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Klangreisen auf der Schlangenhaut

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Das ukrainische »Rachmaninov A Capella Ensemble« gastiert mit liturgischen Gesängen am 24. April in der Kirche St. Thomas Morus. Foto: St. Thomas Morus © St. Thomas Morus

Gießen (red). Musik im Kontext zwischen Zeit und Raum: Das ist die Idee des Reihe »fastenZEITraum« in der Kulturkirche St. Thomas Morus, der sich mit improvisierter Musik beschäftigt. Nun zu Gast waren der Licher Multi-Instrumentalist Markus Wach und die in Wien lebende, taiwanesische Erhu-Spielerin Chiao-Hua Chang, die im musikalischen Dialog den Raum in der Kirche für sich erkundeten.

Die Erhu ist ein zweisaitiges, chinesisches Streichinstrument, über dessen Resonanzkörper eine Schlangenhaut gespannt ist. Daher rührt auch der charakteristische Klang dieses Instruments. Historischen Aufzeichnungen zufolge wurde die Erhu vor etwa 1000 Jahren in der Tang-Dynastie zum ersten Mal erwähnt. Das Instrument erlaubt eine feine, nuancierte Spielweise und lässt viel Raum für Zwischentöne.

Chang beherrschte diese Nuancen mühelos, wobei es ihr immer wieder gelang, klangliche Grenzen ihres Instruments auszureizen. Wach begleitete sie dazu auf verschiedenen Saiteninstrumenten des Orients. So entstand ein Spagat zwischen traditionellen Formen und Klängen und experimenteller, moderner Improvisationskunst.

Dabei hätte man dem Duo durchaus mehr Mut zum Abstrakten gewünscht. So bewegte sich die Musik wieder zurück in bekannte Hörschemata. Dabei zauberte Chang auf der Erhu manch berührende Melodie von so schöner Traurigkeit, die sich tief in die Herzen des Publikums manifestierte. Wach setzte behutsam einen dynamischen Kontrapunkt und spielte teils sehr zurückgenommen, einem Windhauch gleich. Zum Ende forcierte sich das Tempo. Wie bei einem Schlussspurt, bei dem man sich gegenseitig zu Höchstleistungen trieb. Ein dialogisches Wechselspiel, bei dem der eine die Gedanken des anderen erahnte. Das zahlreiche Publikum bedankte sich mit lebhaften Beifall.

Intendant Jakob Handrack zog ein positives Fazit der drei Konzerte dieser Reihe. Er betonte: »Es ist mir ein Anliegen, durch solche Konzerte, die hohe Kunst der Improvisation wertzuschätzen und eine Offenheit und Neugier für diese Form der Kunst beim Publikum zu wecken.« Das sei gelungen.

Ein großes musikalisches Programm gibt es in St. Thomas Morus auch rund um das nahende Osterfest. Am Gründonnerstag, 6. April, gestalten Thomas Ransbach und Orga-nist Jakob Handrack im An-schluss an die Messe eine Me-ditation zur sogenannten »Ölbergwache« mit Texten und Musik in der Kirche. Zu einem Passionskonzert lädt der Förderverein der Kulturkirche erstmals am Karfreitag, 7. April, um 19 Uhr ein. Nicole Tamburro (Sopran), Gabriela Tasnadi (Mezzosopran) und Hermann Wilhelmi (Orgel) präsentieren »Stabat Mater« von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736). Der Eintritt ist frei. Bei der 53. Orgelvesper am Ostermontag, 10. April , um 16 Uhr, spielt Handrack Improvisationen sowie Werke von Bach, Händel und Flor Peeters. Der Eintritt ist frei. Ukrainische Ostern werden am 24. April um 19 Uhr mit dem »Rachmaninov A Capella Ensemble« aus Odessa gefeiert. Das Quartett aus der Ukraine widmet sich dem Studium und der traditionellen A-cappella-Aufführung von liturgischen Gesängen aus der orthodoxen Kirche. Die vier jungen professionellen Sänger, die als Solisten im Dienst verschiedener orthodoxer Kirchen in der Ukraine stehen, sind damit bereits das vierte Mal zu Gast in Gießen. Der Eintritt ist frei.

Kirche als Ort der Begegnung, des Besinnens, Betrachtens, Innehaltens. Das ist das Motto der »Keinen Ausstellung«. Ein alter Medienschrank wurde im vergangenen Jahr »upgecycelt« und dient fortan als Ausstellungsfläche auf kleinstem Raum. Die Idee: Künstlerinnen und Künstler teilen ihre persönliche Sicht auf die Dinge dieser Welt mit anderen, in gestalterische Freiheit und wenn gewünscht im Dialog mit den Betrachtern.

Während der Osterzeit präsentiert die Gießener Malerin Claudia Mühlhans ausgewählte Werke. Dabei benutzt sie unterschiedliche Techniken und Materialien: neben Aquarellfarben auch Öl- und Wachskreide, Kohle, Bleistift, Kupferdraht und Blattgold. Mit ihrem aktuellen Werk steht sie derzeit in der Endauswahl der 8. Biennale in Hamburg.

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