und habe dann im Angestelltenverhältnis gearbeitet«, blickt Sommerlad zurück. Anschließend habe sie den Meister und Gestalter gemacht, um schließlich den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen, zunächst in Großen-Buseck. »Später habe ich noch Schmuck- und Edelsteindesign in Idar-Ober-stein studiert«, berichtet die Goldschmiedin. Letztlich führte sie ihr Weg nach Gießen. »Am Anfang waren wir tendenziell zu zweit im Geschäft. Da haben wir auch Kurse gegeben«, erläutert die Fachfrau.

Bei der Aufnahmeprüfung in Hanau seien vor allem handwerkliche Fähigkeiten besonders wichtig gewesen. »Bei einer dualen Ausbildung in einem Betrieb könnte es sein, dass ein Interessent zunächst zur Probe arbeiten muss, um sein Geschick zu beweisen.« Insgesamt sei die Ausbildung »unglaublich vielfältig. Man hat Gemmologie, man hat Metallurgie, Chemie, Physik, auch Zeichnen. Man muss Präsentationen halten und am Rechner auch dreidimensional arbeiten«, so die Unternehmerin.

Als sie auf die Schule in Hanau gekommen ist, habe sie gemerkt, in ihrem Beruf angekommen zu sein. »Das war und ist das, was ich machen möchte. Ich denke, dass vielleicht jeder, der gern mit den Händen arbeitet, ein Handwerk quasi als Grundlage lernen sollte. Was man im Anschluss macht, zeigt sich danach. Viele Goldschmiede gehen in Museen oder den zahntechnischen Bereich.«

Selbst brenne sie für das, was sie tut, erzählt Sommerlad. Kunden kämen auch aus entfernteren Gegenden zu ihr in die Bahnhofstraße. »Gerade im Schmuckbereich wollen die Leute sehen und anfassen. Sie bestellen nicht im Internet«, resümiert die Handwerksmeisterin, bevor sie wieder zur Pfeile und dem werdenden Schmuckstück greift.

Wer Goldschmied werden möchte, dem stehen verschiedene Wege offen. Pia Sommerlad hat ihren beruflichen Werdegang an der Staatlichen Zeichenakademie in Hanau begonnen. »Die Ausbildungsdauer beträgt 3,5 Jahre und endet mit der Abschlussprüfung zum staatlich geprüften Goldschmied/in. Dieser Abschluss ist dem Gesellenbrief des Handwerks gleichgestellt. Das Ausbildungsjahr beginnt immer jeweils nach den hessischen Sommerferien«, heißt es dazu auf der Internetseite der Akademie. Interessenten finden sie unter der Adresse http://p102754.typo3server.info

Daneben gibt es auch die klassische Duale Ausbildung, die ebenfalls 3,5 Jahre dauert und in einem Betrieb absolviert wird. Im Internet informiert der Deutsche Handwerkskammertag, dass Interessenten »viel Fingerspitzengefühl besitzen und kreativ sein sollten. Ergänzend sind zeichnerisches Können und eine Wertschätzung für kostbare Materialien in diesem Beruf von Vorteil.« Gewöhnlich starte die Ausbildung jeweils am 1. August oder 1. September eines Jahres. Weitere Informationen, auch zum Verlauf der Ausbildung und unterschiedlichen Lerninhalten, sind unter der Adresse handwerk.de im Internet zu finden. (olz)

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