Mit 120 000 Euro gegen Stromsperren
Gießen (rsa). Eine geschlagene Stunde wurde im Ausschuss für Soziales, Wohnen und Integration um die Ausgestaltung des vom Magistrat geplanten Härtefallfonds für drohende Stromsperre gerungen. Insbesondere FDP-Mann Dr. Klaus Dieter Greilich sowie Johannes Rippl (Volt) äußerten sowohl Klärungsbedarf als auch einige Kritikpunkte. Dies betraf nicht nur die Höhe der Ausgestaltung mit 120 000 Euro.
Am Ende sprach sich der Ausschuss aber einstimmig für das Vorhaben aus.
Zuvor hatte Ines Müller, Leiterin des Amtes für soziale Angelegenheiten, das Konzept »Vermeidung von Stromsperren bei Energieschulden - Einrichtung eines Härtefallfonds« präsentiert. Für die Haushaltsjahre 2023 bis 2026 sollen jeweils 120 000 Euro eingestellt werden. Nach zwei Jahren soll evaluiert werden, ob der Fonds fortzuschreiben, gegebenenfalls anzupassen ist. Zielgruppen sind private Haushalte, die aufgrund ausstehender Zahlungen von Stromsperren bedroht oder betroffen sind.
Runder Tisch »Energiearmut«
Dabei sollen besondere Notlagen - ohne Rechtsanspruch - einmalig abgefedert werden. Ziel ist es, betroffene Haushalte schnell und zuverlässig zu erreichen. An einem einzurichtenden Runden Tisch »Energiearmut« sollen verschiedene Akteure zusammenarbeiten: Darunter das Amt für soziale Angelegenheiten, die Stadtwerke Gießen (SWG), Sozialamt und Jobcenter, Verbraucherberatung, Schuldnerberatungsstellen, aber auch Wohnungsgesellschaften.
Bei Ankündigung einer Stromsperre soll der Betroffene mit einem der Akteure des Runden Tischs Kontakt aufnehme. Dieser wende sich dann an den Versorger, um das Aussetzen der Stromsperre zu erreichen. Ziel sei die Vereinbarung einer Ratenzahlung. Bei Bedarf sei die Unterstützung durch das Projekt »Hessen bekämpft Energiearmut« möglich.
Gegebenenfalls müsse mit Jobcenter oder Sozialamt die Gewährung eines Darlehens abgeklärt werden. In besonderen Fällen sei eine Prüfung des Anspruchs auf Härtefall-Unterstützung möglich. Danach soll die Härtefallkommission anhand der Unterlagen entscheiden. Bei der Einrichtung des Fonds seien die nächsten Schritte, Richtlinien zu erarbeiten sowie Informationsformate und Kommunikationswege festzulegen.
Von Mitgliedern des Ausschusses ins Gespräch gebracht wurde der Energiesparcheck. Dabei kommt ein einzelner Berater der Caritas Wetzlar auf Nachfrage eines Haushaltes mit niedrigem Einkommen in die Wohnung, um kostenlos eine ausführliche Messung und Beratung zum Energiesparen durchzuführen. Ob das hilft, die Anzahl von Stromsperren drastisch sinken zu lassen? Gerhard Merz (SPD) ist skeptisch: »Viele Menschen sind krank, weil sie süchtig sind, können ihren Haushalt nicht ordentlich führen, öffnen ihre Briefe nicht. Diese Leute erreichen wir nicht mit einer Energiesparberatung.«
Der Antrag von Martina Lennartz (fraktionslos) auf Einrichtung eines Härtefallfonds, der »mit den 2,5 Millionen Euro Dividenden der SWG des letzten Jahres und der folgenden Jahre finanziert werden« soll, wurde bei Enthaltung von Gigg/Volt abgelehnt.