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Kontinuierliche Höhepunkte

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Der GewandhausChor Leipzig glänzte in der Bonifatiuskirche. © Schultz

Der GewandhausChor Leipzig glänzte mit einem Benefizkonzert für die Ukraine in der Bonifatiuskirche. Dabei gab es auch osteuropäische Klänge zu hören.

Gießen. Ein Ausnahmeerlebnis bescherte am Sonntag der GewandhausChor Leipzig mit seinem Benefizkonzert für die Ukraine den Besuchern in der voll besetzten Bonifatiuskirche. Die Gäste unter der Leitung ihres langjährigen Chorleiters Gregor Meyer überzeugten mit souveräner handwerklicher Güte und berührten die Herzen - ein Glücksfall. Das Motto des Abends: »Verleih uns Frieden«.

Regionalkantor Michael Gilles sagte in seiner Begrüßung, Frieden sei wertvoll; der innere sei die Voraussetzung für den äußeren. Besonders zwei Besonderheiten des Programms hob er hervor. Zum einen den Bezug des vorgestellten Komponisten Rudolf Mauersberger (1889-1971) zu dessen im Krieg zerstörten Heimatstadt Dresden. Zweitens den Block dreier Chorwerke aus Osteuropa, der nachträglich eingefügt wurde, darunter ein ukrainisches Trauerlied.

Spannung lag in der Luft, als die Gäste mit Mauersbergers »Wie liegt die Stadt so wüst« förmlich ihre Flügel entfalteten. Das war unmittelbar berührend, sanfte Trauer wurde spürbar. Präzise gesetzte dynamische Akzente belebten die Dramaturgie. Sofort beeindruckend war die bestechend transparente Musizierweise. Die Emotionalität des Werks drang direkt ins Herz der Zuhörer - ein strahlendes Glanzlicht gleich zum Auftakt. Kein Applaus, nur respektvolle Ergriffenheit.

Willy Burkhards »Gott ist gegenwärtig«, mit sanftem gregorianischen Beginn, brachte eine weitere Stärke des Ensembles zum Vorschein, die exzellenten Bässe: rein und klar trugen sie weit ins Kirchenschiff, hochdifferenzierte Tutti bezauberten die Zuhörer.

Solistisches Können

Mit Mendelssohn-Bartholdys »Mein Gott, warum hast du mich verlassen« zeigten sich dann erstmals auch die solistischen Fähigkeiten, eine weitere Stärke des in den Höhen blitzsauberen Ensembles, während die hochdramatische Gestaltung das Publikum fesselte. Mit Johann Sebastian Bachs vier Chorälen aus der Motette »Jesu meine Freude« wechselte der Duktus. Werkgetreu wurden die typischen Qualitäten Bachscher Werke offenkundig, es war beschwingt und dynamisch. Fast ätherisch mutete Johann Rosenmüllers »Welt ade, ich bin dein müde« an, ein sanftes, doch vitales Wehen der Klänge.

Mit mühelos erscheinender Leichtigkeit erklangen dann die drei osteuropäischen Werke, die angesichts des Ukraine-Kriegs von Dirigent Meyer ins Programm genommen wurden. Typische Weisen und Chorelemente wurden hörbar, ein prägnanter Solotenor setzte einen typischen Akzent vor einer ebenso charakteristischen Klangwand. Das sorgte für warme melancholische Emotionalität, glaubhaft und ehrlich. Das Vaterunser aus Mauersbergers »Geistlicher Sommermusik« war durch ein anderen Text ersetzt. Ein lieblicher Sopran rührte die Zuhörer an, ein umfassendes harmonisches Strahlen entstand - schöner wurde selten gebetet.

Das Finale mit Arvo Pärts »Da Pacem« geriet intensiv und innig. Dafür sorgte ein bestechend transparentes Verschmelzen der diversen chorischen Elemente, mit langen ununterbrochenen gesungenen Passagen. Alles floss dahin, zu spüren war eine sanfte Tektonik der Klangflächen.

Insgesamt war das ein Konzert kontinuierlicher Höhepunkte, in jeder Hinsicht souverän musiziert, mit bestechender Emotionalität, und von Gregor Meyer mit lockerer Präzision geführt: himmlisch.

Zu den im Vorverkauf eingenommenen 3690 Euro kamen nach dem Konzert laut Regionalkantor Gilles weitere rund 1400 Euro an Spenden hinzu, sodass das Konzert insgesamt über 5000 Euro eingebracht hat. »Wir sind ganz begeistert«, freut er sich über die Spendenbereitschaft des Publikums. Das Geld geht an die Gießener Hilfsorganisation GAiN, die seit vielen Jahren in der Ukraine engagiert ist.

Beim nächsten Mittwochskonzert am 6. April um 19 Uhr ist Holger Gehring, Kreuzorganist an der Kreuzkirche in Dresden, an der Eule-Orgel in der Gießener Bonifatiuskirche zu hören. In seinem Programm unter den Titel »O Golgotha« erklingen Werke von Johann Sebastian Bach, Jean Langlais, Olivier Messiaen, Paul de Malaingreau und Charles-Marie Widor. Gehring, Jahrgang 1969, ist Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation. Der Eintritt ist frei, um eine Spende zur Deckung der Kosten wird gebeten. (red)

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