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Keine Rückkehr in freie Wildbahn

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Sie tun der heimischen Natur nicht gut und dürfen deshalb nicht zurück in die Freiheit: Wer Waschbären in eine Tierklinik bringt, tut ihnen damit keinen Gefallen. Foto: Axel Wehrend © Axel Wehrend

Wer bei Wanderungen oder im eigenen Garten einen vermeintlich hilflosen jungen Waschbären entdeckt, hält es oft für eine gute Idee, das Tier in einer Tierklinik abzugeben. Doch dem ist nicht so.

Gießen (red). Es kommt in der warmen Jahreszeit immer wieder vor: Wer bei Wanderungen oder im eigenen Garten einen vermeintlich hilflosen jungen Waschbären entdeckt, hält es oft für eine gute Idee, das Tier in einer Tierklinik abzugeben. Die Hoffnung ist, dass die Waschbären - wie andere verletzte Wildtiere - nach einer erfolgreichen tiermedizinischen Behandlung oder einer Aufzucht wieder gesund in die freie Wildbahn entlassen werden können.

Invasive Tierart

Das Dekanat des Fachbereichs Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) weist jetzt aus aktuellem Anlass darauf hin, dass dieser Weg für Waschbären zwangsläufig eine Sackgasse ist, und rät in Zweifelsfällen davon ab. Die aus Nordamerika stammenden Tiere sind hier zwar weit verbreitet, aber nicht heimisch. Sie unterliegen gesetzlich der EU-Verordnung zu invasiven Tierarten, wonach solche Tiere eine Gefahr für Teile der heimischen Tierwelt darstellen.

Damit ist für Waschbären eine Rückkehr in die Natur ausgeschlossen. Sie dürfen lediglich nach Kastration oder Sterilisation in Gefangenschaft gehalten werden - und dies auch nur in Einrichtungen mit einer speziellen Genehmigung für das Halten von Waschbären. Der Fachbereich betont, dass es sich nicht nur um ein Problem der JLU-Tierkliniken handelt und dass auch viele andere Einrichtungen derzeit überfüllt sind.

»Beachten Sie bitte, dass jede Aufnahme eines Waschbären dazu führt, dass dieses Tier - selbst dann, wenn es wieder komplett gesund ist - nicht mehr in die freie Wildbahn zurückkehren kann, sondern bestenfalls den Rest seines Lebens in Gefangenschaft verbringen muss«, erklärt Prof. Axel Wehrend, der Leiter der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere, deren Kapazitäten zur Aufnahme von Wildtieren bereits jetzt weitgehend erschöpft sind. »Die Frage, die sich bei allen kranken oder verletzten Wildtieren stellt - nämlich ob es besser für sie ist, sie aufzunehmen und ihnen zu helfen oder sie in ihrer natürlichen Umgebung zu belassen - ist bei Waschbären von besonderer Brisanz. Einmal der Natur entnommen, können sie nicht mehr in ihren gewohnten Lebensraum zurückkehren«, sagt Prof. Stephanie Krämer, Tierschutz-Professorin an der JLU.

Meldepflicht

Der Fachbereich weist zudem daraufhin, dass bei Tieren, die dem Jagdrecht unterliegen (also auch bei Waschbären), die »Entnahme« aus der freien Natur unverzüglich dem zuständigen Jäger oder der örtlichen Polizeidienststelle gemeldet werden muss. Es sei auch in Zweifelsfällen hilfreich, sich zunächst dorthin zu wenden, statt das Tier voreilig mitzunehmen.

Der Fachbereich weist zudem darauf hin, dass die Tiere Träger von Krankheitserregern sein können, die auch für den Menschen gefährlich sein können.

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