»Mit 66 ist noch lange nicht Schluss«
Die Gießener Fassenachts-Vereinigung bietet beim Jubiläumsabend ein begeisterndes, über fünfstündiges Programm. Allerdings wurde eine Woche zu früh gefeiert.
Gießen. Udo Jürgens, wer auch sonst, lieferte die passende Steilvorlage zur Jubiläumssitzung »66 Jahre GFV« - und die »Voiceseccos« mit der singenden Präsidentin der Gießener Fassenachts-Vereinigung (GFV), Anja Helmchen, nahmen sie gerne auf. Allerdings hieß es nun: »Vor 66 Jahren fing uns’re Fastnacht an. Seit 66 Jahren da hat man Spaß daran. Mit 66 Jahren da kommt sie erst in Schuss, mit 66 ist noch lange nicht Schluss«. Apropos Schluss: Auch wenn Thomas Gottschalk und Hans-Joachim Kulenkampff mit der närrischen Sause in der Kongresshalle nichts zu tun hatten und auch bei den gelungenen Parodien von Jörg Knör fehlten, wurde der Zeitplan doch deutlich ausgedehnt. Sitzungspräsident Günter Helmchen hatte es trotzdem leicht, das Narrenschiff zu steuern, denn die 466 Besucherinnen und Besucher an Bord waren hellauf begeistert von dem Programm, das ihnen die GFV fast fünfeinhalb Stunden lang bot.
Dabei feierten die Fassenachter ihr Jubläum eigentlich eine Woche zu früh, wie Präsidentin Anja Helmchen berichtete, die GFV sei nämlich erst am 14. Januar 1957 aus der Taufe gehoben worden. Zehn Präsidenten hat der Verein in dieser Zeit erlebt, von diesen waren Werner Nohl, Walter Steinbrecher, Franz Koch, Wolfgang Isenberg und Jörg Langsdorf gemeinsam mit der Witwe des ehemaligen Vorsitzenden Gerd Kristek, Marion Kristek (Prinzessin von 1963) gekommen. Günter Helmchen ehrte sie stellvertretend »für all jene, die in all den Jahren bei der GFV Verantwortung übernommen haben«.
Bühnenbild »erschüttert«
Der Ehrung vorausgegangen war bereits der Auftritt des Gardetanzcorps »Rot-Weiß Vettelschloß«, das sogleich das Bühnenbild »erschütterte« und das goldene »G« entfernte, das gemeinsam mit den Buchstaben F und V das Narrenschiff zierte, auf dem der Elferrat Platz genommen hatte.
Danach wirbelte das fünfjährige Tanzmariechen Helene Fabricius - Tochter des Prinzenpaares von 2015, Remo I. und Aniko I. - über das Parkett. Die GFV-Midigarde, die Junioren-Tanzgarde und »Intakt« sowie als Gäste die »Traumtänzer« der Burkhardsfeldener Karnevalsfreunde mit ihrem Showtanz »Maleficent - die dunkle Fee« gaben sich ebenso ein Stelldichein, wie die amtierenden Deutschen Meister und ehemaligen Weltmeister im Showtanz, »Ragazzi« aus Limburg. Das Artilleriecorps des Prinzen (Ari) umrahmte den Auftritt des Gießener Prinzenpaares, Prinz Maurice I. und Prinzessin Yulia I., samt Hofstaat mit dem Kampagnentanz.
Mit dieser Jubiläumssitzung mache Gießen den Auftakt der großen Veranstaltungen nach der Corona-Pandemie. »Es ist ein Traum, Euch alle hier gesund und munter zu sehen. Da sieht man auch, wie sehr wir das alles vermisst haben. Ich bin stolz, der GFV zu 66 Jahren gratulieren zu können - zu Tradition, Brauchtum und Fastnacht im Ehrenamt«, gratulierte der Bezirksvorsitzende der Interessengemeinschaft Mittelrheinischer Karneval (IGMK), Markus Braun (Marburg).
Alfons Dörr geleitete musikalisch durch das Programm, bei dem der mehrfache Weltrekordhalter im Bauchreden, Peter Moreno, mit seinen Gesprächspuppen »Lilli« und »Erna« nicht nur Elferratsmitglied Tino Wächter düpierte. Im grünen Feigenblättergewand lieferte sich das Rekord-Prinzenpaar der GFV, Sebastian und Carina Römer, ein »Adam und Eva«-Zwiegespräch in der Bütt. So etwas hatte es nie zuvor in 66 Jahren gegeben.
Mit »Knörs Jubishow 66« legte dann der Komiker, Parodist und Karikaturist im »Casino Royal« vier Wochen nach seinem Einsatz bei »Promi Big Brother« richtig los. Karl Lauterbach und Karl Lagerfeld, eine Udo Lindenberg-Show und eine Dieter Bohlen-Lästereinlage gehörten dazu. Außerdem imitierte Jörg Knör die einstigen Kanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl und widmete sich Angela Merkels Liebe zu Emmanuel Macron. Da hatte es Senatsvizepräsident Andreas Lenzer zu später Stunde schwer, der nach seinem Debüt 2015 erstmals wieder in die Bütt stieg. Das ließ er aber gekonnt in seine Rede einfließen: «»Nach so einem Knör-Vortrag noch eine Büttenrede zu machen, das muss eine mutige Fastnachtsvereinigung sein«, unkte er und versicherte: »Ich mach’s schnell und versuche, es gut zu machen« (siehe Kasten mit Sprüchen). Das große Finale bestritten die »Kinziggeister« aus Biebergemünd mit »Guggemusik made in Hessen«.