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Klanggebilde mit dem Handy

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Kamera ab: Auch die Reporter der Hessenschau interessierten sich für das Ligeti-Projekt in der Ricarda-Huch-Schule, bei dem die Schüler mit ungewohnten Klängen experimentierten. Foto: Czernek © Czernek

Ein Experimentierkonzert in der Ricarda-Huch-Schule widmete sich als Teil eines ARD-Projekts dem bedeutenden Komponisten György Ligeti - auf ungewöhnliche Weise.

Gießen . Wie hören sich 100 Metronome an? Die »Poème symphonique« von György Ligeti (1923-2006) gibt darauf eine Antwort. Die Uraufführung des Werks im Jahr 1962 wurde zu einem handfesten Skandal, vielleicht gehört das zirka 15-minütige Stück auch deswegen zu den bekanntesten Werken des ungarischen Komponisten, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt. Ligeti gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Neuen Musik des 20. Jahrhunderts, bis heute finden sich seine Kompositionen als Filmmusiken im Kino wieder.

Beworben für ARD-Themenwoche

Aus diesem Grund widmet sich ihm die ARD in ihrer Reihe »ARD-Woche der Musik 2023«. Unter der Federführung des Südwestdeutsche Rundfunks konnten Schulen an dem Ligeti-Experiment« teilnehmen und so in die besondere Klangwelt des Vorreiters der modernen Musik eintauchen und sich für sich begreifbar werden lassen. Schüler des elften und zwölften Jahrgangs der Ricarda-Huch-Schule stellten sich dieser Herausforderung am Mittwochvormittag. Die Kurse »Darstellendes Spiel« erarbeiteten eine emotionale Annäherung an den Komponisten. Marco Weisbecker, Fachsprecher Musik, hatte zudem ein elektronisches Klangexperiment vorbereitet, bei dem die Schüler aktiv mit ihren Handys atmosphärische Klanggebilde in der Lesart von Ligeti erzeugten. Einmal offiziell in der Schule ihre Mobiltelefone benutzen zu dürfen, machte den Oberstufenschülern sichtlich Spaß. Wenngleich das musikalische Ergebnis nicht wirklich überzeugte. Herzstück dieses Mitmachkonzerts war jedoch die Aufführung jener skandalumwitterten »Poème symphonique - für 100 Metronome«, die von Wolfram Lamparter vom SWR-Symphonieorchester vorgestellt und präsentiert wurde.

Da die wenigsten Schulen und Gruppen 100 Metronome vorrätig haben, ist er mit fünf Kästen dieser Instrumente unterwegs, um sie bei den Mitmachkonzerten vorzuführen und den Schülern die Kompositionen von Ligeti näher zu bringen. »Eigentlich ist schon der Titel des Werks ein wenig ironisch gemeint, denn ein Metronom ist in diesem Sinne kein Instrument, sondern ein Hilfsmittel für den Musiker«, berichtete er. Um diese experimentelle Musik verstehen zu können, müsse man wissen, dass die Uraufführung auch in die Zeit der allgemeinen Happenings fiel.

Der Aufbau des Stücks ist einfach und dennoch ungewöhnlich: Alle Metronomen haben die gleiche Bauart und sind durch eine Feder alle gleichstark aufgezogen. Der Unterschied liegt in der Einstellung der Geschwindigkeit, mit der die einzelnen Zeiger ausschlagen: Je schneller sie den Takt angeben, umso schneller ist ihre Spielzeit beendet. Das geht solange, bis das letzte Metronom verstummt ist. Die Wirkung auf die Schüler war jedenfalls enorm: Konzentriert hörten sie den Schlägen zu, auch wenn das Gehörte nicht unbedingt ihren Musikgeschmack traf. Ihn habe das monotone »tok-tok« ziemlich genervt, gab ein Schüler anschließend zu Protokoll. Gelohnt hat sich das Experiment dennoch auf alle Fälle, da waren sich alle einig.

Die ARD-Reihe »Woche der Musik« wird alle zwei bis drei Jahre veranstaltet und legt ihren Fokus auf jeweils einen Komponisten, zu dem es eine Vielzahl an Arbeitsmaterialien für die Schulen gibt. Vor dem Ligeti-Experiment hatte sich die Ricarda-Huch-Schule bereits 2018 an einem Händel-Experiment beteiligt. Und beim nächsten Mal wäre man gerne wieder dabei, meinte Marco Weisbecker.

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