Kahlschlag sorgt für Verdruss

In der Wohnanlage in der Troppauer Straße 73 in Gießen sind Sträucher, Bäume und Büsche radikal zurückgeschnitten worden. Ist damit gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen worden?
Gießen. Der drohende Kahlschlag am Schwanenteich hat bereits eine Bürgerinitiative auf den Plan gerufen. Zumindest was den Uferweg betrifft, ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen und keine Entscheidung gefallen. Im Bereich der Troppauer Straße 73-79 sind dagegen nun Grünflächen ziemlich radikal gestutzt und »Büsche, Sträucher und Bäumchen, die der Verschönerung dieser großen Wohnanlage dienen sollen«, auf Stock gesetzt worden.
Mieterin Christiane Benetz zeigt sich davon »sehr betroffen«. Die »Brigade der Gärtner der Wohnbau« habe dort »wieder zugeschlagen«, ärgert sich die Gießenerin in einem Leserbrief. Dem städtischen Tochterunternehmen wirft sie vor, gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen zu haben. Denn gemäß Paragraf 39 ist es verboten, »Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen«. Zulässig sind »schonende Form- und Pflegeschnitte«, um Zuwachs zu entfernen oder Bäume gesund zu erhalten. Die Untere Naturschutzbehörde hat die Wohnbau GmbH zu einer Stellungnahme aufgefordert. Erst danach wolle man eine Bewertung abgeben, teilt Stadtsprecherin Claudia Boje auf Anfrage des Anzeigers mit. Wohnbau-Geschäftsführerin Dorothee Haberland räumt derweil ein, dass bei der Maßnahme wohl etwas schiefgelaufen ist.
Gerade nach diesem extrem regenarmen Sommer habe sie erwartet, dass Gärtner »respektvoll mit den Pflanzen umgehen würden, die diese Trockenheit und Hitze überlebt haben«, betont Christiane Benetz. Stattdessen sei der kürzlich noch blühende, der Insektennahrung dienende Sommerflieder/Schmetterlingsstrauch bis auf seine kahlen Hauptstängel in einer Höhe von 70 bis 78 Zentimeter »massakriert« worden. Auch von einem ehemals circa 2,50 Meter hohen Zierapfel sei bloß ein nackter Stumpf von 43 Zentimetern übriggeblieben. »Von den anderen, rabiat heruntergeschnittenen Pflanzen will ich gar nicht sprechen.« Diese Arbeitsweise und das unerfreuliche Resultat lassen sie jedenfalls zweifeln, ob die eingesetzten Angestellten des Unternehmens »überhaupt eine Gärtnerausbildung haben«.
Dorothee Haberland verweist darauf, dass die Wohnbau Gießen GmbH im Quartier rund um die Troppauer Straße 73 mehrere Beschwerden von Mietern erhalten habe, weil die Hecken auf die Gehwege ragten und entsprechend eine Behinderung dargestellt hätten. Um der Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden, sei daraufhin der Wohnbau Immobilienservice mit dem Rückschnitt der Hecken beauftragt worden. »Bei der Ausführung wurden die betroffenen Pflanzen leider zu stark zurückgeschnitten«, erklärt Haberland. Und fügt hinzu: »Es gehört zu unserer Unternehmens- und Fehlerkultur, dass wir zu unseren Fehlern stehen und aus diesen auch lernen. Wir bedauern den Vorfall sehr und haben ihn intern ausgewertet.«