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»In Gesellschaft verankern«

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Zahlreiche Fraktionen wollen an der Überarbeitung der Bürgerbeteiligungssatzung mitwirken. © Mosel

Gemeinsam mit den Stadtverordneten will Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher die Bürgerbeteiligungssatzung überarbeiten.

Gießen. Gemeinsam mit Stadtverordneten und Regierungspräsidium will Frank-Tilo Becher die Bürgerbeteiligungssatzung überarbeiten. Die Initiative des Oberbürgermeisters ist nötig, nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, dass die Satzung in Teilen nicht geltendem Recht entspricht. Viele Fraktionen signalisieren die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, darunter die FDP. In den nächsten Monaten müsse es darum gehen, das Thema Bürgerbeteiligung interfraktionell »neu auf die politische Tagesordnung zu setzen. Ziel muss sein, in enger Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium ein Maximum an Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten im Einklang mit geltendem Verfassungs- und Kommunalrecht in eine neue Beteiligungssatzung zu gießen und darüber hinaus Bürgerbeteiligung in unserer Stadt einfacher, barrierefreier und digitaler zu organisieren«, erklärt Fraktionsvorsitzender Dominik Erb.

Pionierarbeit mit Risiko

Als die ehemalige Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz 2015 die Satzung auf den Weg bringt, ist sie die erste ihrer Art in Hessen. Pionierarbeit mit Risiko. Von Anfang an kritisieren einzelne Fraktionen und das Regierungspräsidium das Papier als nicht rechtskonform. Der VGH hat diese Einschätzung jetzt bestätigt, so dass sich die Frage stellt, wie es mit der Bürgerbeteiligung in der Stadt weitergeht. Nicht nur der OB setzt auf Zusammenarbeit.

Lutz Hiestermann, Fraktionsvorsitzender von Gigg+Volt; meint, der VGH-Entscheid könne »ein Auftakt dafür sein, in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem neuen Oberbürgermeister Becher, aber auch mit den Parteien und v.or allem den Gießener Bürgern eine neue, rechtskonforme und wegweisende Satzung zu entwickeln, die zum Ziel hat, mehr Bürgerbeteiligung zu ermöglichen und auf den verschiedensten Ebenen der Gesellschaft nachhaltig zu verankern.« Die FDP-Fraktion würden wir es begrüßen, wenn Oberbürgermeister Becher für den Entstehungsprozess ein anderes Verfahren als seine Vorgängerin wählt »und auch für den Input aus der Opposition offen wäre«, erklärt Erb. »Wir Grüne bedauern die Entscheidung des VGH. Wir werden mit der Koalition zusammen natürlich die Beteiligungssatzung in den betroffenen Punkten anpassen. Gleichzeitig möchten wir daran erinnern, dass in Gießen seit langen Jahren eine herausragende Bürgerbeteiligung gelebt wird. Beispielhaft ist hier die Lokale Agenda 21 zu nennen. Diesen hohen Standard werden wir auf jeden Fall beibehalten«, führt Fraktionsvorsitzender Alexander Wright von den Grünen aus. Für eine Anpassung der Satzung an geltendes Recht plädiert auch Amtskollege Ali Al-Dailami von der »Gießener Linken«-

»Rechtssicherheit gewährleisten«

Die CDU begrüße ausdrücklich und wünsche sie auch eine rege Teilhabe der Gießener an politischen Entscheidungsprozessen der Stadt. »Dies kann im Interesse und zum Wohle der Bevölkerung aber nur auf einer rechtlich sauberen Grundlage geschehen«, so Frederik Bouffier. Dass durch die Oberbürgermeisterin beziehungsweise den Magistrat nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gießen im März 2018 nicht »bereits Anpassungen vorbereitet wurden, sehen wir als schweres Versäumnis an«, resümiert Bouffier. Heiner Geißler sieht ebenfalls einen Vorteil in dem Urteil. »Auch wenn es lange bis zu einer Entscheidung gedauert hat, ist durch eine Neufassung der Satzung auf Grundlage des getroffenen Urteils Rechtssicherheit gewährleistet«, so der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler.

»Es gab sehr gute Gründe, die Gießener Bürgerbeteiligungssatzung zu akzeptieren. Offenbar ist die Landesregierung mit CDU-Innenminister Peter Beuth bisher nicht Willens, derartige Innovationen zugunsten einer Stärkung der lokalen Demokratie zuzulassen. Dass das Land nun dafür gesorgt hat, dass selbst die Bürgerfragestunde entfallen muss, ist ein Trauerspiel«, kritisiert die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Heidt-Sommer. Sie kündigt an, das Thema in den Hessischen Landtag zu tragen. »Wir akzeptieren selbstverständlich die Gerichtsentscheidungen. Es muss nun schnellstens auf allen Ebenen geklärt werden, wie wir möglichste viele Elemente der Bürgerbeteiligungssatzung retten können. Auf Landesebene muss dieser Gerichtsentscheidung eine Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Hessischen Gemeindeordnung folgen«, fordern Stadtverbandsvorsitzende Heidt-Sommer und Amtskollege sowie SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Nübel abschließend.

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