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Keine vollen Aktenschränke mehr

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Schränke voller Akten gehören auch am Verwaltungsgericht Gießen bald der Vergangenheit an. Ab Sommer wird die elektronische Akte eingeführt, berichten der Justizminister Roman Poseck (links) und der Präsident des Verwaltungsgerichts, Harald Wack. Foto: Schwaeppe © Schwaeppe

Auch das Verwaltungsgericht Gießen führt die elektronische Akte ab Juli ein. Justizminister Roman Poseck und der Präsident des Verwaltungsgerichts, Harald Wack, stellen die Neuerungen vor.

Gießen. Wer schon mal in Gerichtsfluren gesessen hat, kennt das: Mitarbeitende der Justizbehörden schieben Berge von Akten, auf Rollwagen gestapelt, von einem Ort zum anderen. Diese Mühsal soll auf absehbare Zeit ein Ende haben: Die elektronische Akte kommt. Ab Juli wird sie am Gießener Verwaltungsgericht eingeführt, im Juni sollen die ersten Schulungen starten.

Der hessische Justizminister Roman Poseck und der Präsident des Verwaltungsgerichts, Harald Wack, stellten die Neuerung vor und sprachen auch über die personelle Ausstattung und die Aufgabenschwerpunkte des zweitgrößten hessischen Verwaltungsgerichts. »Ich finde hier ein personell gut ausgestattetes und leistungstarkes Gericht vor«, freute sich Poseck bei dem Pressegespräch. Der Altersdurchschnitt der Richterinnen und Richter sei seit 2016 von 52 Jahren auf 41 Jahre gesunken. Insgesamt sind 76 Mitarbeitende am Verwaltungsgericht beschäftigt, 35 davon als Richterinnen und Richter.

»Seit 2017 hatten wir einen großen Personalwechsel zu bewältigen, der quasi auch ein Generationswechsel war«, so Wack. Rund ein Drittel der Mitarbeitenden seien seit 2017 neu hinzugekommen, während viele ältere Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gegangen seien, befördert oder versetzt wurden.

Asylverfahren sind Schwerpunkt

Bedingt durch die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Gießen liegt ein großer Aufgabenschwerpunkt auf der Bearbeitung von Asylverfahren. »In den vergangenen Jahren waren zwischen 30 und 50 Prozent aller hessischen Asylverfahren in Gießen anhängig«, erklären Poseck und Wack. Derzeit liege der Anteil bei etwas über einem Drittel im hessischen Vergleich. Zwischen 2017 und 2022 seien die Eingänge der Asylverfahren allerdings enorm zurückgegangen. Im Jahr 2017 waren es insgesamt 7498, im Jahr 2019 3541 und im vergangenen Jahr 1546, was einen Rückgang um mehr als 80 Prozent bedeutet.

Aufgrund der aktuellen Lage und den wieder steigenden Flüchtlingszahlen rechnet Poseck in Zukunft mit einer Häufung der Verfahren. »Das wird natürlich eine erhebliche Herausforderung werden, aber ich sehe auch, dass hier zwischen den jungen und den erfahrenen Bediensteten eine gute und kollegiale Arbeitsatmosphäre herrscht«, betonte der Justizminister.

Hessenweit Spitze

Im Vergleich mit den anderen hessischen Verwaltungsgerichten arbeite Gießen seine Verfahren im Durchschnitt am schnellsten ab. Auch bei der sogenannten Erledigungsquote mit 146 Verfahren pro Richterfachkraft lag Gießen im hessischen Vergleich (134) im Jahr 2021 ganz vorne. Auch 2022 gab es von Januar bis Ende September 2812 abgearbeitete Verfahren, davon 809 klassische Verfahren und 2003 Asylverfahren. »Das sind beeindruckende Zahlen, die das Verwaltungsgericht vorlegt«, unterstrich der hessische Justizminister. Ab dem ersten April können zudem die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwälte mit einer höheren Besoldung durch den Wegfall von zwei Erfahrungsstufen rechnen.

Auch von der reibungslosen Einführung der elektronischen Akte am Gießener Verwaltungsgericht ist Poseck überzeugt. »Die e-Akte wird hier sehr begrüßt«, versicherte Wack. Man verfüge hier über eine engagierte Vor-Ort-Betreuung, die bei den Schulungen eine wichtige Rolle spielen werde. Das Gericht möchte die e-Akte sukzessive einführen. »Wir werden noch eine gewisse Zeit eine doppelte Aktenführung - elektronisch und auf Papier - haben, aber dies nur für einen sehr begrenzten Zeitraum«, sagte Wack. Die e-Akte ermögliche auf absehbare Zeit Homeoffice für mehr Bedienstete und spare eine Menge Papier.

Rollwagen voller Akten, die von Bediensteten der Justiz durch Gerichtsflure geschoben werden müssen, gehören dann auf jeden Fall der Vergangenheit an.

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